Review

Den Passionsweg Albert Pyuns Cyborgsaga Nemesis beschreitend war ich an einem Punkt der Erkenntnis angelangt, der so erschütternd ausfiel, daß ich mich abwenden mußte. Mehrere Monate blieb das DVD Set unter Stapeln von Filmen begraben, außer Reichweite, fern jeder Versuchung auch noch Nemesis 4 - Engel des Todes ansehen zu müssen, da doch die beiden Sequels bereits ein solch qualitatives Gefälle zum noch recht ordentlichen Erstling offenbarten. Doch dann rief mich ein Prophet an, Buße zu tun, endlich das Werk des Schöpfers in seinem vollen Glanz zu betrachten.
Surprise, Sue Price! Die Wege des Herrn sind nicht nur unergründlich, nein, seine Diener beschreiten auch unfromme Wege. So jedenfalls scheint Alex (Sue Price) herausgefunden zu haben, daß ein Geistlicher mit den Cyborgs interagiert und Drogen vertreibt, was sie ihm auf dem Beichtstuhl den Zorn Gottes selbst in die Hand nehmend übermittelt.
Der den trostlosen Kulissen der Wüste angepasste wilde Look ist einem urbanen Lackoutfit gewichen, dessen Schnitt unmittelbar an die verruchte Erotik eines Film Noir erinnern könnte, so die Trägerin nicht ihre maskulin ausgeprägte Muskelpracht darunter hervorblitzen ließe - bis hin zu den verstümmelten Brustwarzen einer stümperhaften Operation, als sie sich ihren anschließenden Verfolgern in einer Pose überlegener Anmut einer Ilsa stellt, wobei letztere mit ihren Atomglocken ja schon für erschrockene Sprachlosigkeit, jedoch nicht provozierten Ekel sorgte.

Noch bevor uns der Vorspann darüber aufklärt, daß der Krieg 2080 zwischen den Cyborgs und Menschen beendet war und in einem Waffenstillstand beidseitig reger Zufluß zu den entstehenden kriminellen Syndikaten bestand, wird so schon unterschwellig auf die Stilrichtung verwiesen, die eben nicht wie nach Nemesis 2 - Die Vergeltung und Nemesis 3 - Die Entscheidung anzunehmen das Grande Finale, das buchstäbliche Feuerwerk in einem Akt der Zerstörung bildet. Aber das hätte nach zwei Low Budget Abenteuern auch keinen Sinn mehr gehabt.
Andererseits steht zur Frage, warum Pyun ausgerechnet mit Nemesis 4 - Engel des Todes als letzten Teil das beste aller drei Sequels liefert. Als Femme Fatale darf Alex nun in erotischen Episoden die Auftragskillerin miemen, die eine Freude daran hegt, im Stil einer Gottesanbeterin zunächst den sexuellen Akt zu vollziehen und anschließend ihren Partner zu töten. Mit der Verwechslung eines Opfers zieht sie Rachegelüste auf sich und darf sich der Auftraggeber in ihrem Rücken nicht mehr sicher sein.

Diese Geschichte ist verglichen mit den Vorgängern noch erstaunlich geradlinig und auf die etwa 65 Minuten reinen Films gut gebündelt. Zwar sind die ausgereifteren Dialoge hier auch teils nur leeres Blendwerk, können aber stellenweise - zumindest in der deutschen Fassung - einiges über indirekte Komik wieder ausgleichen. Insbesondere die cybersexuellen Eskapaden begeistern in diesem Zusammenhang mit dem Verkehr über Connectoren, wobei Alex zum Beispiel über den Bauchnabel penetriert wird. Ferner wird ihre künstliche Oberweite sogar soweit relativiert, als daß sie aus der Brustwarze einen tödlichen Sporn ausfahren darf.
Überhaupt tut es Nemesis 4 - Engel des Todes gut, vom übermäßigen Gebrauch von Spezialeffekte Abstand zu nehmen, die beim vorhandenen Kapital nicht zufriedenstellend umsetzbar sind. Gerade weil sich nun viel mehr psychisch formen muß, erreicht der Film eine auf der Basis der Schlechtigkeit überragende Qualität.

Verzeilich die für 2080 erstaunlich großen, tragbaren Telefone, zu übersehen die viel zu alten Fahrzeuge, die in der verfallenen Altstadtkulisse im Zusammenhang mit der so düsteren Zukunftsthematik ein selten abstraktes Motiv abgeben. Billige Schuß-Gegenschuß-Dialoge vor schwarzem Hintergrund wirken da schon trostloser.
Wirklich enttäuschend jedoch ist, daß die langen Minuten der Vorbereitung der vorherigen Sequels um die wie Moses im Weidenkörbchen ausgesetzte Alex vollkommen ins Hintertreffen geraten. Bezüge zu ihrer Genetik und Vorbestimmung sind so hauchdünn gesät und dann schwammig formuliert, daß man den Anschluß gar nicht benötigt. Umso weniger läßt sich die kurze Laufzeit vor dem zahlenden Kunden rechtfertigen, der sich so nichtmal über einen auf drei Episoden aufgeteilten, schlüssigen Film beschweren kann.

Ohne Frage ist Nemesis 4 - Engel des Todes nach normalen Maßstäben als Bodensatz der Filmindustrie zu klassifizieren. Die Konsequenz, mit der Albert Pyun seinen Fokus nun verstärkt auf den nur für eine Randgruppe anregenden, nackten Körper Sue Prices legt, macht es dem Publikum nicht sonderlich einfacher, einen Gefallen zu entwickeln. Im Sinne der Erleuchtung jedoch darf dieses Zeuge werden, wie Pyun sich seiner Grenzen bewußter wird und in diesen effektiver arbeiten kann. Mit der Demut, die ihn nun nicht unkontrolliert Ideenstränge dehnen, vermischen und schlimmstenfalls nicht weiter verfolgen läßt, bringt er einen Plot, den man zwar immernoch besser umsetzen könnte, den man aber in seinem Resultat als Billigfilm so stehen lassen kann.
Auf diese Stufe hätte er nur gern früher aufsteigen dürfen, denn in diesem Geiste bricht er mit einem Epos, den er nach der neuen Erkenntnis nicht hätte beginnen müssen, den er so aber auch nicht befriedigend beenden kann. So scheint Alex auf die Frage, was sie nun tun werde stellvertreten für seinen Zug aus der Affäre zu antworten: "Ich werde verschwinden."

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