Himmel, mein Kronleuchter!
Nach dem Genuß von gleich zwei Herkules-Filmen mit dem seligen Lou Ferrigno aus bella italia ist man ja in Sachen improvisatiorischer Inkompetenz so einiges gewöhnt, aber sein die 80er Jahre ruinös ausklingen lassender "Sinbad of the Seven Seas" zieht sogar diesen Machwerken noch im Flug die Schuhe aus - kein Wunder, das Italien filmtechnisch endgültig brach lag.
Zuvorderst sollte erwähnt werden, daß bei allem Humor der alten Griechen, der unfreiwillig zugelassen wurde, dieser 1001-Nacht-Kracher definitiv nicht mehr ernst gemeint war und sämtliche Gäule schon vor dem Start die Flucht ergriffen hatten.
Begleitet mich also in das Wunder der 1002.Nacht...
Denn so beginnt der erzählerische Hinweis, der den nun folgenden Kasperquatsch irritierenderweise auch noch Edgar Allan Poe zuschustert, der damals wohl eine Nase zuviel genommen hatte, falls er das hier verfaselt haben sollte.
Im folgenden präsentiert man dem Zuschauer eine Reihe wohl unabhängig voneinander aufgenommener Szenen, die später zu einem Film verbunden werden sollten. Da wir diesmal auf dem Mond/Olymp keine bärtigen Nikolaus-Zausels haben, die den Quark kommentieren, erzählt uns diesen Frischkäse Frau Ex-Argento, Daria Nicolodi, höchstpersönlich. Unsere Position vertritt dabei ein semi-komatös darliegendes Mädel auf einem schlecht kaschierten Produktionssofa, das wohl ein Kinderzimmer darstellen soll.
Mit Kommentar ist allerdings gemeint, daß sie uns auch noch das letzte blöde und überflüssige Detail an die Backe sabbelt, da dieses aus dem Film entweder sowieso oder gar nicht hervorgeht, nach der Formel "Alles ist mehr als weniger!".
Wir starten an ausgewählt orientalischem Drehort (Türkei nehm ich an) mit einem stinknormalen Wochenmarkt, der uns gleich als Basar in Basra (wo alle glücklich sind, hurra!) verkauft wird. Die gute Stimmung liegt an dem alten Zauselkalifen, der nun wirklich gar nichts mehr mitkriegt, denn sein Wesir Jaffar (der aus dem Dieb von Bagdad) ist ein Finstermann von altem Schrot und Korn.
Was Kumpel Jaffar eigentlich will, wird nicht ganz klar, auf jeden Fall alle ins Unglück stürzen und die fünf glorreichen Steinchen, die die Stadt beschützen und Wohlstand verbreitern, zerstören. Macht er aber nicht, sondern verteilt sie irgendwo auf dem Planeten, damit sie irgendein Hulk (oder DER Hulk) auch ja wiederfindet.
Den Kalif hat er hypnotisch unter Konrolle und die knusprige, aber görige Prinzessin Alina ("Hey Vater, ich hab was gefragt!") - übrigens ein Mördername für eine Prinzessin, findet die mentale Absenz des Daddys gar nicht wumpe ("Habt ihr vielleicht was mit den Ohren?"). Derweil ist auch das Unglück in Basra eingezogen, dank den dunklen Wolken des Unheils (nicht im Bild), die dafür gesorgt haben, daß die Statisten den Wochenmarkt räumen und laut Prinzessin ("Euer Volk scheint unglücklich zu sein!") mies drauf sind.
Derweil schippert Sinbad mit seinen seligen Gesellen im Hafen ein, ein lustiger Ethno-Multikultihaufen samt Wikinger, Samurai, griechischen Koch (das ist der Depp mit dem Sirtakiröckchen) und einem feigen Zwergling, nicht zu vergessen das Sarottimohr-Double Prinz Ali, der schon rein namentlich an Ali-nas Seite gehört. "Ali" wird übrigens immer mit Betonung auf dem A ausgesprochen (so wie in "Ali, mach mal Döner mit allem!" und nicht mit Betonung auf "I", aber das schulden wir wohl der rotzigen Synchro).
Sinbad spurtet also alsbald schon mal vor und landet per Falltür im schlangenverseuchten Kerkerlein, während seine Mannen sich angeblich auf die Suche begeben, aber stattdessen eine Szene weiter dann doch mal ne Runde zechen gehen. Ist ja kein Wirt da.
