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„Floppy Target - schlaffe Ziele"

Auch als schnell euphorisierter Sympathisant handfester B-Action, kommt man langsam aber sicher nicht umhin vorsichtig Konkurs anzumelden. Die güldene Ära des Genres ist seit geraumer Zeit - und ganz sicher aktuell - schlicht und ergreifend vorbei. Wir hatten wirklich eine Engelsgeduld mit unseren alten und vor allem rapide alternden Helden aus ungleich besseren Tagen. Je nach Sozialisation und persönlichem Geschmack bejubelten wir auch noch die müdesten Video-Premieren Jean-Claudes oder Stevens und weigerten uns standhaft, die immer kraftloser anmutenden und immer seltener eingestreuten Kampfeinlagen als das zu bezeichnen, was sie unverkennbar (geworden) sind: ein saftloser Abklatsch einstiger Großtaten.

Und wer stößt in die zunehmend größer werdenden Lücken? Mimische Vollpfosten mit Wrestler-Vergangenheit, abgehalfterte One-Hit-Wonder-Oscar-Gewinner, oder ehemalige Sparringspartner aus Schweden. Und manchmal reicht auch einfach schon ein schwarzer Gürtel in irgendeiner Prügel-Sportart. Und wenn dann mal einer wirklich dazu in der Lage ist, Choreographien zu meistern, bei denen auch das deutlich verwöhntere, asiatische Publikum nicht gleich in mitleidiges Gelächter ausbricht, dann lässt man ihn im Regen dilettantischer Regisseure, miserabler Skripts und Geizhals-Budgets stehen.

Ja, wir reden von Scott Adkins und seinem aktuellsten Versuch, den Genre-Karren aus dem Dreck zu ziehen. Schon die Idee, dem alten Van-Damme Kracher „Hard Target" ein ultraspätes Sequel zu bescheren, ist mindestens eine seltsame. John Woos Hollywood-Debut ist nach heutigen B-Standards zwar eine fulminante Granate, aber mal ganz ehrlich, anno 1993 war man eher enttäuscht von der Zusammenarbeit zwischen dem Actionpapst aus HongKong und dem Spagat-Experten aus Belgien. Erster hat wenigstens mit „MI:2" und „Face: Off" noch ordentlich zulegen können, letzterer hat auch mit einem erstklassigen Fachmann wie Woo nicht den ersehnten Durchbruch in die A-Liga geschafft. Klar, die Story um einen Menschnenjägerring in New Orleans war strunzdoof, Handlung abseits des fröhlichen Jagens gab es keine und die bösen Buben waren genauso platt wie das belgische Kampfschwein. Wenigstens lies Woo es dermaßen krachen, dass man einen launigen Haudrauf-Nachmittag verbringen konnte.

So viel Glück ist einem bei „Hard Target 2" leider nicht beschieden. Gut, in Sachen Grundidee, Nicht-Action-Handlung und Personal legte man sogar noch eine ordentliche Schippe drauf und unterbietet das Original auf ganzer Linie. Wie man Held Wes Baylor in eine Sinnkrise manövriert und dann zum vermeintlich idealen Freiwild macht, ist dermaßen bescheuert, dass es fast schon wieder zündet. Da erschlägt der Martial-Arts-Kämpfer „aus Versehen" seinen besten Freund im Ring, avanciert aber trotz dieses psychischen Traumas und eines erheblichen Alkoholproblems zum heimlichen Star der thailändischen Streetfight-Szene, um dann schließlich dem schmierigen Kampfpromotor Aldrich auf den Leim zu gehen, der ihm einen Superdeal für eine einzigen Auftritt in Myanmar anbietet.

