„Die Kinder von Marx und Coca-Cola“ – diese berühmt gewordene Generationenbeschreibung wird etwa zur Hälfte von „Masculin Feminin“ mit dem Hinweis „wie der Film eigentlich heißen müsste“ als Texttafel einmontiert. Sie kann als (inhaltliches) Motto für das gesamte „frühe“ Werk Godards (bis 1968) angesehen werden, liefert zumindest aber für diesen Film eine mehr als treffende Leitformel und dies – wie zu sehen sein wird – sowohl auf inhaltlich-diskursiver als auch auf formal-ästhetischer Ebene.
„Die Kinder von Marx und Coca-Cola“ – nie in der Geschichte waren Politik und Pop so nah beieinander, so eng miteinander verzahnt wie in den 60er Jahren – Revoluzzer und linke Politiker (von Ho Chi-Min über Ché bis Dutschke) wurden wie Popstars verehrt, auf der anderen Seite waren die Auftritte von populären Bands wie den Beatles oder den Stones immer auch ein politisches Event, ein Anlass für die „Jungen“, gegen die „Alten“ aufzubegehren. In genau dieser Sphäre – im Zentrum der Verschmelzung von Popkultur und Politik (Paris 1965) – legt Godard seinen Film an. Er beschreibt einen kurzen Abschnitt der Lebens- (und Liebes-)geschichte des 21-jährigen Paul, welcher als Mitglied der ersten „richtigen“ Nachkriegs-Generation auf der Suche nach der eigenen Identität heimatlos umherirrt und zwischen Oberflächenkultur und Philosophie, zwischen konservativen Verhaltensformen und freier Liebe, zwischen radikaler Aktion und misslingender Kommunikation wundervoll unbeholfen nach Leitwerten für das eigene Leben sucht.
Es ist klar, dass eigentlich die Jugendlichen im Deutschland der 60er Jahre die weltweit größten Probleme mit ihrer Elterngeneration haben mussten, hatte diese doch den Nationalsozialismus erst ermöglicht und vertrat nun zu großen Teilen eine geheuchelte „Wir-haben-nichts-gewusst“-Mentalität. In Godards Frankreich hätte man sich ja eigentlich als Nachwuchs des „politischen und „moralischen“ Siegers des zweiten Weltkriegs entspannt zurücklehnen können – es wäre der einfachere Weg gewesen. Doch wie überall in der Welt begannen auch (und besonders!) in Paris die Jungen, nach den Kriegsverbrechen der Alten zu fragen, empfanden auch hier die Jugendlichen konservative überlieferte Werte wie Ordnung, Sauberkeit, Disziplin, Autorität und das Verbot jeglicher Abweichung zunehmend als erdrückendend. Sie entlarvten den verlogenen Versuch der Eltern, nach dem Chaos des Krieges einen gesellschaftlichen Normalzustand zu erzwingen – auf Kosten einer freien Entfaltung des Selbst, auf Kosten von individuellen Denk- und Lebensformen! Den Gipfel einer verlogenen Doppelmoral stellte für viele junge Menschen dieser Zeit der Vietnam-Krieg dar, welcher von Frankreich mit-inszeniert worden war und sowohl Mitte der 60er auf den Straßen der Welt als auch im Film „Masculin Feminin“ den Aufhänger für eine sich radikalisierende Jugend bildet.
Es ist nun wirklich absolut faszinierend und für die Generation zwischen Marx und Coca-Cola äußerst bezeichnend, dem jungen Jean-Pierre Léaud (Paul) dabei zuzusehen, wie er – als Spross einer bürgerlichen Familie – versucht, in diesem ideologischen Wirrwarr klar zu kommen.
