Review

Gesamtbesprechung

"Es war nicht alles schlecht in der DDR!", diesen abgewirtschafteten Satz dürfte wohl jeder schon einmal irgendwie gehört haben. Vor allem nicht wenige der älteren Mitbürger aus Ostdeutschland bringen diese Floskel gerne einmal, wenn es wieder darum geht, die DDR mit der BRD zu vergleichen. Auch wenn die wirklich lautstarken Stimmen nach dem Rückkehrwunsch des geteilten Deutschlands mittlerweile eher verstummt sind, nicht weniges der (angeblich?) guten Dinge aus der DDR kommen immer mehr zurück in unseren Alltag. Doch es gibt auch etwas, dass heutzutage eher selten zu haben ist: Die Qualität des Kinderprogramms. Auch wenn es natürlich propagandische Sendungen gab, die Qualitäten eines "Brummkreisel", "Clown Ferdinand" oder des "Sandmanns" hat man nach dem Mauerfall nur selten erleben dürfen. Und auch die berühmte Spuk-Reihe von Günther Meyer dürfte, trotz eines von Meyer selbst inszenierten Reboots, in Form von drei neuen Spukreihen aus den Jahren 1998-2002, nie wieder erreicht worden sein. Und neben dem lustigen "Spuk im Hochhaus" und dem gruseligen "Spuk von draußen", war da das märchenhafte "Spuk unterm Riesenrad", welches zwar die schwächste der drei Spuk-Serien darstellt, aber immer noch hochgradige Unterhaltung bietet.

"Spuk unterm Riesenrad" erzählt die Geschichte der drei Berliner Rummel-Kinder Tammi, Umbo und Keks, die in den Sommerferien ihrem Opa bei der Geisterbahn aushelfen müssen. Als sie sich in der Geisterbahn zu einem fatalen Schabernack hinreißen lassen, erwachen drei der Spukgestalten in der Bahn, die Hexe, der Riese und das Rumpelstiltzchen, zum Leben und flüchten. Nun müssen die Kids zusehen, wie sie die Ausreißer wieder eingefangen bekommen und das Chaos ist perfekt... Auch wenn das Erwachen der Spukgestalten nie wirklich erklärt wird und sich alles in simplen Bahnen abspielt, so muss man es Meyer einfach lassen, dass er auch mit dieser Spukgeschichte sein Händchen für kindergerechten Grusel bewiesen hat. Es geht durchgehend sehr märchenhaft, sehr lustig und ab und an auch wirklich ein wenig gruselig zu, was Kinder von damals als auch von heute mehr als überzeugen dürfte.

Vor allem die Unschuld und die Leichtigkeit, mit der Meyer hier seine Figuren zeichnet, ist mitunter Gold wert. Denn hier haben wir es weder mit völlig verzogenen Gören zu tun, noch mit irgendwelchen überbraven Musterschülern, sondern mit Kindern, die wie aus dem Leben geschnitten sind. Jeder Charakterzug, jedes Tun und Handeln der Kids, zeichnet das Leben der Kinder zur damaligen Zeit bestens auf. Da wird gezankt und sich vertragen, Jungs kabbeln mit einander, Mädchen versuchen sich mit, leider misslungen, Kochkünsten und der Opa gibt seinen Kids schon mal eine Schelle, wenn sie nicht folgen. Übertriebene Political Correctnes, sowie sie heutzutage bei Kinderprogrammen teils übergroß geschrieben wird, findet man hier nur selten, auch wenn es natürlich durchgehend Kindgerecht zugeht. Erhobene Zeigefinger und schwingende Moralkeulen bleiben aber fern.

Und gerade deshalb kann man sich an der Spuk-Reihe, egal in welchem Alter, kaum satt sehen. Hier regiert der Spaß, wenn die drei Märchengestalten z. Bsp. Ostberlin aufmischen und sich u.a. in einem Kaufhaus breitmachen und dabei selbst die Kassierinnen an den Rand des Wahnsinns treiben. Dann der Flug auf dem elektronischen Besen, bei dem die Stromversorgung einfach durch Rumpels Wüterei erzeugt wird. Oder das gruselige letzte Viertel im verlassenen Schloss, bei dem man selbst als Erwachsener ab und an leicht schlottert und vieles mehr. Der Fantasienreichtum ist mitunter enorm, selbst wenn so manches mittlerweile eingestaubt wirken mag. Auch wenn man leider zugeben muss, dass sich das, insgesamt gut 3 stündige, Erlebnis irgendwann ein wenig verrennt und auf der Stelle tritt, die Sympathie zu den Figuren und zu dem ganzen Drum und Dran ist einfach riesig.

Tja, und für die Größeren gibt es bei heutiger Betrachtung natürlich auch den ein oder anderen Flashback. Denn schließlich hat die Serie nun schon mehr als 30 Jahre auf den Buckel, was bei vielen auch für nostalgische Gefühle sorgen dürfte, vor allem bei ehemaligen DDR-Bürgern. Auch wenn diese sicher ab und an ein wenig schmerzhaft sein können, der Spaß überwiegt doch, wenn die Strafe für Schwarzfahren im Bus gerade einmal 20 Pfennig kostet, die ach so unaufälligen Funkgeräte der Polizei übergroß sind, wenn man die teils weit überholten Haushaltsgeräte zu entdecken bekommt oder einfach nur die Klamotten und Lebensart, welche, trotz aller Einschränkungen, eben doch auch seine guten, da vor allem einfach gestrickten, Seiten hatte. Und an einer Stelle kann man sogar einen sitzenden Seitenhieb auf die Stasi erkennen. Kurzum, egal welche Generation sich den Spuk gibt, es für jeden etwas dabei.

Zumal auch die Schauspieler beste Arbeit leisten. Egal ob man die Kinder nimmt oder die Erwachsenen, hier spielen sie alle durchgehend auf hohem, glaubwürdigem Niveau. Und Katja Paryla, Stefan Lisewski und Siegfried Seibt, welche hier die Spukgestalten Hexe, Riese und Rumpelstilzchen darstellen, sind sowieso immer wieder gern gesehene Gestalten der DEFA-Unterhaltung. Kurzum, auch hier ist eindeutig alles richtig gemacht worden.

Fazit: "Spuk im Hochhaus" ist und bleibt beste Kinderunterhaltung, über alle Grenzen hinweg. Die Geschichte ist fein ausgedacht, die Figuren teils höchst fantasiereich, teils sehr realistisch und ein Unterhaltungsniveau schwebt über der ganzen Reihe, welches besser nicht sein kann. Auch wenn sicher hier und da schon ein wenig Staub rieselt und sich dieser Teil zum Ende hin ein wenig zieht, neben der Hochhaus- und der Opa Rodenwald-Geschichte ein unbedingtes Glanzstück der DDR-Fernsehunterhaltung, das man gesehen haben muss und sich immer wieder gerne ansieht.

Wertung: 8/10 Punkte

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