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Hape Kerkling ist, ohne Frage, einer der bedeutendsten deutschen Entertainer unserer Zeit. Schon in seinen Beginnen trumpfte er mit teils genialer Comedy auf, die durchaus auch einen gewissen Zynismus und Tiefgang in sich barg. So führte er versnobte Kunstliebhaber mit seinem "Hurz"-Song an der Nase herum oder traute sich, die niederländische Königin Beatrix vorzuführen, in dem er kurzerhand selbst als Beatrix verkleidet, zu einem Staatsbesuch fährt. Ja, wo Hape draufsteht ist durchaus Gold drin, auch wenn Flops wie "Cheese" nicht ausgeschlossen waren. In letzter Zeit macht er nun vor allem als schmieriger Horst Schlämmer von sich reden, einem mitunter gar fürchterlichen Spiegelbild der deutschen Gesellschaft. Beliebter wie nie zuvor, ist Schlämmer aber nicht wirklich der Höhepunkt von Kerkelings Karriere, sondern nur ein weiterer guter Charakter, in seiner neckigen Ego-Sammlung. Doch wer die Massen so begeistert, muss auch irgendwann mal einen Film machen. Und hier ist nun der offizielle Schlämmer Film, der zwar sein Potenzial nicht komplett ausschöpft, für einen illustren Abend aber doch recht gut zu gebrauchen ist.

Kerkeling ist also nun 90 Minuten lang Schlämmer, wie er leibt und lebt. Der Horst hat nämlich die Schnauze gestrichen voll von seinem Job und will zu Höherem hinaus. Als er eines Tages die Grevenbroicher Bürgermeisterkandidatin zu einem eigentlich völlig anderen Thema interviewt, keimt ihn ihm der Gedanke ganz nach vorne zu preschen und eine Partei zu gründen, mit der es Deutschland besser gehen soll. Und wenn man schon mal dabei ist, warum nicht gleich als Bundeskanzler kandidieren? Hilfe ersucht sich Schlämmer dabei von allerhand echten Politikern, die ihn zu der Erkenntnis bringen, dass das doch alles gar nicht so leicht ist. Aber Schlämmer gibt nicht auf und seine Grevenbroicher helfen ihm dabei... Die Story birgt alles in allem wirklich erstaunlich viel Potenzial für eine gute Satire, denn wer Schlämmer kennt der weiß, was die völlige Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und des Wirkens auf andere Menschen bedeutet und so passt alles soweit, wenn Kerkeling seinen wilden Mix aus Spielszenen und realen Szenen den Zuschauern präsentiert. Auch wenn es in dem Allerlei trotzdem so einige störende Elemente gibt, auf die ich noch zu sprechen komme, so muss man das Grundgerüst definitiv als gelungen bezeichnen.

Und so dürfen wir nun also zusehen und uns amüsieren, wenn Kerkeling als Schlämmer nicht nur alle möglichen Politiker an der Nase herumführt, sondern auch nicht wenige Passanten auf den Leim schickt. Dabei klappt die Mischung aus realem und gespieltem bzw. gefaktem Inhalt mitunter so gut, dass man sich manchmal wirklich fragen muss, ob das eben gezeigte nun in das eine oder doch das andere Lager gehört. Die teils äußerst auffälligen Brüche, in so manch anderem Film dieser Art, umschiffen Kerkeling und sein Regisseur und Lebenspartner Angelo Colagrossi jedenfalls äußerst geschickt, auch wenn die Qualitäten des Films fast deutlich nur in einem dieser beiden Lagern angesiedelt ist.

Denn die wirklich gelungenen Sache sind eigentlich nahezu durchgängig im nicht gespielten Handlungsbereich zu finden. Wenn Schlämmer sich z. Bsp. von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers erklären läßt, wie eine Partei aufgebaut werden muss, wenn er den Chef der "Kommunistischen Partei Mitteldeutschland" versucht auf den Zahn zu fühlen, nur um später zu merken, das KPM eigentlich für Königliche-Porzellan-Manufaktur steht, oder sich Schlämmer mit einem FDP-Politiker auf einer Hollywood-Schaukel unterhält, diese leicht zu wippen anfängt, und der Politiker daraufhin anfängt konfuse Sachen von sich zu geben, dann ist Schlämmer in seinem Element und seine Fans lachen sich schief. Dazu zwei für die HSP werbende Passanten auf der Straße, die Schlämmer versehentlich als Polen einräumt, obwohl sie doch nur Sachsen sind, eine Frau am HSP-Stand, die der Meinung ist, dass erst einmal ein Anti-Korruptionsgesetz für Politiker eingeführt werden müsste und so manch treu-doofer Mensch auf der Straße mehr. Wenn Kerkeling den Schlämmer präsentiert, wie man ihn aus Sendungen wie z. Bsp. "Hape trifft" kennt, dann gibt es wirklich allerhand witziges an Material zu sehen und dieses überwiegt glücklicherweise.