Generationscharakteristisch ist hierbei zunächst der Bruch mit den Eltern – man sieht Paul im gesamten Film nicht „zu Hause“, er verfügt – idealtypisch – über keinen domestizierten Werte- und Identitätssbereich, er bewegt sich also nicht nur räumlich stets außerhalb eines Nestes, einer Heimatbasis, auch ideell hat er alle einengenden und bedrückenden Wurzeln abgeschlagen, er hat sich von seinem autoritären bürgerlichen Identitätshorizont, welcher durch das „zu Hause“ gleichzeitig bestimmt und dargestellt wird, komplett verabschiedet. Wie Belmondo in „Außer Atem“ irrt er als „doppelt Heimatloser“ durch die öffentlichen Plätze seiner Stadt, das Eigenheim als Chiffre festgefahrener Identitätsangebote weicht einer totalen ideellen Freiheit (Interessant hier auch der Vergleich mit Truffaut, welcher das Verhältnis zwischen Zuhause als Ort der Beklemmung und freisetzender Flucht etwa im großartigen „Antoine Doinel“-Zyklus – natürlich ebenfalls mit Léaud! – ausformuliert!)
Doch während etwa in „Außer Atem“ diese neue, undomestizierte „Freiheit“ eher existenzialistisch-philosophisch verhandelt wird, geht Godard in „Masculin Feminin“ mit der Zeit und eröffnet seinem Helden – immer im Schatten des Vietnamkriegs – eine politische Dimension. So zitiert Paul Marx und Adorno, betreibt soziologische Studien, beteiligt sich an Protestaktionen, diskutiert über Kapital und Sozialismus. Er orientiert sich also auf der Suche nach neuen, freisetzenden Werten an den Idealen, Verhaltensformen und politischen Einschätzungen der Pariser Studenten- und Intellektuellenbewegung, welche dann später als die „68er“ in die Geschichtsbücher eingehen sollte.
Dennoch, trotz alldem: Paul ist weder Arbeiter (den es ja damals zu „befreien“ galt!), noch wirklicher Aktivist mit Leib und Seele, er steht mit seiner bürgerlichen Herkunft – wie so viele seiner Generation – irgendwo „dazwischen“. Wie seine einzelnen Stationen in der Stadt Paris als Zwischenräume, Übergangsstationen angesehen werden können, bleibt auch Paul ein unbeholfen Suchender, einer der verunsichert ist und ausprobiert, der aber nie ankommt, nie eine neue Heimat findet. Es ist toll, wie Godard ihn einerseits linke Kampf-Parolen an Wände, Spiegel und Fahrzeuge schmieren lässt (er steht für die Sache, ist aktiv!), komplizierte politische oder philosophische Diskurse aber abgelesen werden müssen (so richtig kapiert hat er es wohl nicht!). Paul schafft es auf der einen Seite souverän, das „Girl 19“ – eine Probandin für seine soziologischen Studien – als uninteressiertes Dummchen dastehen zu lassen, wirkt während der Episoden mit seiner verehrten Madeleine (Chantal Goya) aber fast schon lächerlich hilflos, wenn er wiederholt (erfolglos!) versucht, sich „modern“ und „cool“ eine Zigarette in den Mund zu schnippen, gleichzeitig aber aus lauter Unsicherheit in konservativ-reaktionäre Kommunikationsmuster zurückfällt (er benutzt etwa die bürgerliche Anrede „Sie“ statt „Du“). Die Kommunikation zwischen Mann und Frau misslingt in „Masculin Feminin“ völlig (etwa abzulesen an der gebetsmühlenartigen Wiederholung von Gesprächselementen wie „Gehen Sie gerne mit einem Mann aus?“), und dennoch finden Paul und Madeleine für eine prekäre Beziehung zusammen – gerade in einer Generation, die so hilflos auf der Suche nach „neuen“ Werten ist, scheint eine Liebe „am seidenen Faden“ als Identitätsstifter immer noch besser zu sein als ein bloßes Drifter-Dasein... zusammen ist man halt weniger allein!
Die Geschichte von Paul ist somit die (für die bürgerlich-linke Jugend dieser Zeit) idealtypische Geschichte einer problematischen Adoleszenz: man distanziert sich von den Alten und redet über Kapitalismus und den Vietnamkrieg, ist aber nicht entschlossen genug, um den großen Umsturz zu wagen, man träumt von Emanzipation und Freiheit, wird in zwischenmenschlichen Beziehungen aber immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen und verliert seine Selbstsicherheit, die Liebe verspricht Identität, muss im Endeffekt aber am eigenen Anspruch scheitern. Godard problematisiert somit ein Stückweit eine Generation, die sich nur ein paar Jahre später ideologisch noch weiter radikalisieren wird, er stellt diese allerdings nicht bloß, fühlt er sich ihr doch prinzipiell zugehörig.