Der Einzige, der arbeitet, ist der Zwerg, denn der sucht allein den Palast ab (dürfte so drei Jahre dauern) und findet dann in einem abgedunkelten Fernsehstudio den Jaffa-Mann, wie er die Prinzessin an seine reifenreiche Gehirnwäschemaschine angeschlossen hat.
Ein Spülgang, so informiert uns die Märchentante, dauert wohl sieben Monate ohne Schleudern und auch sonst sabbelt der Bösling viele Infos einfach mal so in die Botanik.
Während wir informiert werden, daß nach ausgiebiger Balgerei (die die Heros sichtlich gewinnen) alle doch im Kerker gelandet sind (nachträgliche Skriptkorrektur oder so), sabbelt Lou im Knast erst eine Gummischlange mit irgendeinem Stuß über Adam und Eva zu und strickt sich dann aus den Kautschukkreuzottern ein Schlangenseil ("Es wird kaum weh tun!"). Damit gelangt er in den Folterkeller, wo der Grieche schon über dem Piranhabecken (im Orient? Vor der Entdeckung Amerikas?) hängt. Sinbad macht sie alle lang und irgendwie landen alle Wachen im Becken, was vermutlich die erwähnte "spezielle Spezialbehandlung" sein sollte, die uns der Henchman angesagt hatte.
Die Steine sind derweil flöten, also brauchen wir Infos. Internet ist nicht verfügbar, also muß ein Orakel ran ("Ein Orakel? Was ist das? - "In diesem Fall: ein weiser Mann, der vieles weiß!"), den man aus einem alten Macistefilm geklaut hat. Der gibt freimütig mal alle Standorte samt Bedienungsanleitung von sich, den Rest erledigt Alltours.
Weil aber Spaß und Spiel dazu gehören, fügen wir noch den Angriff der Legionen des Todes ein, eine Horde maskierter Kuttenträger, die zu Dov Seltzers (der Bruder von Alka Seltzer) unglaublich passenden Synthiscore auf dem vernebelten Studioschiffsset auftauchen und sich abschlachten lassen, trotz Schwert und Sense. Kaum ist der Kampf vorbei, ist der Nebel weg, es ist wieder Tag und Sinbad gibt ne Runde aus: "Gehen wir essen!"
Erste Reisestation ist die Totenkopfinsel, zu der man schwimmen muß. Sowohl Schwimmszene als auch Totenkopf stammen übrigens aus Herkules, aber das spart halt Geld. Auf der Insel präsentiert man uns dann das unglaubliche Zeitlupenpappmache-Steinmonster, dem man einfach nur den Kopf vom Hals schieben muß, dann hat man den ersten Stein. Kommentar des Helden: "Ja, Mann, es ist knapp gewesen!"
Also weiter zur Amazoneninsel samt Befriedigung der Tittenfraktion, doch Sinbad, allseits informiert, warnt vor: "Die Amazonenkönigin ist ein Gehirnvampir!", was sie dann mit diesem Film gemeinsam hätte. Trotzdem marschieren alle munter in irgendwelche Pfadfinderfallen und selbst Muckiplautze Lou kann sich dem Charme der sich wiegenden Schokoschönheit nicht entziehen. Doch der griechische Koch bringt ne Buddel Flüssigmoussakka mit und der Hero erwacht wieder und reißt mal eben am Juwelenhalsband, worauf sich Rihanna prompt in eine zahnarme aber faltenreiche Oma verwandelt, die es im Bettchen nicht mehr bringt.
Inzwischen hat sich Jaffar, der sich entsprechend seiner natürlichen Bösartigkeit sowieso meistens wie eine Mischung aus Rumpelstilzchen und Erna auf dem Tuntenball gebärdet, weiblichen Beistand ins Studio geholt: die platingefärbte Punkschönheit Soukra mit Lederkorsage, die dem Fieslang ständig Gehässigkeiten an den Kopf wirft und sonst übrigens null Funktion hat, außer vor dem Showdown schnell zu verschwinden. Jaffar hat über die Assis so seine eigene Meinung: "Niemanden kann ich trauen und Frauen schon gar nicht!" Dann ruft er schnell die schrecklichen Winde an (Chili zum Abendessen?), die jedoch visuell mal wieder ausfallen.
