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Im dunklen, nebligen Moor von Dartmoor fing 1939 alles an. Natürlich war Arthur Conan Doyles Meisterdetektiv Sherlock Holmes schon viele Male zuvor für die Filmleinwand adaptiert worden, aber trotz einiger Mehrfachbesetzungen hatte noch niemand eine richtige Serie mit den Detektivabenteuern beabsichtigt. Die Fox ging 1939 das Risiko ein, allerdings eher mit vorsichtigen Absichten, im Falle eines Erfolgs dann noch weitere Holmes-Abenteuer in Szene zu setzen.
Man konnte nicht ahnen, daß daraus die am längsten laufende Filmserie um den Detektiv mit den meisten Episoden werden sollte, insgesamt 14 Filme (inclusive weiterer Gastauftritte und Radioabenteuern), allerdings mit gewissen, zu überwindenden Schwellen. Die Fox sollte nämlich nur zwei Filme der Serie drehen (das Baskerville-Abenteuer und eine nicht adaptiere Fassung unter dem Titel "Die Abenteuer des Sherlock Holmes" im gleichen Jahr), um die mögliche Serie dann ruhen zu lassen, weil die Firmenpolitik zu Kriegszeiten ein gewisses Umdenken in Gang setzte. Erst drei Jahre später erwarb Universal (damals ein wesentlich kleineres B-Studio) die Rechte bzw. die Option auf weitere Filme und inszenierte zwischen 1942 und 46 zwölf weitere Abenteuer von wechselhafter Qualität.

Es kann jedoch mit Fug und Recht behauptet werden, daß der "Hund von Baskerville" ein qualitativ hochwertiger Start war, auch wenn nicht alles in dieser Produktion als "Glanz und Gloria" bezeichnet werden kann.
Herausragendes Element dieses Films ist sicherlich die Atmosphäre. Die Fox-Filme mit Holmes hatten stets ein höheres Budget als die Universal-Nachfolger zur Verfügung und das spürt man zumindest weitestgehend im visuellen Bereich sehr stark.
Geschmackvolle Bauten, saubere Hintergründe, ordentlich getrickste London-Szenen und vor allem die unheimliche Mooratmosphäre sind ein großes Plus für Sidney Lanfields Film. Die Studioumgebung der zerklüfteten, nebelverhangenen Moorlandschaft, die neolithischen Steinhäuser bzw. deren Ruinen gegen den stets wolkenübersäten Himmel, das sind Momente die der Holmes-Fan mit Sicherheit nicht so schnell vergißt, gehalten in präzisem und dennoch mysteriösem Schwarzweiß, was ein Vorteil gegenüber dem einprägsamen, aber wenig spannungsförderndem Technicolor der Hammerproduktion zwanzig Jahre später mit Peter Cushing und Christopher Lee war.
Woran es etwas mangelt, ist die geschmackvolle Innenausstattung, da hatte Universal später deutlich die Nase vorn, denn als B-Movie-Horrorfachhaus hatte man einfach mehr Erfahrung, um Orte wie Baskerville Hall gruselig wirken zu lassen. Die Foxkulisse wirkt in diesem Punkt oft ein wenig leer.

Für Rathbone war dieser Film Segen und Fluch zugleich. Einerseits begann hier für ihn eine langanhaltende und einträgliche Erfolgsgeschichte, andererseits wurde er die Stigmatisierung als Detektiv später nie wieder richtig los. Spürbar ist aber die lockere und erfreute Stimmung, die sich durch den Film zieht. Noch ist nichts zu spüren von der grimmigen, oftmals bissigen bis zynischen Haltung, oftmals scheint Rathbone sich als Holmes zu amüsieren.
Dazu trägt vor allem auch Nigel Bruce als Watson bei, der später ja bei Universal mehr und mehr zu einem tumben und unaufmerksamen Dummkopf (oder Trottel) mutierte, an dem Holmes seinen überlegenen Sarkasmus auslassen konnte, der hier aber durchaus schlüssig und gar nicht tölpelhaft vorgeht und der auch in Maßen die Linie seines Freundes nachvollziehen oder vorausberechnen kann.
Gegen diese Spielfreude wirkt der Rest der Besetzung ein wenig arg bieder. Schwachpunkt Nr.1 ist vor allem Richard Greene als Sir Henry Baskerville, der einfach zu jung, brav, bieder und konturenlos wirkt (Greene war zur Produktionszeit gerade erst 20 Jahre alt), um gegen das ermittelnde Duo bestehen zu können. Anders als der zumindest etwas abgründigere Christopher Lee bei der Hammer-Produkton wirkt er einfach nur wie ein netter, aber langweiliger junger Mann. Wesentlich talentierter ist da natürlich Lionel Atwill als Dr.Mortimer, der dann auch die Legende mit einer Rückblende (eine wunderbar gestaltete Sequenz, in der man die Story von 1640 über die Zeilen einer alten Schrift gelegt hat) erzählen darf, aber später etwas im Hintergrund verschwindet. Anders als bei Hammer ist auch der Naturforscher Stapleton hier kein grimmiger Kerl, sondern ein freundlicher junger Mann, dessen Schwester Wendy Barrie zu einem ebenfalls etwas glatten "love interest" reduziert wird (Barrie war übrigens tatsächlich die Patentochter von J.M. Barrie, dem Schöpfer von "Peter Pan").

Als Literaturkenner wird man erfreut lesen, daß die Vorlage Conan Doyles relativ eng beibehalten wurde, mit Handlungsexperimenten (wie bei Hammer) hielt man sich weitestgehend zurück, der Film folgt dem Originalplot zumindest zu zwei Drittel ziemlich nahe. Allerdings beging man dann doch einige dramaturgische Kardinalfehler, indem man schon beim Tod des Ausbrechers die Silhouette des Hundes sieht und somit für Nichteingeweihte die Katze frühzeitig aus dem Sack ist. Auch läßt man sich auf dem Höhepunkt (der in dem 80minüten Film schon nach gut einer Stunde erfolgt) auf eine Verfolgungsjagd mit dem Hund ein, dessen Wirkung (in der Nahaufnahme ist er wirklich zum Fürchten) dadurch noch weiter geschmälert wird.
Auch büßt die Produktion Qualität ein, indem man nicht Holmes deduktiv den Täter entlarven läßt bzw. dies später an den eigentlichen Höhepunkt dranhängt (was nicht spannungsfördernd ist), sondern schon eine halbe Stunde vor Schluß einfach erzählerisch den Täter präsentiert. Dessen Schicksal, Verhaftung oder der literarische Tod im Moor wird sogar ganz weggelassen, der Film blendet nach Holmes theoretischer Aufklärung am Ende einfach aus, was doch einen faden Nachgeschmack hinterläßt.

Eine mediokre Regieleistung, ein literaturtreues, dennoch durchwachsenes Skript, aber eine sehr gute Kamera gerieten so zu einer überragend erfolgreichen Produktion, die aber auch nicht definitiv die ultimative "Hound"-Verfilmung darstellt, aber eben doch eine der besseren, wenn nicht der besten. Daß man weiterproduzieren wollte, war jedoch aufgrund der allseits sichtbaren Qualitäten mehr als verständlich. Unbedingt mit dem Cushing-Film vergleichen und dann den persönlichen Geschmack entscheiden lassen. (7/10)

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