Der einzige, der nicht nach den ersten paar Filmsekunden weiß, was ihm blüht, ist Baylor. So gesehen ist die ganze umständlich und holprig vor sich hin stolpernde Exposition völlig überflüssig und gähnend langweilig. Als der verdutzte Bajor endlich schnallt, wo die Reise hingeht, steigt der Puls erstmals leicht an. Leider ist das Hoch nur von kurzer Dauer, denn C-Sequel Profi Roel Reiné - zu seinem „Oeuvre" zählen unter anderem so trübe Perlen wie die beiden „Death-Race" Fortsetzungen, „Scorpion King 3", „12 Rounds 2", oder eines der schnarchigsten Spätwerke Steven Seagals mit dem immerhin knackigen Titel „Pistol Whipped" - hetzt Adkins durch ein ödes Dschungel-Setting, bei dem ihm hin und wieder ein paar Pfeile und Schüsse um die Ohren fliegen. Da wird einem erst so richtig bewusst, was für ein handwerkliches Meisterwerk der oft gescholtene zweite Auftritt eines gewissen John Rambo ist. So gesehen ist es besonders clever, die Reminiszenz noch weiter zu befeuern, indem man auch Baylor auf eine einheimische Schönheit stoßen lässt, die zugleich Führer und Kampfgefährte ist. Die unvermeidliche Annäherung gipfelt dann im gemütlichen Refugium einer mit blank polierten Buddha-Statuen und hübschen Deckchen ausgestatteten Höhle, wobei man über schmachtende Blicke nicht hinauskommt, schließlich ist das Bruderherz der Angebeteten mit von der Partie.
 
Wem diese Fremdschäm-Attacken noch nicht reichen, für den hat Regisseur Reiné noch ein besonderes Schmankerl in petto. Wahrscheinlich war das Original DAS Filmereignis seiner Adoleszenz, anders ist es nicht zu erklären, dass er permanent Pfeile in Zeitlupe durch die Gegend fliegen lässt und in den totalen Leerlaufphasen - also immer dann, wenn niemand rennt, oder schießt - Woos Markenzeichen unmotiviert herum flatternder Tauben mit enervierender Penetranz malträtiert. Was wohl als clevere Hommage gemeint war, verkommt so zur peinlichen Zuschaustellung krasser Ideenarmut und komplett abwesender Originalität. Dann doch noch lieber das keusche Trio in der schmucken Asia-Dekor-Höhle.

Danach geht es wieder aufs tödliche Spielfeld, auf dem sich allerdings die Jäger dermaßen blöd anstellen, dass man nie so richtig um die drei Verfolgten bangen muss, geschweige denn den Ruhepuls in Gefahr bringt. Im Unterschied zum Original, das sich klugerweise auf Villain und Henchman konzentrierte (immerhin Baddie-Profis Lance Henriksen und Arnold Vosloo), werden in der Fortsetzung die zahlenden Jäger näher beleuchtet. Die hätte man lieber im Dunklen gelassen, denn Rhona Mitra im Underworld-Latex-Dress und Adam Sounders als schmieriger Torrero sind solch doofe Einfälle, dass man die ganze Chose von Beginn an nicht ernst nehmen kann. Dazu kommen noch 4 weitere Pappkameraden, die rein gar keinen Erinnerungswert haben und nur dazu da zu sein scheinen, die Hatz zu strecken. Actionmäßig dümpelt die ganz Chose dann mit breiter C-Brust vor sich hin, bis im Finale ein wenig Scale-Feeling aufkommt und per Helikopter-Bootsverfolgung zumindest ein kleines Spektakelchen wartet. Hier darf dann auch Scott endlich ein wenig von seiner Kampfkunst zeigen, so dass man die Drehbuchverrenkungen die dazu nötig sind tapfer ignoriert.

Wenn man nach dem Film-Verdruss reflexartig zur Schrankwand sprintet, um irgendeinen Jean-Claude, Steven, oder Chuck der späten 80er/frühen 90er aus dem Regal zu ziehen, ist das kein gutes Zeichen für den Zustand der heutigen Action-Ersatzbank. Zumal „Hard Target 2" kein Ausreißer nach unten ist, sondern wohlig im brackigen Strom seiner Billig-Kollegen mit paddelt. Scott Adkins trifft dabei noch am wenigsten Schuld, Van-Damme, den er ja hier explizit beerbt, wirkte gedanklich auch immer einen Schritt zu spät und dazu unnötig verbissen und unlocker. Dafür war er ein kunstfertiger Schläger mit enormer Körperspannung. Adkins ist mit denselben Vorzügen gesegnet, wird aber mit Ausnahme seiner beiden „Ninja"-Filme regelmäßig von schwachen Inszenierungen, kreuzlangweiligen Skripts und offenkundig arg limitiertem Personal vor wie hinter der Kamera ausgebremst. Aber so lange das Mainstream-Publikum lieber für superheldische CGI-Hampeleien bezahlt und diese auch noch mit schnieker Action-Expertise verwechselt, wird sich an der Misere in der zweiten Reihe nicht viel ändern.

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