Wenn wir den Highschoolkomödien der 80er glauben schenken dürfen, dann war schon damals das amerikanische Schulsystem geprägt von einer strikten, gesellschaftlichen Trennung zwischen Cheerleadern, Sportlern, Modepüppchen, Eierköpfen und sonstigen Freaks. Auch Trick or Treat bildet hier keine Ausnahme. Aufgrund der zeitgenössisch populären Heavy Metal Musik liegt es natürlich nahe, dies auch in einem solchen Film, hier mit einem Schuß Horror in der Ästhetik der frühen Exciter Coverartworks, von denen das inspirative, wenn auch schwächere, Unveiling the Wicked unter anderem nebst der Debütplatte von Megadeth kurz zu sehen ist, zu verarbeiten.
Die erste Regiearbeit des Schauspielers Charles Martin Smith spielt stark mit Klischees. Eddie Weinbauer (Marc Price) ist ein Außenseiter, sucht deshalb die Flucht in der Welt der Rockmusik, die ihm Stärke und Hoffnung gibt. Als sein Idol Sammi Curr (Tony Fields) bei einem Brand des Hotelzimmers plötzlich verstirbt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Er besucht seinen Kumpel und Radiomoderator Nuke (Gene Simmons), der für ihn eine Überraschung bereit hält. Es handelt sich um eine Acetat-Testpressung des letzten Albums seines Helden. Eddie darf es mit nach Hause nehmen.
Dort angekommen, kann er es kaum erwarten diesen heiligen Gral zu entjungfern, legt die Platte auf und muß feststellen, daß die Gerüchte verständnisloser Erwachsener über die für sie befremdlichen Riten und Gebräuche der Rockfans durchaus wahr sind. Mit dem bei religiösen Fanatikern beliebten Backward Masking scheinen sich Botschaften in den Aufnahmen versteckt zu haben. Ähnliche Ansichten vertritt in Trick or Treat übrigens ausgerechnet Ozzy Osbourne, der in Fernsehinterviews mit seltem dämlich-schleimiger Frisur zu bewundern ist.
Dies ist keinesfalls zufällig ausgewählt, hatten doch am 23. Dezember 1985 James Vance und Raymond Belknap im Drogenrausch auf einem Spielplatz in Reno Selbstmord mit einem Gewehr begehen wollen. Belknap verstarb, Vance überlebte mit entstelltem Gesicht. Die entsetzten Eltern beschuldigten daraufhin die Band Judas Priest, ihre Kinder mit satanischen Botschaften zur Tat getrieben zu haben. Im Jahr 1990 kam es zu einem Verfahren gegen die Band, bei dem Songpassagen untersucht wurden, die angeblich mit der Phrase "do it" unterbewußt zum Suizid aufriefen. Der Richter befand das Gehörte als rein zufällig und sprach die Band frei.
Trick or Treat geht noch einen Schritt weiter und ermöglicht Sammi sogar, durch immer neue Botschaften mit Eddie zu kommunizieren. Dem gefällt das prächtig. Er wird selbstbewußter und kann sich endlich gegen seine Peiniger wehren. Obwohl der Film ziemlich sauber über das Thema berichtet und die Schattenseitendes Business, die hervorragend in der Dokumentation The Decline of Western Civilization, Part 2: The Metal Years beleuchtet werden, man erinnere sich an die legendären Aufnahmen des Odin Sängers Randy O. Roberg, wie er halb im Delirium eine Peinlichkeit nach der anderen liefert, kann ihm bei aller Zynik jedoch das Bild des Grenzgängers nicht unterdrückt werden. Eddie schließt quasi einen Pakt mit dem Teufel. Als ihm bewußt wird, welchen Schaden er mit seinen aufgenommenen Tapes anrichtet, gibt es schon keinen Weg mehr zurück.
Der auch hier natürlich unvermeidbare Showdown wird eingeleitet von einem wiedergeborenen Sammi Curr, der auf der Halloweenparty zu einem Konzert aufspielt und die Schüler mit Lichtblitzen aus seiner Gitarre zerlötet. Der bis dahin zwar etwas seichte, aber durch den genialen Soundtrack von Fastway, der Band von Ex-Motörhead-Gitarrist Fast Eddie Clarke, für Fans sehr unterhaltsame Streifen gerät hiernach leider etwas aus der Form. Eddie Weinbauers Versuche, die Situation zurück ins Lot zu bringen, bieten nun zu wenige Höhepunkte. Es entsteht der Eindruck, man habe hier noch dringend eine Auflösung benötigt, vielleicht auch um auf die Spielzeit zu kommen, die man durchaus zu Gunsten der Unterhaltung hätte knapper ausfallen lassen können.
Ähnlich wie der optisch weniger wertig erscheinende Zombie Nightmare hat Trick or Treat an Problemen zu knabbern, die viele Modefilme zu bewältigen haben. Er ist für Teenager einer bestimmten Zeit gedreht worden, die sich nun als Erwachsene nur bedingt für das Produkt begeistern können, so sich denn nicht mit einer gewissen Nostalgie zurückblicken können. Als Guilty Pleasure dürfte sich der Film schwer tun, sein Publikum aus nicht musikalisch vorbelasteten Zuschauern zu gewinnen, bei denen die Hairspray-Note unter Ablehnungsverhalten zu Trashvorwürfen avancieren würde. Doch vielleicht liegt genau hier der viel zitierte Hund begraben. Trick or Treat ist einerseits ein recht guter Film, zu gut, um bedeutend auf unfreiwillig komischer Ebene zu funktionieren, andererseits hindern die oben angeführten Punkte daran, daß der Film mehr als nur plätschernde Unterhaltung für die Freunde dieser Rockära bieten kann.
Ich will nicht behaupten, daß ausgerechnet drastischere Effekte und ein bisschen mehr als nur verhalten angedeutete Erotik den Film aufgewertet hätten, doch irgendwas fehlt hier zum durchschlagenden Erfolg, was das Drehbuch offensichtlich nicht hergeben konnte. Spannung, vielleicht knackigeres Timing, oder einfach eine Fülle gut funktionierender Gags. Man könnte meinen, es habe sich mal wieder jemand zu sehr auf die Prominenz verlassen, wegen denen der Fan auch wirklich mal einen Blick riskieren sollte. Marc Price, der in Jede Menge Familie auch als Sonderling aufgetreten ist, ist übrigens auch im beknackten, aber deutlich besser funktionierenden Little Devils - Die Geburt des Grauens zu sehen. Trotz marginaler Verwandschaft mit dem zu bevorzugenden Shocker möchte ich hier lieber noch auf Slumber Party Massacre II als Alternative hinweisen, eine insgesamt schrillere Roger Corman Produktion, bei der die Gitarre noch etwas gefährlicher ausfällt, als in Trick or Treat.