Review

Auf diesen Film habe ich mich schon lange gefreut. Nicht, weil Tom Cruise mitspielt, nicht weil es so viel Wirbel im Vorfeld gab, sondern weil ich endlich mal wieder richtig schön über einen Film ablästern wollte.

Zuerstmal fand ich die Einleitung sehr verwirrend, wo ein prominenter amerikanischer Schauspieler deutsch spricht, dann aber auf englisch überschwenkt (natürlich nur im Original). Überhaupt hatte ich gänzlich Schwierigkeiten, mir einige der Schauspieler als deutsche Soldaten vorzustellen (Bill Nighy, Terence Stamp).

Hat sich der noch junge Regisseur Bryan Singer (X-Men, Superman Returns) hier übernommen?

Der Drehbuchautor McQuarrie (Oscar für Die üblichen Verdächtigen mit Kevin Spacey) ist bekannt dafür, komplizierten Geschichten den letzten Schliff zu geben, so auch bei X-Men oder Alexander. Er schafft es, Graf von Stauffenberg als aufrichtigen und warmherzigen Menschen einzuführen. Auch seine Frau und Kinder werden lange genug gezeigt, um die Motivation für ein sorgfältig geplantes Attentat und einen Putsch zu begründen. Und dann passiert es, dass man in den Film hineingezogen wird, die Geschichte nicht als Unterricht, sondern als Unterhaltung akzeptiert.

Unterhaltung allerdings, die trotz der Spannung nicht aus der Melodramatik herauskommt. Zu traurig die Umstände, zu traurig die Anspielungen, was alles hätte verhindert werden können. Zu traurig die Gewissheit, dass die Sache am Ende dramatisch fehlschlägt.

Deutscher Held?

Interessant ist zweifellos die nach allen Erkenntnissen bis ins Detail korrekte Darstellung des Attentats selbst, sowie auch der Versuch und das Scheitern des Umsturzes danach. Lobenswert, dass für eine fantasievollere Story keine Personen dazugedichtet oder wichtige Personen weggelassen wurden. Nur im ersten Teil des Films wurde Stauffenberg selbst die Idee für die Operation Walküre angedichtet, und auch das Treffen mit Hitler auf dem Berghof gab es wohl eher nicht. Dennoch trägt beides in einer Verdichtung zur gelungenen Umsetzung bei.

Stauffenberg war allerdings nachweislich von den schnellen Siegen Hitlers 1939/40 über Polen und Frankreich begeistert. Er hatte als Adliger keineswegs eine Demokratisierung Deutschlands im Sinn. Er war wohl im schlechtesten Sinne nationalistisch und hatte auch gegen den "Rassegedanken" nichts einzuwenden. Er entschied sich aus reinem Opportunismus für das Attentat, nämlich erst, als der Niedergang an der Ostfront 1943 schon nicht mehr aufzuhalten war. Sorry, wenn ich so weit aushole, aber all das wird im Fim nicht erwähnt. Im Film ist Stauffenberg einfach nur ein Held.

Alles Nazis?

Der Standpunkt des Autors in den Extras ist eine Zumutung. Dass für die Amerikaner damals alle Deutschen Nazis waren, hielt ich für einen Scherz. Aber nach seinen eigenen Worten hatte der Autor vorher nie von einer Widerstandsbewegung gehört. Von gar keiner! Also auch nicht von Stauffenberg oder überhaupt dem Unterschied zwischen der Deutschen Wehrmacht und der SS. Wenn also durch diesen Film 10 Millionen Amerikaner ein besseres Bild der deutschen Geschichte bekommen haben: Bravissimo!

Allerdings wird es im Making-Of so dargestellt, als hätte McQuarrie selbst als erster die deutsche Widerstandsbewegung entdeckt. Das ist wohl etwas zu viel der Ehre. Die dargestellte Ehrentafel ist mitnichten die einzige. Der gesamte Wiederaufbau der Bundeswehr beruhte auf der Erkenntnis, dass die Wehrmacht aus "ehrbaren" Soldaten bestand.

Wie auch immer, die Promotion der Filmemacher, sich als Entdecker des ehrlichen Deutschen hinzustellen, hat funktioniert.

Drehorte

Desweiteren gab es viel Aufruhr um die original Drehorte, etwa der Exekutions-Szene im Bendlerblock, wo sie einst tatsächlich stattfand. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass sich Tom Cruise höchstpersönlich dafür einsetzte. Ein Aufschrei ging durch die Gazetten: Top Gun "Maverick" soll einen Helden Deutschlands verkörpern, ja womöglich lächerlich machen? Einen Ort deutschen Heldentums entehren? Auch hier funktionierte die Propagandamaschinerie der Filmemacher: sie überzeugten die Verantwortlichen mit ihrem historisch einwandfreien Konzept, was in der amerikanischen Öffentlichkeit nur umsomehr die Glaubwürdigkeit des Films steigerte.

Fazit

Schlussendlich kann man dem Film eine packende Ausführung attestieren. Regisseur und Autor zusammen haben es geschafft, zwei Stunden Geschichtsunterricht mit Spannung und Nervenkitzel zu präsentieren. Durch den prominenten Hauptdarsteller Tom Cruise wurde weitaus mehr Geld in die Produktion gesteckt, als ursprünglich geplant. Der detailierten Ausstattung, perfekten Kostümen, interessanten Drehorten, und einer Masse an guten Schauspielern kommt das zugute. Sieht man den Film als Thriller, ist er zu langatmig. Bezieht man die historische Bedeutung mit ein, ist es ein spannendes Melodram.

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