WARNUNG: DIESER REVIEW ENTHÄLT SPOILER!!!!
The Midnight Meat Train ist die Geschichte mit der Barker anno 1984 sein erstes Book of Blood eröffnete. Schon damals dachte ich, dass man diese recht heftige, aber auch Barker-typisch abgedrehte Kurzgeschichte auf die Leinwand bringen müsste, dass dies aber 24 Jahre dauern würde, konnte ich nicht ahnen, was aber wohl auch an Barkers vorsichtiger Haltung liegt, damit seine Geschichten nicht unter Niveau verfilmt werden.
Ryuhei Kitamura ist es nun gelungen die Grundessenz der Geschichte mit Bildgewalt zu verfilmen. Das Skript von Jeff Buhler beruft sich dabei nur um einige Zentralszenen der Geschichte und dichtet den Rest um oder dazu, behält aber die Hauptcharaktere, allerdings stark verändert. So ist zum Beispiel Leon Kaufmann im Film ein Fotograf, der in seinen Bildern seine Liebe, aber auch seine Abscheu zu New York festhält, das ist in der Geschichte nicht so, allerdings wird dort gar nichts über Kaufmanns Job gesagt, aber es werden seine Gedanken dargelegt, die genau diesen Zwiespalt der Liebe und der Abscheu der Stadt gegenüber beinhalten. Meiner Meinung nach eine sehr gelungenene Umsetzung des Charakters. Schlachter Mahogany ist auch nicht ganz so sprachlos in der Geschichte, aber er bleibt der Charakter, der dem aus der Geschichte am ähnlichsten ist. Die weiteren Charaktere des Films sind dazugedichtet, was aber nicht stört, weil der Film weiter ausholt und nicht gleich mit dem Showdown beginnt, der den Grossteil der Geschichte ausmacht. Der Film geht einen Weg der eher an einen Thriller erinnert, bei dem Kaufmann langsam immer mehr entdeckt und weitere Entdeckungen durch die Freundin einbaut, um den Spannungsbogen auszuweiten, weil man einen Film schlecht aus nur einem Showdown machen kann - auch dies ist meiner Meinung nach sehr gelungen. Der Showdown selbst ist sehr nah an der Geschichte dran.
Die Bilder, die der Film anbietet, sind allesamt beeindruckend, zum einen die majestätisch wirkenden U-Bahn Rolltreppen, aber auch die bewegten Vogelperspektiven, die in der Mahogany Wohnungszene fast an DePalma (Hitchcock?) erinnern. Auch ist der Schlusskampf sehr bewegt zwischen inner- und ausserhalb des Zuges inszeniert, was sehr gut wirkt. Auch die Goreszenen sind heftig aber auch innovativ (z.B. das Spiegelbild des Gesichts nach dem Kehlenschnitt und die Enthauptung aus der Sicht des Opfers). Die Optik ist durchweg herrausragend.
Der Score ist nie vordergründig und scheint seine Wirkung gut erreicht zu haben, mir fiel er nicht auf, was ich als gut werte.
Der Film hat sogar Humor, nicht den der albernen Art, aber gut wirksam zum Abkühlen vor dem nächsten Schrecken (aka "comic relief", z.B. "Life is like a box of chocolate").
Besonders positiv hervorheben möchte ich die Ruhe des Films, manchmal auch recht lange Passagen lang, durch dieses Stilmittel wird ein sehr wirksamer Kontrast zu den grausamen Taten geschaffen und diese dadurch noch verstärkt.
Für mich ist der Film ein kleines Meisterwerk, definitiv eine gute Umsetzung von Barkers fantastischen Welten, was eigentlich bisher nur dem ersten (und einzigen!) Hellraiser gelungen war - toll!
10/10
Abschliessend möchte ich noch einen grossen Dank an das Team vom Fantasy Film Fest aussprechen, die es einer ausgewählten Gruppe in Deutschland möglich machte, diesen Film im Kino sehen zu können.