Dass der popkulturelle Diskurs (Nennung von Johnny Halliday, Bob Dylan, James Bond und vielen mehr, Aufstieg von Madeleine zum Pop-Sternchen, Besuch von Diskotheken und Kinos etc.) sich in „Masculin Feminin“ so eigenartig mit den politischen Implikationen verwebt, ist – wie bereits angedeutet – ebenfalls ein Zeichen der damaligen Zeit. Obwohl die heranwachsende Protestbewegung absolut anti-amerikanisch eingestellt war, bestimmten doch immer noch amerikanische Marken wie Coca-Cola und Pepsi oder amerikanische Musik- und Filmstile die Ästhetik dieser Generation. „Coole“ Selbststilisierung und Oberflächenästhetik widersprachen im Paris 1965 (noch) keineswegs Marx, Ché oder Adorno, welche ja selbst wiederum zu Marken stilisiert wurden – Politik war halt irgendwie genauso „Pop“ (populär) wie Coca-Cola, große Unterschiede wurden da nicht gemacht. (wie gesagt: Godard beschreibt hier nicht die radikalen Ausläufer der Generation, sondern eher einen bürgerlich sozialisierten linken Mainstream...)
Doch welche Geschichte erzählt Godard überhaupt? Ist es überhaupt eine richtige „Geschichte“? Ich würde sagen: „jein“. Natürlich gibt es einen narrativen Bogen, ein lineares Erzählkonzept: die Liebesbeziehung zwischen Paul und Madeleine. Doch dieses übergeordnete Narrativ ist wohl nicht mehr als ein bloßer, ein schwacher Rahmen für die im Titel bereits angekündigten 15 Szenen, welche mehr oder weniger assoziativ und nicht wirklich kausal aneinander gereiht sind. Godard möchte hier keine starke Erzählung entwerfen, die einzelnen Szenen sind vielmehr Versuchsräume, Kommunikationsanordnungen, jede für sich zu verstehen und zu analysieren und nur durch die Zwischeneinblendungen und ein schwaches Muster der Liebesgeschichte zusammengehalten. Jede einzelne Szene mutet wie ein Experiment an, wie eine akademische Studie über Beziehungen und menschliches Verhalten unter bestimmten Bedingungen, vor allem aber auch über (misslingende) Dialoge, über das prekäre situative Zusammenspiel von Identitätssuche, Ideologie und Kommunikation. Und wie immer bricht Godard auch diese einzelnen Szenen noch einmal durch formelle Experimente und Spielereien wie Stimmen aus dem Off, die nicht zum Gezeigten passen, Jump Cuts, ungewöhnlich gefilmte Dialoge (wie etwa schon bei „Die Geschichte der Nana S.“), eingespielte Gewehrschuss-Geräusche, Zitatfetzen und so weiter. „Masculin Feminin“ ist somit als großes Mosaik zu verstehen, in dem größere Komplexe (die 15 Szenen) wieder aus kleineren Fragmenten und Zitaten bestehen und die Technik des „Sampling“ allgegenwärtig ist: Godard nimmt Fetzen aus Philosophie und Politik, aus Popkultur, Filmtheorie und Psychologie, aus Gegenwartskultur und klassischer Literatur, er zitiert alles von Bach über France Gall bis Guy de Maupassant und erschafft somit einen postmodernen Zitatekosmos, der durch seine ungeheure Fülle an Diskursen und Sinnangeboten nicht nur die ideelle Orientierungssituation Pauls reflektiert, sondern ebenfalls – in seiner formellen Ausrichtung – selbst ein Stück Popkultur ist, indem es eben diese darstellt. So kann man natürlich die Liebesgeschichte verfolgen, wird allerdings bei etwas genauerer Betrachtung nicht um die Erkenntnis herumkommen, dass dieser Film eher ein gewollt sperriger Fragmente-Sampler ist als die klassische lineare Fabel. Nur so scheint es dem Regisseur möglich gewesen zu sein, den „Zeitgeist“ seiner Generation wiederzugeben!
