Review

Staffel 1

Der Kalte Krieg ist im Angesicht ständig neuer Terrorbedrohungen inzwischen fast schon in Vergessenheit geraten. Dabei war er beinahe die gesamte zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts das die gesamte Weltpolitik bestimmende Konfliktszenario. Das teilweise durchaus aggressive Belauern der damaligen Supermächte UdSSR und USA nährte ein ums andere Mal die konkrete Angst vor einem dritten Weltkrieg und damit einer globalen Apokalypse.

Die TV-Serie „The Americans" versetzt uns genau in diese Zeit zurück, als es noch klare Feindbilder gab und hinter den Kulissen vor allem auf geheimdienstlicher Ebene mit allen nur erdenklichen Mitteln gekämpft wurde, um den verhassten Gegner ohne Krieg zu besiegen. Mit den frühen 1980er Jahren  - als mit Ronald Reagan ein strammer Antikommunist im Weißen Haus residierte - hat man sich dabei eine der heißesten Phasen des Kalten Krieges ausgesucht. Eine aus dramaturgischen Gründen durchaus clevere Entscheidung, da Reagan mit der unter Nixon und Ford praktizierten Entspannungspolitik offensiv brach und damit eine neue Eiszeit zwischen den beiden Machtblöcken einläutete. Reichlich Stoff für dramatische und bedrohliche Verwicklungen ist also vorhanden. Der beste Einfall der Macher rund um den ehemaligen CIA-Agenten Joe Weisberg ist aber definitiv, das in den USA angesiedelte Geschehen vornehmlich aus der Sicht der Gegenseite zu erzählen.

Die beiden KGB-Spione Elizabeth (Keri Russell) und Philip Jennings (Mathew Rhys) wurden Ende der 1960er Jahre in die USA eingeschleust und arbeiten seitdem als verdeckte Ermittler für die Sowjetunion. Als perfekte Tarnung dient ihnen nicht nur ein gemeinsam betriebenes Reisebüro, sondern vor allem ihre Familiensituation. So wurden die beiden nicht nur verheiratet, sondern haben inzwischen auch zwei Kinder bekommen, die als ganz normale Amerikaner aufwachsen und nichts vom Doppelleben ihrer Eltern ahnen. Durch die zunehmend aggressive Ausrichtung der Reagan-Administration wird ihr Spionageauftrag allerdings schlagartig gefährlicher und brisanter, was gleichzeitig die Gefahr ihrer Enttarnung spürbar erhöht. Als sich ihr neuer Nachbar Stan Beeman (Noah Emmerich) ausgerechnet als vornehmlich der Kommunismus-Bekämpfung im Inland widmender FBI-Agent entpuppt, ist es mit dem vergleichsweise beschaulichen Schläfer-Alltag der Jennings endgültig vorbei ...

Das sich daraus ergebende Katz-und-Maus-Spiel ist eine der Hauptstärken der Serie, zumal man durch eine enge Zusammenarbeit mit ehemaligen CIA-Angehörigen ein sehr glaubwürdiges und authentisches - wenn natürlich auch dramaturgisch verdichtetes - Bild der damaligen Geheimdienstarbeit geboten bekommt. Vor allem die häufigen Versuche beider Seiten diverse Geheimnisträger umzudrehen bzw. auszuspionieren, führen zu zahlreichen brenzligen Situationen, die immer wieder für Spannung und überraschende Wendungen sorgen.
Großen Spaß machen auch die verschiedenen Rollen in die Elizabeth und Philip schlüpfen, um ihren Infiltrations- und Informationsbeschaffungsaufträgen nachzukommen. Beide arbeiten wiederholt mit Perücken, Verkleidungen und falschen Identitäten und verändern damit immer wieder auf verblüffende Art ihre eigentlichen Persönlichkeiten. Dass dies so gut funktioniert liegt auch an den passend gecasteten Darstellern. Weder Keri Russell und noch viel weniger Matthew Rhys haben eine glamouröse oder extravagante Ausstrahlung und geben damit ein absolut glaubwürdiges Agenten-Paar ab, das darauf angewiesen ist, nicht aufzufallen.

Für Mütterchen Russland gehen sie dabei dennoch auch mit vollem Körpereinsatz zu Werke, was insbesondere ihr Privatleben verkompliziert. Denn „The Americans" ist keine reine Thriller-Serie, sondern legt den Fokus ein ums andre Mal auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten. So haben sich die beiden Zwangsverheirateten im Laufe der Jahre deutlich angenähert und vor allem Philip empfindet echte Zuneigung für Elizabeth. Die ist zwar tougher und linientreuer, kann sich aber auch immer weniger von den Gefühlen für ihre Familie abgrenzen. Für beide wird damit die Diskrepanz zwischen ihrer lebensbejahenden Gefühlswelt und dem tödlichen Vabanquespiel ihres Arbeitsalltags zu einem ausgewachsenen Dilemma.

„The Americans" funktioniert also auf vielen Ebenen und macht schließlich auch aus historischer Sicht einen überzeugenden Eindruck. Autos, Kleidung, Accessoires und Musik liefern im Verbund mit tagespolitischen Ereignissen eine durchweg stimmige 80er-Atmosphäre, die auch Zeitgenossen überzeugen dürfte. Einzig die etwas farbentsättigte Optik und das meist graue Wetter entsprechen nicht gerade dem Bild der bunt-poppigen 80er Jahre. Aber das kann ja noch kommen. Da der Kalte Krieg in Reagans Amtszeit mehrere heiße Phasen durchlief, darf man sich in den kommenden Staffeln (eine dritte wurde bereist in Auftrag gegeben) zumindest dramaturgisch auf ein buntes Treiben freuen.

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