Die Beurteilung dieses Zeichentrickfilms nach dem Karl May Klassiker "Der Schatz im Silbersee" kann nur unter Berücksichtigung des Fakts erfolgen, dass dieser Film für jüngere Kinder entstanden ist. Im Vergleich zu den Klassikern des Genres wäre er schon auf Grund der zeichnerischen Qualität durchgefallen. Der Mangel an authentisch dargestellten Bewegungen und an Differenzierungen der Hintergründe bis hin zu einem schwer nachvollziehbaren Dilletantismus in der Dreidimensionalität, kann auch durch teilweise recht atmosphärische Paintings nicht ausgeglichen werden, weshalb hier ein handwerklich insgesamt liebloser Eindruck entsteht.
Ähnliches lässt sich auch für die Umsetzung der Story sagen. Im Mittelpunkt stehen hier nicht Winnetou und Old Shatterhand, sondern viel mehr Winnetous Schwester Ntscho-Tschi und der Waisenjunge Bobby, der von seinem verstorbenen Vater die Schatzkarte erhielt, um die sich die Handlung dreht. Ausser Ntscho-Tschi und Bobby erhalten sämtliche weitere Figuren keinerlei Charakterisierungen, sondern verhalten sich nur gemäss ihres bekannten Klischees. Dabei orientiert sich der Zeichentrickfilm hinsichtlich seiner Nebenfiguren an den Karl-May-Filmen der 60er Jahre, weshalb die nur sporadisch auftauchenden Nebenfiguren für ein jüngeres Publikum völlig ohne Bedeutung bleiben.
Einzig die Ratte, die Bobby bei sich führt, und die dem bösen Gangsterboss am meisten Angst macht, könnte als eigenständige Leistung angesehen werden, wenn eine solche Figur nicht in jedem Disney Film schon unendlich besser gestaltet worden wäre. So verläuft die Story, in der Winnetou und Old Shatterhand mehrfach in letzter Sekunde den Helden spielen dürfen (was anderes aber auch nicht), vorhersehbar ihrem erwarteten Ende zu...
Und damit kommt man als Reszensent vor dem schon offensichtlich negativen Resümee auf die wirklichen Fragen :
- Wie konnte ein solch handwerklich schlecht gemachter Film, solch eine prominente Synchronschar deutscher Darsteller hinter sich vereinigen ?
- Warum ist ein Film, den schon über 10jährige langsam zum Gähnen bringt, erst ab 6 Jahren zugelassen ?
Hinter diesen Fragen, die nur schwer zu beantworten sind, verbirgt sich die eigentliche Qualität des Films. Selten wurde ein Karl-May-Abenteuer harmloser und verständlicher auf die Leinwand gebracht. Durch die Hauptfiguren Bobby und Ntscho-Tschi sind kindliche Identifikationsfiguren vorhanden, während Winnetou und Old Shatterhand mehr wie Eltern wirken, die auf die lieben und manchmal störrischen Kleinen aufpassen. Auch die auf Grund fehlender zeichnerischer Klasse erzeugte Langsamkeit des Films, lässt nie die für Kinder manchmal anstrengende Ereignisflut entstehen, sondern bewahrt dem Film einen kindlich nachvollziehbaren Charakter.
Vielleicht haben deshalb Thomas Kretschmann, Cosma Shiva Hagen und viele Andere den Figuren ihre Stimme geliehen, die sogar vor dem inzwischen verpönten Ausdruck "Squaw" nicht halt macht, aber erklärbar wird dadurch nicht, wieso der Film nicht ab 0 Jahren zugelassen ist. Zwar gibt es Verbrecher und eine Riesenschlange, aber diese werden nur der Lächerlichkeit preis gegeben und verbreiten eine sehr kindliche Spannung. Letztlich kann man dem Film als Gesamtwerk nur eine sehr schlechte Note geben, aber wenn man seine kleineren Kinder zwischen etwa 4 und 10 Jahren ins Kino schicken will, kann man das bei dem Film mit ruhigem Gewissen tun (2/10).