Takashi Miike gilt als Enfant Terrible des japanischen Kinos, seine entfesselten Bilderfluten brachten ihm weltweit eine große Fangemeinde ein. Über bloße Provokation ist der Japaner längst hinaus, bereits vielfach bewies er sein Gespür für expressive Bildkompositionen und gute Schauspielerführung. Mit „Sukiyaki Western Django“ beweist Miike wieder seine scheinbare Experimentierfreudigkeit indem er sich auf gänzlich neue Genrepfade bewegt – sein erster Western ist aber primär ein tarantinoeskes Zitatenspektakel ohne eigene Akzentuierung.
Leider nutzt sich das knallige Spektakel schnell ab, selbst die actionreichere zweite Hälfte kann den Unterhaltungswert kaum aufrechterhalten. Der Film versteht sich selbst als augenzwinkernde Hommage, verliert sich aber in seiner Zitierwut und kommt über bloßes Fanboy-Kino niemals hinaus. Der einzig subversive Ansatz, der gelingt, ist rein formeller Natur: Miike lässt seine overactenden Darsteller ein gebrochenes Englisch sprechen – ein stilistischer Kunstgriff, der geschickt die historische Verfremdung europäischer Western aufs Korn nimmt. Darüber hinaus entwickelt der Film leider keinerlei satirische Spitzen sondern setzt auf skurrilen Humor, der in seiner schrillen Art zwar konträr zum eigentlich eher ruhigen Genre steht, in seiner Penetranz aber schnell am Nervenkostüm zerrt. Alles an dieser schnell geschnittenen Achterbahnfahrt durch amerikanische Mythen ist auf kultig und modern getrimmt, was den Film durchschaubar und einseitig macht.
Als Gaststar konnte Miike Quentin Tarantino gewinnen, also das stilistische Vorbild direkt vor die Kamera zerren um ihn dort in einer redundanten Rolle dahinschimmeln lässt. Nicht, das am Schauspieler Tarantino dem Film etwas verloren gegangen ist, dennoch wirkt er wie reingezwängt in das fragwürdige, wenn auch durchaus interessante Konzept. Ein wenig zu aufgeblasen zelebriert Tarantino seine eigene Coolness, ohne dafür, ähnlich wie zum Beispiel in seinem „Desperado“-Cameo, ironisch „abgestraft“ zu werden.
Die schießwütige Gewaltorgie, die wie ein bunter Comic-Strip inszeniert ist, richtet sich ganz nach ihrer Ästhetik aus, ohne wirklich eine Geschichte erzählen zu wollen. Leider vergisst auch das Drehbuch seine Figuren, die ohnehin nur schemenhafte Karikaturen ohne Gefühlsleben sind, was bezeichnend ist für die künstlerische Stagnation des Regisseurs. Auch wenn er neue Genres abgrast und seine Filme betont skurril in Szene setzt, so bleibt doch ein wirklicher Schritt nach vorne aus. Viel zu sehr klammert sich Miike an seinen etablierten Stil und bedient im Endeffekt damit nur die Erwartung an ihn. So und nicht anders hat man sich einen Django-Film aus seiner Hand vorgestellt und genau das Erwartete bekommt man nun serviert. Schmeckt nur mittlerweile etwas abgestanden und gewöhnlich.
Das Gleiche Gefühl von Beliebigkeit beschleicht den Zuschauer bei einer Betrachtung der musikalischen Untermalung – auch hier wird freudig zitiert, vor allem natürlich Morricone. Koji Endo, mehrfacher Komponist für Takashi Miike, bringt atmosphärische Klänge zustande, die aber keinerlei Eigenständigkeit besitzen und sich nicht gerade durch eingängige Melodiebögen auszeichnen. Wettgemacht wird diese Unzulänglichkeit aber mit einer herrlich schrägen Verbeugung vor dem Titellied zum Originalfilm von Corbucci. Auch der brillante Schlussgag, der in Form einer Texttafel erfolgt, zieht den Karren noch ein wenig aus dem Schlamm.
Mit diesem Schlusswort schafft es Miike eine zugleich hämische wie auch respektvolle Brücke zu schlagen zwischen der japanischen und der italienischen Filmkultur und verweist nicht ohne Stolz auf das Land, das Leone und Corbucci die entscheidenden Inspirationsfilme geliefert hat – Japan. Auch wenn es eigentlich zu wenig ist um die vorigen Defizite vergessen zu machen, so lohnt sich doch alleine schon wegen der angesprochenen Auflösung, sich „Sukiyaki Western Django“ anzutun.
4,5 / 10