Review

Loriots Filme gehören zu den wenigen filmischen Meisterwerken, die in Deutschland Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre entstanden sind. Konnten wir in "Ödipussi" noch etwas über die zarte Liebe zwischen einem Stoffhändler und einer Psychologin erfahren, die unter den gestrengen Augen einer tyrannischen Mama große Schwierigkeiten hat, dürfen wir nun die Unbilden des Ehealltags nach einer überraschenden Frühpensionierung erleben.
Der Streit darüber, welcher von Loriots bilden Filmen der bessere sei, ist alt. Ich zähle mich inzwischen jedoch eindeutig zur Ödipussi-Fraktion. Zu berücksichtigen ist natürlich dabei, daß Loriot auf dem Gebiet der deutschen Komödie der 80er-/90er-Jahre Monumente geschaffen hat, die ohne jede Konkurrenz dastehen. Im Vergleich mit dem damaligen Umfeld, sprich "Otto" und Konsorten (und auch ohne diesen Vergleich), sind beide Filme als absolute Meisterwerke einzustufen. Dennoch fällt Pappa in einzelnen Hinsichten gegenüber Pussi ab. Das liegt in erster Linie an dem aggressiveren, aufgeregteren Ton, der sich im manchmal pathetisch-übertriebenen Spiel der ansonsten genialen Evelyn Hamann bemerkbar macht. Das stille Pflänzchen, das sie als Margarethe Tietze verkörperte, ist einer herrschsüchtigen Luxus-Hausfrau gewichen, die mit harten Bandagen um ihre liebgewonnenen häuslichen Freiräume kämpft, als sich dort ihr frühpensionierter Gatte mit unbändigem Aktionismus breitmachen will. Ein weiteres Problem ist Gerrit Schmidt-Foß, der mit seinem seltsam weicheiigen, schwammigen Gehabe nur schwerlich als der Frauenheld überzeugt, den er hier darstellen soll, indem er ständig neue Freundinnen anschleppt.
Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie genial die Leistungen von Loriot selbst (als Autor, Regisseur sowie in vier Rollen) sowie besonders der brillanten Schauspieler der vielen genial ausgedachten Kleinrollen sind. Ob man nun Kurt Hübner als grimmigen Firmenpatriarchen nimmt oder Inge Wolffberg als überforderte Putzhilfe, H. H. Müller als unglücklich verliebten Schokoriegel-Hersteller, Charlotte Asendorf und Nikolaus Schilling als prophetische Hausierer, Ortrud Beginnen und Dagmar Biener als mannstolle Schwestern Mielke oder Irm Hermann und Hans-Peter Korff als harmonisches Ehepaar - der Film ist voller humoristischer Glanzpunkte und sorgt spätestens nach mehrmaligem Ansehen dafür, daß sich der begeisterte Zuschauer dabei ertappt, wie er Sätze wie "Frauen haben auch ihr Gutes", "Was haben Sie gestern gegessen??", "Unser Arbeitsplan erfährt eine Änderung" oder "Ich habe uns was Warmes gemacht" in sein alltägliches Gesprächsverhalten einbaut. Wenn man die ganzen meisterhaft gestalteten und umgesetzten Dialoge hier wiedergeben wollte, wäre das nicht im Sinne des Films, das einzig richtige ist, ihn sich anzuschauen, am besten immer wieder. Faszinierend ist das Spektrum des Humors, das Herr von Bülow hier aufbietet. Es rangiert von recht einfachen Witzchen ("Deine Keule") über etwas verschrobenere Späße ("Ich hätte da noch 'ne Tasse Rinderbrühe") bis zu Absurditäten ("Melusine. - Kraweel, kraweel!").
Ein großer Spaß ist es auch, sich im Film auf die Suche nach bekannten Gesichtern zu machen, wenn man "Ödipussi" schon gesehen hat, was natürlich auch umgekehrt funktioniert. Hier soll aber nichts verraten werden. Zugegeben, nicht jeder mag diesen preußisch-aristokratischen Humor, der nichts so sehr scheut wie den Schlag unter die Gürtellinie. Für mich und viele andere, die ich kenne, sind Loriots Werke unvergeßlich, und man entdeckt auch beim xten Ansehen immer wieder Neues. Ein herrliches, zeitloses Vergnügen.

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