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The Drop (Kurz und schmerzlos Teil 25)

Alles in „The Drop" scheint aus der Zeit gefallen. Setting, Figuren, Tempo, Plot könnten in jedem Jahrzehnt ab den 1970er Jahren angesiedelt sein, außer dem aktuellen. Das Brooklyn mit seinen verraucht, schummrigen, aber dennoch irgendwie heimeligen Bars. Die vom Zahn der Zeit deutlich angenagten Backsteinhäuser, die dennoch Wärme und Behaglichkeit vermitteln. Die vom kalten Februarwind und altem Laub durchfegten Straßen, auf denen man dem täglichen Leben mit einer entschleunigten Gelassenheit nachgeht. All dies atmet und verströmt eine authentische Atmosphäre, wie man sie im modernen Hollywoodkino nur noch ganz selten antrifft.

Hier lebt und arbeitet Bob Saginowski (Tom Hardy). Eine halbe Ewigkeit schon steht der introvertierte Einzelgänger nun schon hinter dem Tresen von „Cousin Marv´s Bar". Dieser Marv (James Gandolfini) ist tatsächlich sein Cousin, ansonsten verbindet die beiden Männer aber wenig. Einst war Marv eine große Nummer in seinem Viertel, zu gleichen Teilen gefürchtet und geachtet. Bis ihm die tschetschenische Mafia ein Angebot machte, das er nicht ablehnen konnte.
Diese feindliche Übernahme hat aus Marv einen vom Leben frustrierten Zyniker gemacht, aber auch einen Zyniker mit Rachegelüsten. Lange schon plant er den großen Coup gegen seine neuen Bosse. Und die Chancen stehen nicht schlecht. Seine Kneipe ist eine sogenannte „Drop Bar", also ein Ort an dem ganz kurzfristig angekündigt schmutziges Geld aus den Geschäften der Unterwelt für eine Nacht zwischen gelagert wird. Als der nächste Drop für den Abend des Super Bowl feststeht, beschließt Marv zuzuschlagen. Doch in seinem Plan gibt es eine Reihe von Unbekannten, nicht zuletzt Cousin Bob ...

Die große Stärke von „The Drop" ist neben der förmlich greifbaren atmosphärischen Dichte sein Hauptdarstellerduo. James Gandolfini spielt in seiner letzten Filmrolle prakisch spielend mit einer schier unglaublichen Intensität den brodelnden Gedemütigten, der all seinen Frust mit einem großen gewaltigen Schlag zu beseitigen versucht. Ein trauriger, aber auch verschlagener und angriffslustiger alter Bär.
Tom Hardy war seit seiner Glanzleistung in dem Kampfsportdrama „Warrior" nicht mehr so gut und steht Gandolfini in nichts nach. Der bullige Engländer macht das eigentlich sattsam bekannte Portrait des stillen Vulkans zu einem faszinierenden Psychogramm eines Mannes, bei dem man nie weiß, was er eigentlich denkt, oder zu was er eigentlich fähig ist. Er wirkt gleichermaßen sensibel wie eiskalt, unsicher wie furchtlos, gleichgültig wie mitfühlend. Man ahnt sofort, dass seine innige Zuneigung und fast kindliche Unbeholfenheit mit der er sich um einen in einer Mülltonne gefundenen Welpen kümmert, nicht die einzige Facetten seiner undurchsichtigen Persönlichkeit sind. Ähnliches gilt für seine tapsigen Annäherungsversuche gegenüber Nadia (Noomi Rapace), zumal als ihr brutaler Ex-Geliebter auftaucht, der sich obendrein als früherer Besitzer von Bobs Findelhund entpuppt.

All dies entwickelt sich in einem sehr gemächlichen Erzähltempo und ist gerade deshalb ungemein fesselnd, weil die stets latent vorhandene Spannung fast schon quälend langsam, aber kontinuierlich und unerbittlich gesteigert wird, bis sie sich am Super-Bowl-Sunday entlädt.  

Fazit:
Ungemein intensiv gespieltes Gangsterdrama, das mehr einer Milieustudie im Thrillergewand gleichkommt und seine nicht unerhebliche Spannung vornehmlich aus der Situation und den gegenseitigen Beziehungen der handelnden Figuren bezieht. Auf vordergründige Reize wird so gut wie gänzlich verzichtet, was die Sogwirkug der Handlung noch verstärkt.

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