Als in den 40er Jahren noch auf dem europäischen Kontinent das Kriegstreiben vorherrschte wurden jenseits des Atlantischen Ozeans reihenweise Filme gedreht, die genau dieses Treiben thematisierten. Die einen taten dies auf ernsthafte Art und Weise (wie z.B. Casablanca), andere wiederum versuchten, das Treiben Nazi-Deutschlands satirisch aufzubereiten. Der deutschstämmige Regisseur Ernst Lubitsch brachte im Jahre 1942 mit „Sein oder Nichtsein“ eine solche Satire auf die Leinwände der Vereinigten Staaten, die nach ihrer Premiere heftig attackiert wurde. Kritiker echauffierten sich ob der Dreistigkeit, die Lubitsch besaß, sich über ein solch ernsthaftes Thema so lustig zu machen. Das Publikum jedoch dankte es ihm. Wie so oft, drifteten Kritiker- und Zuschauermeinung „leicht“ auseinander.
Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bekommt der Intendant des Warschauer Theaters den Befehl seiner Regierung erteilt, ein geplantes antinationalsozialistisches Stück nicht aufzuführen. Stattdessen geben die Schauspieler Shakespeares „Hamlet“. Als die deutschen Truppen schließlich in Warschau einmarschieren, üben die Schauspieler den Aufstand. Jedoch tun sie dies nicht so, wie es die Untergrundbewegungen taten. In den deutschen Uniformen des Theaterfundus unterminieren sie die Vertreter der Gestapo in Warschau, um schließlich ihr Treiben auf eine gefährliche Spitze zu treiben.
Die Kontroversen, die „Sein oder Nichtsein“ seinerzeit aufgeworfen hat, mögen heute vielleicht etwas überspitzt wirken, jedoch kann man sie in einigen Punkten wahrlich verstehen. Lubitsch blendet mit seiner Satire das grausame Kriegsgeschehen vollkommen aus. Keine Leichen, nur wenige Bombeneinschläge (und diese sind meist auch nur akustisch zu vernehmen), keine Bilder von der Front, die Polen werden als die klugen Bauern dargestellt, die Nazis als die trotteligen Preußen, die auf jeden noch so dummen Trick hereinfallen (Da stellte sich seinerzeit wohl einigen Unaufgeklärten die Frage, wie es überhaupt zu einem Angriff der Deutschen auf Polen kommen konnte, wenn die Deutschen so dumm und die Polen so schlau sind…). Ursache für die Diskussionen, die um Ernst Lubitschs Film entstanden, ist schlichtweg die fehlende Ernsthaftigkeit. Für die amerikanische Kritikerschar damals unvorstellbar, vermag „Sein oder Nichtsein“ heutzutage auf die für Lubitsch-Filme eigene charmante Art den Zuschauer köstlich zu amüsieren. Da erfreut man sich ebenso daran, dass die Schauspieler es ein aufs andere Mal schaffen, den Gruppenleiter Erhardt hinters Licht zu führen, wie dass es die beiden sympathischen Nebendarsteller letzten Endes doch noch schaffen, ihre Große Rolle spielen zu dürfen. Lubitsch präsentiert dieses sonst immer so trockene Thema herrlich erfrischend, sodass der Zuschauer für 90 Minuten fast vollkommen das Grauen, das mit dieser Zeit verbunden ist, vergessen kann. Gerade der Kritikpunkt also, der damals bei der Premiere des Films angebracht wurde, macht heute den Spaß aus, den das heutige Publikum mit diesem Film haben kann. Und auch in der damaligen Zeit war es wohl gerade diese satirische Betrachtung des ernsten Themas, das die Welt beschäftigte, die die Zuschauer begeistern und für wenige Zeit ebendieses vergessen lassen konnte.
Seine Frische bezieht „Sein oder Nichtsein“ zudem aus den starken Leistungen seiner Akteure. Seien es Jack Benny als Schauspieler Josef Tura, Carole Lombard als dessen Ehefrau Maria Tura oder Robert Stack als der junge Verehrer von Frau Tura, sämtliche Schauspieler geben für diesen Film ihr Bestes.
Lubitsch schuf hier ein für die damalige Zeit wichtiges Lustspiel, das seinerzeit sowohl Empörung als auch Begeisterung auslöste, heutzutage reine Begeisterung hervorruft. Wer sich mit erfrischendem Schauspieler-Kino anfreunden kann, ein wenig historisches Interesse hat und auch noch gerne über zeitlose Satire schmunzelt, der sei herzlich eingeladen zu Ernst Lubitschs „Sein oder Nichtsein“. Eine noch bessere Nazi-Satire als Charlie Chaplins „Der große Diktator“! 8,5 von 10 Punkten!