Vor allem auch deshalb, weil Schlämmer teils deutlich den (Zerr-)Spiegel raus holt und ihnen den Zuschauer vors Gesicht hält. Die Satire hinter all dem Treiben ist deutlich sichtbar und in seiner sanften Art auch recht gelungen. Wer jedoch eine wirklich bissige Satire erwartet, vielleicht sogar eine, die den Spiegel im Nachgang zerschlägt, der wird dann doch enttäuscht sein. Denn an die Bösartigkeit eines "Borats" oder "Brünos" kommt Schlämmer zu keinem Moment ran, was auch schon an der FSK 0-Freigabe zu erkennen ist. Auch wenn Kerkeling durchaus mit Schmackes so ziemlich alles durch den Kakao zieht, was irgendwo in die Richtung Politik und Wahl geht, dass sich jemand danach wirklich auf den Schlips getreten fühlt, dürfte sicher nicht oder nur selten vorkommen. Dafür bleibt das Treiben dann, trotz manch deftigem Gag (vor allem die Z-Promi-Runde für Schlämmer, bei der sich "Promis" wie Kader Loth oder Gunter Gabriel böse zum Äppel machen, sei da erwähnt), eben leider doch zu brav. Kerkeling ist schon immer einer der nicht wirklich weh tun möchte und das ist, zumindest bei seinem Schlämmerfilm, nicht immer ganz die gelungene Entscheidung. Positiver Nebeneffekt jedoch: der völlig unnötige Fäkalhumor eines "Borats" bleibt einem hier erspart.

Ebenfalls als eher misslungen müssen zudem die reinen Handlungsspielszenen bezeichnet werden, zumindest im größten Teil. Mag die Kneipenrunde von Schlämmer noch recht amüsant sein, inkl. seiner Gisela, so ist z. Bsp. der Handlungsstrang mit Alexandra Kamp höllisch misslungen und absolut nicht zu gebrauchen. Das sie sich als machthungrige Schnepfe, die Schlämmers First Lady werden möchte, selbst auf die Schippe nimmt, mag man ihr in keinster Weise abnehmen und die Sexszene mit Horst ist einfach nur nervig und peinlich. Auch die Wahlauftritte zum Ende des Films sind eher von unnützer Natur, sieht man vielleicht einmal vom knackigen Schlager der Uschi Blum ab. Und wenn Kerkeling die Politiker, welche er nicht vor die Kamera kriegen konnte, als da wären Angela Merkel, Ronals Profalla und Ulla Schmidt, nachäfft, dann sagt man sich auch, dass dies schon einmal besser geklappt hat. Selbst wenn das Merkel-Spiel trotzdem noch irgendwie Laune macht. Alles in allem geht es Hape somit hier, wie Hr. Cohen bei seinen Filmen: die gespielten Filmhandlungszenen hätten, teils wesentlich, besser aussehen können.

Fazit: Auch wenn Kerkeling sein Schlämmer-Potenzial nur unzureichend ausreizt, der Satire irgendwo der nötige Biss fehlt und die gespielten Handlungszenen teil fern jeder sonstigen Kerkelingschen Qualität sind, wer über Hapes momentanes Alter Ego Horst Schlämmer noch immer lachen kann, der sitzt bei "Isch Kandidiere" definitiv nicht im falschen Kino. Dafür sind die (teils echten, teils gefakten) Politiker-Interviews mitunter zu komisch und Schlämmers ständiges "Finger auf die Wunde legen" verfehlt seine Wirkung nicht, selbst wenns im Endeffekt auch nicht wirklich jemanden wehtut. Ein ständiges Kichern und Lachen ist für Fans der Figur jedenfalls garantiert, so dass sich all die negativen Dinge des Films dann im Endeffekt doch ausreichend übersehen lassen, um "Isch Kandidiere" als wahren Schlämmerfilm anzuerkennen. Nur sollte man hoffen, dass es der einzige Schlämmer-Film bleibt und das sich Kerkeling nach der Wahl dann von dem Ekel vielleicht doch endlich einmal verabschiedet. Bis dahin aber weisste Bescheeidd...

Wertung: 7/10 Punkte

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