Darüber hinaus gilt: immer wieder wird dem Zuschauer von „Masculin Feminin“ die Künstlichkeit dieses Films, sein Charakter als artifizielles Produkt vor Augen geführt, immer wieder wird die (ohnehin schon gewollt schwache) Erzählung durch Zwischentafeln oder Kommentare gebrochen, immer wieder ragt die Stimme oder der Text eines impliziten Autors / impliziten Regisseurs kommentierend oder ironisierend aus dem Zitatereigen heraus, der Zuschauer hat gar nicht die Chance, sich in Paul oder Madeleine hinein zu versetzen, da er stets daran erinnert wird, nur ein Stück Fiktion, ein Kunstprodukt zu sehen. Der illusorische, mimetische Charakter von Kino wird (wie so oft von Godard) negiert und somit natürlich auch das Medium Film als semiotisches System auf einer Meta-Ebene verhandelt. Dass sich Godard durch diesen Zug in die Nähe des Brechtschen Theaters und dessen Verfremdungseffekt bewegt, macht die „politische“ Dimension des Films deutlich – durch Einwürfe aus dem Off und eingeblendete gesellschaftliche Reflexionen reißt Godard den Zuschauer aus der Handlung heraus, spricht ihn gewissermaßen direkt an und zwingt ihn selbst zum Nachdenken über die verhandelten Diskurse. Alles in allem also mal wieder ein echter Kopf-Film von Godard, welcher jedoch durch die eingewebte Pop-Ästhetik stets auch überraschend Auflockerung erfährt – Marx UND Coca-Cola eben!
Weitere „starke“ Effekte, die den Zuschauer aus seiner lethargischen Passivität herausreißen, sind die plötzlich und ohne narrative Kausalität in den Film eingefügten Szenen des Mordens und des Sterbens oder das Einspielen von Gewehrschüssen aus dem Off, ohne dass diese mit dem Gezeigten korrespondierten. In vielen Filmen „schockiert“ Godard den Zuschauer mit dem plötzlich hineinbrechenden Tod, was stets auch in Zusammenhang mit der Verhandlung existentialistischer Philosophie zu lesen ist. In „Masculin feminin“ verquickt sich diese Motivation allerdings zusätzlich mit der Erfahrung des Vietnamkriegs und der Einsicht, dass auf französisches Geheiß jede Sekunde sinnloses Morden im Kriegsgebiet stattfindet (Das Motiv des Das-Blutbad-nach-Hause-holens wurde ein paar Jahre später dann von Regisseuren wie George Romero, Wes Craven oder Tobe Hooper in Amerika „perfektioniert“). Auch durch diese Szenen wird der Zuschauer also in die Reflexion, in den Diskurs gezwungen, selbst wenn im Anschluss wieder eine amüsante Diskotheken-Episode folgt oder die Bardot als sie selbst auftaucht... eine teilweise provokante Mischung aus Pop und Politik – doch es funktioniert!
Doch warum nun doch dieser Mann-Frau-Titel: „Masculin Feminin“? Warum dann nicht gleich „Marx und Coca-Cola“? Zuerst sollte gesagt werden, dass Godard keinesfalls irgendwelche geschlechterspezifischen Identitätsfragen aufwirft oder gar eine Art Gender-Diskurs vorwegnimmt. Dieser Film verhandelt zwar die (problematische) Kommunikation zwischen Mann und Frau, hält sich – bis auf einige Ausnahmen (etwa die recht moderne Mädels-WG oder das Selbstbewusstsein Madeleines gegenüber der Unsicherheit Pauls) mit herausfordernden Statements über das Frau- oder Mannsein als solches allerdings noch einigermaßen zurück.
