Mit „Nikita“ konnte Luc Besson zum ersten Mal für Furore sorgen und schuf einen Vorläufer im Geiste für „Leon – Der Profi“, der sogar noch deutlich besser als „Nikita“ geriet.
Eine junge Frau, die sich selbst nur noch nach dem Elton John Song Nikita nennt, und ihre drogensüchtigen Freunde brechen in eine Apotheke ein, die dem Vater eines Gangmitglieds gehört. Unglücklicherweise bekommen Vati und die Polizei Wind davon, es kommt zu einer kurzen, aber famos inszenierten Schießerei, in deren Verlauf Nikita (Anne Parillaud) eine Waffe in die Hände fällt, mit der sie einen Polizisten tötet.
In Haft ist sie widerborstig und gewalttätig, beleidigt und attackiert die Gesetzeshüter und wird wegen Mordes zu 30 Jahren Haft verurteilt. Doch der Geheimdienstler Bob (Tcheky Karyo) gibt ihr eine Chance: Offiziell ist sie an einer Überdosis im Knast gestorben, inoffiziell soll sie als Killerin arbeiten. Nikita willigt ein…
Trotz des Sujets um Geheimdienste und Profikiller ist „Nikta“ kein wirklicher Actionfilm geworden, nur dreimal geht es wirklich zur Sache. Neben dem Auftakt sind dies Nikitas Abschlussprüfung sowie der recht kurze Showdown. In diesen Szenen zeigt Besson dann auch, warum er früher als Hoffnung für das französische Kino galt, denn inszenatorisch haben gerade diese Momente einige Finessen zu bieten, wie z.B. die Kamerafahrt in der Wäscherutsche und der Treffer aus der Sicht einer Kugel in der Küche.
Im Bereich des Scripts hat „Nikita“ doch noch so seine Mängel, die vor allem in der Ausbildungsphase zu Tage treten: Zu schnell geht der Wandel vom rebellischen Punk zur gelehrigen Schülerin (in dieser Hinsicht war das Remake etwas sorgfältiger). Auch die angedeutete erotische Spannung zwischen Nikita und Bob will nicht so recht funken, sie bleibt etwas zu schemenhaft und würde Bob sein Verlangen für Nikita nicht in der Kussszene und den Gesprächen mit seinem Vorgesetzten zeigen, dann würde es vermutlich kaum auffallen.
Nach Ende der Ausbildung läuft „Nikita“ jedoch zu Hochform auf und entpuppt sich als Drama, nicht als Actionreißer. Nikita hat nämlich eine weitere Wandlung erfahren, das Töten ist kein Geschäft für sie. Die Beziehung zu dem Supermarktkassierer Marco (Jean-Hugues Anglade) soll ihr Halt geben, doch jeder neue Auftrag bringt sie aus der Bahn und sie muss alles tun, damit Marco nicht hinter ihr Geheimnis kommt. Gerade die Szene im vermeintlichen Urlaub, in der Nikita nur durch eine Tür von Marco getrennt einen Auftrag absolvieren soll, verbildlicht das eingängige Drama der gebrochenen Killerin besonders gut, wobei Besson zum Glück auf Kitsch verzichtet.
Insgesamt ist der Plot nicht allzu wendungsreich, doch relativ spannend, da gerade Nikitas Doppelleben für Suspense sorgt. Im Finale hebt Besson den Spannungspegel dann noch mal an, wobei das seltsame Berufsethos des Cleaners Victor (Jean Reno) zwar aus den Fingern gesogen und unglaubwürdig erscheint, dem Drehbuch aber immerhin Grund liefert die nervlich angespannte Nikita auf einen brisanten Auftrag zu schicken. Brisant vor allem deshalb, weil Nikita aussteigen will, der Geheimdienst sie aber wohl kaum lassen wird – erst die letzten Minuten klären, wie dieses Dilemma gelöst wird.
Als emotional geplagte Killerin ist Anne Parillaud eine echte Wucht und spielt wirklich gut – aber nur in diesem Part des Films. Als irgendwo zwischen weinerlich und prollig angesiedelte Punkerin macht sie zu Beginn und in den Ausbildungsszenen des Films eine ziemlich schlechte Figur, da sie teilweise extrem overactet. Tcheky Karyo als Geheimdienstler ist hingegen klasse, Jean Reno leistet in seiner kleinen Rolle Ordentliches. Nur Jean-Hugues Anglade bleibt leicht ausdruckslos, ist aber nicht schlecht.
So hat „Nikita“ seine Schwächen, vor allem im ersten Filmdrittel, doch dank Bessons Bildsprache und der Dramatik überzeugt er doch. Aufgrund von mehr Tiefgang leicht besser als das Remake, das dafür mit etwas mehr Action und mehr Budget punkten konnte.