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Luchino Visconti, einer der Wegbereiter des italienischen Neorealismus, verfilmte die gleichnamige Romanvorlage von Giuseppe Tomasi di Lampedusa als opulentes Historienepos. „Der Leopard" ist ein Meisterwerk filmischer Räumlichkeit, ein intensives Tableau der Farben, getragen von einem großartig agierenden Burt Lancaster in der Titelrolle.

Der Film wie der Roman spielen 1860 bis `62 zur Zeit des Risorgimento, des Freiheitskampfes der Italiener gegen die französischen Bourbonen. In der Zeit der drohenden Revolution, versucht sich der störrische, aber politisch weitsichtige sizilianische Fürst von Salina (Burt Lancaster) soweit als möglich mit den drohenden Umwälzungen zu arrangieren, ohne jedoch den Glauben an die Aristokratie aufgeben zu wollen. Doch als sein Neffe Tancredi (Alain Delon, „Der eiskalte Engel") Angelika (Claudia Cardinale), die bezaubernd schöne Tochter eines bürgerlichen Opportunisten ehelichen möchte, beginnt Salina einzusehen, dass das Ende seines Adelsgeschlechts, des „Leoparden", gekommen ist...

Luchino Visconti führt mit „Der Leopard" die filmischen Tugenden fort, welche er mit dem Neorealismus zu prägen begann: Originalschauplätze, epische Breite und große, realistische Intensität seiner Aufnahmen. Kameramann Giuseppe Rotunno verpackte den packenden Historienfilm, der einige Male aufgrund seiner Epos-Qualitäten zu Längen neigt, in atemberaubend schöne Bilder der rauen Landschaft von Sizilien zwischen der Weite prachtvoller Natur und der Enge kargen städtischer Wohnsiedlungen. Viscontis Raumkonstruktion ist einmalig. Der Zuschauer verliert sich in der Tiefe der großen Säle und bekommt einen Eindruck von der Diskrepanz zwischen den ärmlichen Verhältnissen des Proletariats und den übermäßigen Prunk der Aristokratie, welche die neue, unabhängige sizilianische Regierung nach den rebellischen Kämpfen von Führer Garibaldi abzubauen gedenkt. Mitten darin der an den Institutionen der katholischen Kirche zweifelnde „Leopard" Salina, welcher sich damit konfrontiert fühlt, alles verändern zu müssen, damit die Verhältnisse geordnet bleiben können und Sizilien nicht in Anarchie untergeht. Es sind lange Dialoge mit politischen Funktionären und Geistlichen nötig, um sein schlüssiges Denken zu verdeutlichen. Dies mag der wenig geduldige Zuschauer langweilig finden, filmisch und inhaltlich ist es für Cineasten jedoch eine Weide. Thematisch verdeutlicht "Il Gattoprdo" dabei das Thema von Visconti: die Veränderung, der Widerstreit zweier Gesellschaftssysteme, von denen nur eines überleben kann, was selten plastischer und symbolischer illustriert wurde, als in der finalen Einstellung dieses Films.
 
Fazit: „Der Leopard" ist das reife und reiche Gegenstück zu dem kargen „Die Erde bebt" im Filmschaffen des Sozialisten Visconti, welcher auch hier wieder seine ganze inszenatorische Perfektion in der Führung der Schauspieler und zahlreichen Massenszenen offenbart. Schlicht ein bildstarkes Meisterwerk, welches zu Recht mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde.      

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