Jonathan Demme schuf mit „Das Schweigen der Lämner“ vollkommen unerwartet einen Klassiker, nachdem Michael Mann mit seiner Thomas Harris Adaption „Manhunter“ eine kommerzielle Bauchlandung erlebt hatte.
Die junge, angehende FBI-Agentin Clarice Starling (Jodie Foster) ist ein Karrieregirl deluxe, für Privatleben ist kaum Zeit, obwohl einige Männer aus ihrem Umfeld Interesse an ihr zeigen. Doch Clarice übt und lernt bis zur Vergasung, weshalb ihr Vorgesetzter Jack Crawford (Scott Glenn) bei der Jagd auf den Psychopathen Buffalo Bill hinzuzieht. Natürlich wissen wir spätestens seit Doktor Freud, dass solcher Ehrgeiz und man ist schon gespannt, was wohl Clarice’ Geheimnisse sind.
Anfangs wird Clarice jedoch nicht gesagt, dass sie den Psychopathen Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) wegen möglicher Verbindungen zu dem Serienkiller Buffalo Bill befragen soll, sondern erzählt ihr, sie solle ein psychologisches Gutachten erstellen. Hannibal ist ein ruhiger, kultivierter Ex-Psychiater, dem man seine wahre Natur, nämlich die eines Menschenfressers, trotzdem stets unterschwellig anmerkt. Mit seiner fast schon sanften Art zieht er sein gesamtes Umfeld, auch Clarice, direkt in seinen Bann.
Hannibal ist von Clarice fasziniert und lässt sich daher darauf ein bei der Suche zu helfen – jedoch will er dafür auch Clarice’ Geheimnisse erfahren. Clarice lässt sich auf den Deal ein, doch wie weit kann man dem Psychopathen trauen?
„Das Schweigen der Lämmer“ ist ein wirklich spannender Serienkillerfilm, der vor allem durch die Inszenierung und die Charaktere zu überzeugen weiß. Jonathan Demme setzt seinen Film sehr stilvoll in Szene und versteht es mit wohldosierten, nie übertriebenen Schockszenen (Bills Werkstatt, die Tanzszene, Lecters Gewaltausbrüche usw.) den Zuschauer in die richtige, leicht unheimliche Stimmung zu bringen.
Zudem sind die Charaktere sehr eingängig. Lecter und seine Motivationen bleiben stets nebulös, nie weiß man so genau, was er insgeheim plant. Etwas mehr Informationen über seine Vorgeschichte wären zwar nett gewesen, aber nicht zwingend nötig. Auf der anderen Seite Clarice mit ihren Geheimnissen, die der Zuschauer ebenso gerne wie Lecter wissen will. So fördert Lecter interessante Informationen zutage, die nicht nur den Charakter runder machen, sondern auch den Filmtitel erklären.
Leider kann „Das Schweigen der Lämmer“ im Bereich Story nicht ganz so groß auftrumpfen wie in den Bereichen Story und Charakter, da die Jagd auf Buffalo Bill sekundär, ja teilweise sogar etwas lustlos gemacht ist. Dies merkt man vor allem am Showdown, der zwar durchaus spannend in Szene gesetzt wurde und mit menschlichen Urängsten spielt, aber mit derben Klischees daherkommt. Da will der Psychopath lieber mit dem Opfer spielen anstatt es direkt umzubringen und begeht den üblichen Fieslingsfehler den Revolver nicht vorher zu spannen – das ist Blödheit und die wird manchmal eben doch bestraft.
Doch schlecht ist die Story trotz dieses kleinen Mankos nicht, da der Film die gesamte Laufzeit über fesselt und das trotz des eher gemächlichen Tempos. Kleine Spannungshöhepunkte wie der Ausbruch sorgen für Nervenkitzel und die Ermittlungen gestalten sich als spannend, zumal der Film eine bittere Ironie mit sich bringt: Nicht die (scheinbar) expliziten Hinweise Lecters auf den Täter bringen das FBI weiter, sondern seine Erklärungen, wie der Psychopath denkt, verhelfen zum finalen Durchbruch. Stellenweise muss das Script zwar wieder Freund Zufall zu Hilfe holen, doch glücklicherweise wirkt die Geschichte nicht allzu konstruiert.
Anthony Hopkins und Jodie Foster spielen die Hauptrollen wirklich brillant und verleihen ihren Charakteren so richtig Profil, doch die beiden werden von einer wunderbaren Supportcast unterstützt. Scott Glenn erweist sich mal wieder als famoser Nebendarsteller Hollywoods, dem man viel zu selten große Rollen gibt, und Ted Levine gibt einen ordentlichen Serienkiller ab. Anthony Heald als Psychiater kommt etwas klischeehaft daher, aber das stört nicht wirklich.
„Das Schweigen der Lämmer“ ist ein wirklich spannender Thriller, der vor allem durch das Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren punktet. Da verzeiht man auch die Tatsache, dass der eigentlichen Tätersuche deutlich weniger Aufmerksamkeit als den Charakteren gewidmet wird.