Filme haben in der Regel die Eigenschaft, Dramen als extreme Lebenserfahrungen zu schildern. Tod, Arbeitslosigkeit, Armut, das Scheitern von Beziehungen oder allgemein zerrüttete Familienverhältnisse nehmen dabei den Charakter von Grenzerfahrungen ein, die entweder zum endgültigen Scheitern führen oder den Protagonisten wie Phoenix aus der Asche wieder zum Leben (und damit auch Erfolg) erwecken. Alternativ zu einer ernsthaften Auseinandersetzung, gibt es auch die humoristische Variante, bei der die Protagonisten zwar tief im Schlamassel landen, aber mit nimmermüdem Optimismus dagegen ankämpfen.
"Sunshine Cleaning" nimmt einen eher aus Filmen europäischer Herkunft bekannten Erzählstil ein, der auch die größten Dramen als Teil des Lebens betrachtet, das immer irgendwie weiter geht und ständig zwischen positiven und negativen Erfahrungen pendelt. Schon in der ersten Szene wird das erkennbar, als ein Mann in ein Waffengeschäft geht, sich eine doppelläufige Schrotflinte ansieht, heimlich eine mitgebrachte Patrone hinein steckt und sich erschiesst. Trotz dieser offenkundigen Dramatik wird zu Beginn der Charakter des Films nicht deutlich, denn sowohl Polizei als auch Verkaufspersonal unterhalten sich eher über die Reinigung des Geschäfts als über das Schicksal des Mannes, das im weiteren Film keine Rolle spielt. Stattdessen bemerkt Mac (Steve Zahn), der zuständige Police-Detective, dass für die Reinigung viel Geld gezahlt wird, was er Rose (Amy Adams) mitteilt, seiner Geliebten, die bisher als Angestellte in einem Reinigungsunternehmen arbeitet.
Auch die Vorstellung der Protagonisten wie etwa Rose' Schwester Norah (Emily Blunt), die auf deren Sohn Oscar (Jason Spevack) aufpasst, während Rose behauptet zur Weiterbildung zu gehen (tatsächlich trifft sie sich mit Mac in einem Hotelzimmer), oder ihren gemeinsamen Vater Joe (Alan Arkin), bei dem Norah noch wohnt, beginnt in einer amüsanten Leichtigkeit und entwickelt erst langsam die Tragik hinter ihrer Lebenssituation. Der Film täuscht diesen Eindruck durch seine attraktiven Darsteller vor, denn sowohl die hübsche Rose als auch die coole Norah verkörpern gemäss bekannten Strickmustern erfolgreiche Personen. Und auch der glatzköpfige Alan Arkin ist ein Prachtbeispiel eines humorvollen Vaters und Grossvaters.
Aus dieser Konstellation gewinnt der Film seine realistische Qualität, denn er zerstört den amerikanischen Glauben daran, dass man es schaffen kann, wenn man nur will. Rose war als Cheerleaderin und Freundin des Quaterbacks mal eine große Nummer auf der Highschool, weshalb die ehemalige Klassenkameradin, die Rose zufällig trifft, als sie deren Haus reinigt, ganz selbstverständlich annimmt, dass sie es zu etwas gebracht haben muss. "Sunshine Cleaning" verzichtet in diesem Zusammenspiel auf jeden extremen Aspekt, zeigt keine Menschen, die übertrieben handeln, sondern eine Gesellschaft, die klaren Mustern auf den Leim gegangen ist. Prächtige Häuser, teure (ausländische) Autos und vor allem schwangere Frauen und hart arbeitende Ehemänner verkörpern hier noch das Ideal und wenn man angesichts der aktuellen Finanz- und Immobilienkrise immer wieder den Beruf des Immobilienmaklers als erstrebenswertes Ideal zu hören bekommt, dann entbehrt das nicht der Ironie.
Trotz ihrer schwierigen Situation als alleinerziehende Mutter strebt auch Rose kein anderes Ideal an, weshalb sie der ehemaligen Klassenkameradin etwas vorlügt. Immerhin ergreift sie dadurch motiviert doch die Gelegenheit und gründet eine Firma, um Orte nach dem Ableben von Menschen zu reinigen. Gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester beginnt sie geradezu naiv diese unangenehme Arbeit. "Sunshine Cleaning" entwirft mit ernsthafter Leichtigkeit das Bild eines Landes, in der ein solcher Job echtes Wachtumspotential aufweist, während lange gepflegte Erfolgsmuster zunehmend dem Scheitern ausgesetzt sind.
Frappierend ist in diesem Zusammenhang wie - fast ungewohnt real - Momente des Scheiterns geschildert werden. Nachdem Norah in einer verwahrlosten Wohnung einer alten Frau, Bilder von deren Tochter gefunden hatte, bemüht sie sich, diese zu finden und begegnet dadurch Lynn (Mary Lynn Rajskub), ohne ihr den wahren Grund ihres Zusammentreffens zu verraten. Norah, die während des gesamten Films keine echten Begegnungen mit Vertretern des männlichen Geschlechts hat, kommt Lynn sehr nah und einen Moment lässt der Film Gefühle zwischen ihnen erahnen. "Sunshine Cleaning" bleibt dabei genauso sanft und wenig konkret, wie in fast jedem anderen Moment auch. Niemals werden Lösungen angeboten, kaum werden Gefühle konkretisiert und ausgelebt, sondern Jeder versucht so gut wie möglich mit dem Leben klar zu kommen.
Seine Kraft gewinnt der Film aus der Tragik die über dem gesamten Geschehen schwebt, die eine große Nähe zu den Protagonisten darstellt, die einerseits sehr sympathisch und nachvollziehbar wirken, andererseits aber fremd und unnahbar bleiben. So wie das gesamte Leben letztlich nicht erfassbar ist (8/10).