Natürlich ist eins klar: das Verhältnis von Paul und Madeleine, von Männern und Frauen überhaupt, bildet das narrative Gerüst für „Masculin Feminin“, die zahlreichen Dialogszenen Mann vs. Frau bestimmen das Erzähltempo, halten die einzelnen Episoden zusammen und nur über die im Film entfaltete Beziehungsgeschichte kann man prinzipiell überhaupt noch von einem zusammenhängenden Film im traditionellen Sinne sprechen (wenn man das denn überhaupt will!). Und dennoch – für sich allein genommen und ohne den oben verhandelten Generationendiskurs wäre die Mann/Frau-Sache in diesem und anderen Godard-Filmen doch reichlich oberflächlich und fast schon banal – irgendeine Liebesgeschichte halt, noch nicht einmal mit echtem psychologischem Tiefgang, dafür aber – auch das ist Godard-typisch – sehr schwungvoll, ästhetisch und zwischendurch mit einer seltsamen ironischen Leichtigkeit inszeniert! Auch auf „hermeneutischer“ Ebene scheint eine Spezialität Godards also zu dieser Zeit gewissermaßen die Vorwegnahme von Leslie Fiedlers berühmter Pop-Forderung „Cross the border! Close the gap!“ gewesen zu sein: Auf der einen Seite strenge und sperrige Diskursivierung, echtes Hochkultur-E-Kino mit systematisch zu erschließendem Tiefgang; auf der anderen Seite dann doch eine Art Scheinwelt der bloßen Unterhaltung: Bubblegum-Cinema von einer poppigen Ästhetik, viel Zeitkolorit, Disko-Flirterei, Popmusik. Dazu (wie in diesem Fall) eine eingängige und nicht allzu anstrengende Liebesgeschichte ohne hermeneutisch zu erschließende Tiefenstruktur. Gewissermaßen also für jeden was dabei: an der Oberfläche „scheint“ die Liebesgeschichte, darunter sind tausende Ansatzpunkte zu entdecken, die je nach Perspektive von akademischen Besserwissern hinaus- bzw. hineingelesen werden dürfen (und eigentlich auch müssen!)
Aufgrund der meiner Meinung nach in der Filmgeschichte einmaligen Vielfalt an verschiedensten einfach oder kompliziert herauszuinterpretierenden Diskursen zeitgeschichtlicher, ästhetischer, kulturtheoretischer oder welcher Natur auch immer kann Godard als Jahrhundert-Regisseur (was auch immer das genau heißen mag) bezeichnet werden. Auch ich konnte natürlich in diesem doch jetzt schon ziemlich ausgeuferten Essay nicht annähernd die thematische Fülle von „Masculin Feminin“ erfassen. Dass dieser Film gleichzeitig noch eine unschuldig-oberflächlich anmutende, doch natürlich trügerische (und spätestens durch die Gewaltszenen und Godards Tricksereien endgültig gebrochene) Liebesgeschichte erzählt, erklärt zumindest den Titel (wenn man einen Filmtitel programmatisch gewissermaßen als „die“ Oberfläche schlechthin liest): wer Oberfläche will, also auf den Titel hört, bekommt Oberfläche (muss dann aber zugegebenermaßen schon ziemlich blind für den Rest sein wollen!), wer in die Tiefe will, liest besser die Zwischentafeln.
Solch ironisches Hin- und Herschalten zwischen lockerem Schein und brutalem Statement waren für Godard zur Entstehungszeit dieses Films natürlich noch möglich. Nur gut zwei Jahre später – im Mai 1968 – wurden viele gesellschaftsdystopische Visionen des Regisseurs dann leider bittere Realität, aus popkulturell-politischen Spielereien wurde bitterer Ernst und es überrascht nicht, dass gerade er und Jean-Pierre Léaud als Ikonen im Kampf gegen eine Gesellschaft auftraten, welche von ihrer berühmten Generation als immer restriktiver werdend empfunden wurde. Als Dokument der Zeit „vor“ der endgültigen Radikalisierung der jungen Intellektuellen ist „Masculin Feminin“ auf allen Ebenen grandios!