Stattdessen präsentiert man uns das Ergebnis: Sinbads Schiff steht mitten in der Geisterinsel auf dem Trocknen und die Geisterkrieger greifen an, also hohle Rüstungen auf sehr lebendigen Geisterpferden. Ergo: wieder eine Runde Kloppe und mittendrin wird das Schiff samt Gesellen wieder aufs Meer versetzt (wieso....?). Egal, Herkules...äh, Sinbad, macht den König der Geister im Zylonenmodus mittels eines Hiebs nieder und hat nu drei Steine. Darauf folgt ein Nickerchen im Wald, aus dem ihn ein gelockter Ofenknuspie namens Kyra weckt, die hier samt Daddy auf der Geisterinsel gestrandet ist.
Daddy ist übrigens der angebliche Magier Nadir (prust!), wirkt wie der große Mumpitz auf Angel Dust und sabbelt einen Kauderwelsch, der mich frappierend an Chaplins Führer Hynkel erinnert. Zaubern kann er übrigens nicht, ist aber mehr Ingenieur und hat eine Flugmaschine gebaut.
Zuvor macht man sich aber noch an den vierten Stein (logistisch passend: auch auf der Insel), wozu man nur das schleimige Monstrum überwinden muß, wie Nadirs Gefasel synchronübersetzt wird. Sinbad beruhigt den Übernervösen in seiner eigenen Sprache mit einem gepfefferten "Hotschki Schlusske Hake!" und dann greift auch schon die Volksfront der Ex-Leprakranken an und entführt Kyra. Doch auch das laseraugenbewehrte Schleimvieh wird noch ex gemacht, indem Lou die Strahlen dank der anderen Steine nach allerlei Komplikationen auf das Monster zurückwirft.
Jaffar bekennt derweil öffentlich, daß Soukras Opportunismus ("Ich stehe auf der Seite des Siegers!") nicht gut für seinen Biorythmus ist, während Sinbad schon mal ne Wrestlingkampfansage ("So, Jaffar, du bist der Nächste!") in die Kamera jubelt.
Nix wie runter von der Insel mit Nadirs Flugmaschine, eine Badewanne mit Ballons, die mit Heißluft angetrieben wird ("Du brauchst heiße Luft. Das ist meine Spezialität!") und Hero Nr.1 macht nicht etwa ein Feuerchen drunter sondern bläst mal ordentlich die Blasen auf ("Er versteht wohl nicht viel vom Blasen!") . Auf dem Schiff jubelt und lacht alles über die Rettung herzlich, während Sinbad so bläst (Nicolodi: "Es war ein Anblick, der allen Freude machte!") und dann wird das Planziel ausgegeben: "Jaffar, ich sorge dafür, daß dein Name ein für alle Mal aus dem Branchenbuch gestrichen wird!".
Back to Basra: statt 7 Monaten ist zwar gefühlt erst eine Woche vergangen, aber laut Jaffars Eieruhr ist Alina in 10 Minuten gehirngewaschen. Während die Helferleins wieder mal die Palastwache weichkloppen, gerät Sinbad in Jaffars eingezeichneten Strahlenkäfig, der sich aber (erstaunlich) genauso verbiegen läßt wie einer aus Eisen, was den bösen Mann natürlich dazu zwingt "das Übelste und Schlimmste aus mir hervorzukramen". Er erschafft: einen zweiten Lou Ferrigno und schlimmer kann es wirklich nicht mehr werden.
Aber Selbstüberwindung ist alles; Sinnie besiegt sich selbst und Soukra geht auf Urlaub. Jaffar wird nicht platt gemacht, sondern geht durchs Falltürchen und Ali darf mit Alina endlich Al-kohol trinken und Al Capone zeugen, während Lou Ferrigno im halbseidenen Puffärmeljäckchen eine Kreuzfahrt mit Tyra auf dem Traumschiff ankündigt.
Also, wenn da das Mädchen nicht mal hundert Jahre drauf geschlafen hat....
Nicht falsch verstehen, wenn ich diesen ultimativen Kopfschuß von Film wie auch "Wizards of the Lost Kingdom" mit einer Tiefstnote veredele, aber als Festtagsmaterial ab 1,0 Promille sind diese 90 Minuten praktisch unübertrefflich, sofern die Haftcreme frisch aufgetragen wurde und die Windel frisch angelegt. Ein herrlicher Partyspaß, der dank persönlicher Hilfe Rainer Brandts noch besser hätte werden können, aber die sagenhafte handwerkliche Inkompetenz aller Beteiligten ist schon das Geld allein wert.
Nicht verpassen, wenn sich eine Gelegenheit ergibt, denn auch wenn so eine Ära qualiativ traurig endete: solche Zeiten kommen nicht wieder.
Remember the good times - aber nehmt wie Jaffar immer vorher schön eure Medizin. (1/10)