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Anders als ein Frauen-Strip, der schon in unzähligen Filmen zur Hintergrund-Atmosphäre genutzt wurde - egal ob verrucht oder gepflegt erotisch - sorgt ein Männer-Strip immer noch für Gesprächsstoff. Wenn Regisseur Steven Soderbergh seine Handlung inmitten einer solchen Männergruppe spielen lässt, war ihm bewusst, das die Auftritte der Protagonisten und ihr Muskelspiel vor einem weiblichen Publikum, die Story in den Hintergrund zu drängen drohte.

Und die Männer um ihren Boss Dallas (Matthew McConaughey) machen ihre Sache sehr gut, zeigen gut trainierte Körper, erotisch provokante Bewegungen und Rollenspiele, in die sie die Frauen mit einbeziehen. An dem Charakter dieser Shows wird deutlich, wie unterschiedlich die Rolle eines männlichen Strippers zu einem weiblichen ist. Auch die Männer legen es vordergründig darauf an, Geld zu verdienen, das weniger über den Eintritt als über die zugesteckten Dollarnoten während eines Auftritts hereinkommt, aber ihnen geht es zusätzlich noch um ihren persönlichen Spaß nach der Show, wenn sie mit ein paar attraktiven Zuschauerinnen privat weiter feiern. Oder wie es der Newcomer Eddie (Alex Pettyfer) formuliert - richtig Geld verdienen und vögeln, so viel wie man will, ein Traumjob!

Während weibliche Stripper fast immer passive Lustobjekte bleiben, ist die Position eines Mannes vielfältiger. Zwar bedient er auch voyeuristische und andere sexuelle Neigungen, profitiert aber gleichzeitig aktiv davon, ohne der Prostitution verdächtigt zu werden. Entsprechend offen geht auch Mike (Channing Tatum) mit diesem Job um, den er als "Magic Mike" schon seit einigen Jahren erfolgreich betreibt. Als er Eddie abends an einer Discothek trifft - er hatte ihn am selben Tag auf der Baustelle kennengelernt, wo dieser ihm als Hilfsarbeiter bei Dachdeckerarbeiten zugeteilt war - macht er ihn gleich mit seiner profitabelsten Tätigkeit bekannt. Und Eddie erweist sich als Naturtalent und wird von Dallas in die Truppe aufgenommen.

Die Beschreibung einer solchen Konstellation birgt die Gefahr in sich, diese in ihrer Oberflächlichkeit und Vergänglichkeit zu dramatisieren, um zu verdeutlichen, das der Einzelne auf Dauer daran scheitern wird. Soderbergh verschweigt diese Möglichkeit nicht, aber ihm dient das Extrem des Männer-Strips vor allem dazu, den us-amerikanischen Alltag in einer Normalität zu schildern, wie er selten im amerikanischen Film zu sehen ist. Das wird schon zu Beginn sichtbar, als Mike Eddie von der Baustelle nach Hause bringt, weil dessen Auto defekt war. Als Eddie das Instrumentenbrett in seinem SUV berührt, bittet Mike ihn, das zu unterlassen, obwohl er noch nicht einmal die Schutzfolie entfernt hatte.

In der Figur des Mike verbinden sich die scheinbare Exaltiertheit eines Strippers, für den ein nächtlicher Dreier Alltag ist, mit der Bürgerlichkeit eines strebsamen, praktisch veranlagten Menschen, der für eine eigene Firma sein Geld zurück legt. Um ihn herum entwickelt Soderbergh einen amerikanischen Alltag, der von einfachen Dialogen geprägt ist und die Wertigkeit von Freundschaft, Beruf und der jeweiligen Position in der Gesellschaft verdeutlicht. Für Dallas ist seine Männer-Gruppe ein Beruf, den er mit einer Professionalität betreibt, die zwar Wert auf ein kameradschaftliches Miteinander legt, in der aber Jeder ersetzbar bleibt, für den 20jährigen ungelernten Eddie bedeutet das Strippen einen gesellschaftlichen Aufstieg, den er mit seiner Naivität kaputt zu machen droht, als er sich auf Drogengeschäfte einlässt, und für Mike ist das Strippen nur ein Job von mehreren. Einfach der, bei dem er am meisten Geld verdient.

Doch durch die Begegnung mit Eddies älterer Schwester Brooke (Cody Horn) verändert sich diese Wertigkeit. Soderbergh lässt daraus ganz langsam eine Liebesgeschichte entstehen, wie sie unprätentiöser kaum vorstellbar ist. Die Krankenschwester Brooke hat ein offenes Wesen, aber auch eine klare Haltung, womit sie Mikes bürgerlichen Charakter anspricht, ihn aber gleichzeitig dazu bringt, seinen Job als Stripper zu hinterfragen. Das geschieht ohne psychologisierenden oder moralisierenden Gestus, sondern einfach als die Beschreibung einer Integrierung in einen Alltag, indem das Männer-Strippen, trotz seiner offensichtlich attraktiven Seiten, eine Außenseiter-Rolle einnimmt.

In vielen Hollywood-Filmen wird dem Betrachter heute ein universelles Weltbild gezeigt, oft zusätzlich abgehoben durch den Reichtum der Protagonisten. "Magic Mike" ist dagegen zutiefst us-amerikanisch, zeigt die Variabilität, aber auch die Oberflächlichkeit eines Alltags, der stark von der Meinung der Umgebung geprägt ist, und indem Freundschaften so schnell entstehen, wie sie wieder vorbei sind. Soderbergh beschreibt Mikes Versuch, darin Halt zu finden, ohne Wertung oder moralischen Zeigefinger, unterstützt von überzeugenden Darstellerleistungen - Tatum keineswegs nur auf der Bühne und McConaughey als er selbst - und nutzt die scheinbar aufregende Welt des Männerstrips für die Freiheit, eine alltägliche Geschichte erzählen zu können. (8/10)

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