Review

Wäre nicht Clint Eastwood der Regisseur, ich hätte mir den Film aufgrund der Beschreibung auf dem Cover gar nicht erst ausgeliehen. Und wäre Clint Eastwood nicht der Regisseur, ich hätte nach 15 Minuten ausgestellt, wegen der matten Aufnahmen, den uninteressanten Personen, und nicht zuletzt wegen dem alternden Superstar Angelina Jolie.

Aber es ist Clint Eastwood. Und es sind akurat gesetzte Schnitte, klar gezeichnete Charaktere, Bilder vollgepackt mit authentischen Details aus den 20er Jahren. Der Anfang zeigt uns einen selbstbewussten, selbstständigen Menschen, typisch für Clint Eastwood, und ein bisschen Frust weil einer nicht aufpasst, was ebenfalls zum Markenzeichen von Clint Eastwood geworden ist.

Worauf die Geschichte abzielt, wird ebenfalls früh klar, wenn John Malkovich als Pfarrer eingeführt wird, wie er im Radio gegen die Behörden schwadroniert. Aus dem unbedeutenden Vermisstenfall soll eine große politische Sache gemacht werden.

Jeffrey Donovan (der Mistkerl aus Hitch) überzeugt auch diesmal als Mistkerl. Wenn er von der Mutter konfrontiert wird, ist nicht ein Zucken von Scham zu sehen, nicht die Spur von schlechtem Gewissen, wenngleich nicht der leiseste Zweifel bestehen kann, dass er die Wahrheit kennt. Das nenne ich klasse gespielt beziehungsweise klasse eingefangen vom Regisseur.

Auch von der Performance der sechsfachen Mutter Angelina Jolie kann man nur begeistert sein. Heulen, Schluchzen, Zeter und Mordio, der kaum gelungene Versuch, ihr Temperament zu beherrschen, nur dadurch gelingt es anfangs, die Story in Gang zu bringen, Interesse zu wecken für den (hoffentlich?) kommenden Rachefeldzug gegen die übermächtigen Behörden.

Die Story entwickelt sich dann eine ganze Weile vorhersehbar, der Druck wird von den korrupten Behörden erhöht, die Einschüchterungen werden dramatischer, aber Supermutter Angelina Jolie - und mit ihr der Zuschauer - behält den Überblick, verhällt sich nachvollziehbar, glaubt an eine Möglichkeit, wieder Oberhand zu gewinnen.

Ein zweite Nebenhandlung entspinnt sich um einen Psychopathen, der offenbar gerne Kinder abschlachtet. Das ist sorgsam eingeflochten, und gibt uns zusätzlich Hoffnung auf einen guten Ausgang der Geschichte. Ebenso wie sich die Situation um die inzwischen als geisteskrank eingestufte Mutter verschlimmert, verbessern sich die Ergebnisse auf der Suche nach dem verschwundenen Sohn.

Anders als bei Zodiac steht nicht die detektivische Suche im Mittelpunkt, schon gar nicht die fast schon obzessive Darstellung der Greultaten wie in The Black Dahlia, sondern der Frust über Korruption, Frust über Egoismus, Frust über Dummheit und Selbstherrlichkeit der Verantwortlichen in Polizei und Psychiatrie. Und wie in Eastwoods letzten Filmen auch, regiert das Mitgefühl für die Opfer, die kalte, angewiderte Zeichnung der Täter, das ungläubige Staunen über die Ereignisse, die laut Autor zu 95% auf Tatsachen beruhen, und die Hilflosigkeit und Ohnmacht der Unterdrückten.

Dabei bleibt die Kamera - also der Zuschauer - immer schön ruhig bei der Mutter, die all diese Geschehnisse bis zum Ende hin mehr staunend beobachtet als erlebt. Sie ist weniger das Opfer, als vielmehr diejenige, die unglaubliche Erfahrungen mitbekommt und daran wächst. Mit dieser Stärke, wie sie gerade durch Angelina Jolie verkörpert wird, macht der Film Mut, für Gerechtigkeit und seine Ideale zu kämpfen. Tolle Leistung!

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