Es ist schon fast niedlich wie sich Umberto Lenzi in einem Interview wiederholt echauffiert, praktisch jeder, sogar dieser Ami Tarantino, hätte seinen Film falsch verstanden. Im Script habe es sich wohl noch um Zombies gehandelt, doch auch hier habe er dem Film seinen eigenen Stempel aufgedrückt, echte, kontaminierte Menschen gewählt, die wenn überhaupt einem Vampir ähnlich sind. Was schließlich aus dem mysteriösen Flugzeug steigt, wird zumindest als eine radioaktiv verstrahlte Meute vorgestellt, gierig auf rote Blutkörperchen, welche nicht selbst produziert werden können. Diese mit verkrusteten Heilerde-Gesichtern auftretenden Gestalten verfügen über kaum zerstörbare Zellen, so daß nur die nachhaltige Beschädigung des Gehirns sie außer Gefecht setzen kann. Naja, Zombie ist da jetzt doch gar nicht sooo abwegig?
Lenzis Großangriff der Zombies (so nunmal der Titel) tut sich vornehmlich dadurch hervor, daß es eben keine lahmarschigen Untoten gibt, sondern aggressive, durchaus taktisch bedachte Mutanten, die in unnachgibiger Rage alles anfallen, was ihnen in die Quere kommt. Großangriff der Zombies ist der nihilistische Rundumschlag, eine Apokalypse, aus der selbst Protagonisten keinen Ausweg finden. Gekaperte Flugzeuge, radioaktive Verseuchung, Infektion, Machtlosigkeit und Fehler der staatlichen Organe, ja selbst der Schutz der Kirche gerät in Zweifel. Freunde werden zu Feinden. Figuren sterben unabhängig von ihrer bisherigen Präsenz auf der Leinwand. Es bricht ein auswegloses Inferno los, welches man vielleicht als eines der wenigen ungeschönten Abbilder in Cinemascope bezeichnen kann.
Umberto Lenzi inszeniert Großangriff der Zombies nicht als Horror- sondern viel eher als surrealen Actionfilm. Wo sich menschenleere Stille mit den aufbrausenden Angriffen der Mutanten abwechselt, bietet dieses unwirkliche, bedeutend musikgestützte Szenario, in dem fast immer irgendwo eine Leiche am Wegesrand liegt, Feststellungen wie, daß ein einspuriger Feldweg doch stark befahren sein müßte oder Menschen, die auf der Flucht aus dem Reflex heraus auf das Auto zu laufen, welches sie doch gerade noch selbst in die Luft geprengt haben. Was man gehässig als schludrige Umsetzung anprangern könnte, unterstützt hier viel mehr die traumartige Atmosphäre.
Es sind die Klangteppiche, welche Stelvio Cipriani seinem Synthesizer entlockt und die das Hirn mit ihren Wellen stimulieren, daß man sich wie auf Watte mitten durchs Geschehen laufend fühlt. Seine eingestreuten, treibenden Rhythmen verschmelzen mit dem Takt der Todesschreie und Attacken, bauschen diese Angstvision zu einem wilden Durcheinander zeitgenössischer Beobachtungen auf, an deren albtraumhaften Potential sich bezeichnenderweise bis heute kaum etwas geändert hat.
Tatsächlich dem gemeinen Katastrophenfilm der vergangenen Jahre sehr nahe, ist Lenzis Effekteinsatz eine krude Mischung aus storygebundenem Realismus mit selteneren Momenten, die ein wenig in die selbstzweckhafte Richtung gehen. Wird durchaus mal typisch ein Auge ausgestochen oder eine Titte amputiert, so ist es vermutlich die unglaubliche Geschwindigkeit, die abgebrüht tuende Zeitgenossen zu der Äußerung bewegt, in Großangriff der Zombies gäbe es recht wenig Gewalt zu betrachten. Im Gegenteil. Nur wird die Wirksamkeit eben nicht über eine überschwängliche Masse an "Gore" und "Splatter" erzeugt, sondern erreicht seine "Härte" nebst den durchaus sichtbaren Gewalttaten auf psychologischer Ebene durch die Menschlichkeit der Monstren und die allumfassende Bedrohung. Letztere gibt den Protagonisten nicht mal im Ansatz Zeit dazu, über Plünderung und Verbarrikadierung nachzudenken, wie es in Zombie der Fall war, der in seinem Ausgangspunkt sehr ähnlich, aber vollkommen anders umgesetzt war als Großangriff der Zombies.
Spätestens ob der platten Pointe mag man diesen Film als unglaublichen Trash ansehen, was vielleicht sogar der Erwartungshaltung gegenüber den oft als Plagiatoren eingeschätzten Italienern geschuldet ist. Gerade nicht den noch recht aktuellen Romerofilm zum Vorbild zu nehmen sollte aber als Stärke gesehen werden. Umberto Lenzi hat einen Genrezwitter geschaffen, der seine Liebe zum Actionthriller mit dem damaligen Horrorkino verbindet, damit ziemlich einzigartig war und viel später plötzlich in 28 Days Later und ganz bestimmt auch Planet Terror seinen Einfluß vermuten läßt. Es gibt Leute die Großangriff der Zombies hassen und es gibt eine signifikante Zahl von Fans. Dies bestätigt mich in der Annahme, daß Umberto Lenzi mit diesem Film etwas Besonderes geschaffen haben muß.