Nachdem Charles M.Schulz mit der Weihnachtsgeschichte 1965 den ersten Zeichentrickfilm zu seiner schon seit Anfang der 50er Jahre erschienenen Comicserie "Peanuts" gefertigt hatte und dieser Film sehr positiv aufgenommen wurde, begann er mit "Charlie Brown's All Stars" die eigentliche Serienproduktion.
Diese ca. 25 minütigen Stories, die liebevoll den Zeichenstil der Comics übernahmen, waren in ihrer Art der Erzählung Neuland, da Schulz jede Folge einem Thema widmete, zu dem er eine zusammenhängende Geschichte erzählte, während die Comics als sehr kurze, aus wenigen Bildern bestehenden Strips gestaltet waren. Erst durch die Vielzahl der Comicstrips war das Peanuts-Universum entstanden mit seinem komplexen Zusammenspiel der verschiedenen, signifikante Typen der amerikanischen Gesellschaft verkörpernden Charaktere.
Die Kenntnis dieser "Archtypen" und ihre Verbindung untereinander ist eine unbedingte Voraussetzung zu diesem Film, der sich keine Mühe macht, uns Charlie Brown, Lucy, Linus, Sally, Pig-Pen und die vielen Anderen näher vorzustellen. Dazu widmet er sich dem uramerikanischsten Spiel , dem Base-Ball, und setzt selbstverständlich Grundlagen der Regeln voraus. Während Schulz in seinen späteren Filme das Hauptthema stärker variierte, bleibt er hier fast die gesamte Zeit bei dieser Thematik, nur kurz unterbrochen von Snoopy's Wellenreiter-Fantasien.
Das macht selbst heute noch den Zugang zu diesem Film für uns Europäer recht schwer und so ist auch der etwas hilflose Versuch, den Film "Die Mannschaft braucht dich" zu nennen, zu verstehen, denn Ende der 60er Jahre, als der Film erstmals in Deutschland gezeigt wurde, wußte kaum Jemand etwas mit dem Begriff "All-Stars" anzufangen.
Dabei war es von Charles M. Schulz nur konsequent, ausgerechnet mit diesem Thema zu beginnen, denn in der Zusammensetzung einer Sportmannschaft sind die Rollen, die jeder Einzelne spielt, besonders gut zu erkennen. Schon der absurde Home-Run mit dem der Film beginnt und der Charlie Brown durch Häuser, über Treppen und spielende Kinder hindurchführt, um dann zwar rechtzeitig den Ball empfangen zu können, aber ihn dann trotzdem fallen zu lassen, ist eine wunderbare Satire auf den amerikanischen Drang nach Rekorden oder Höchstleistungen, verbunden mit dem Schlimmsten was es gibt - einem totalen Versager.
Gerade angesichts der aktuellen Diskussion über den dopingverdächtigen Home-Run-Rekordhalter in den USA, ist die miserable Statistik, die Linus zu Beginn offeriert, eine schöne Umkehrung und so seziert Schulz in diesem Film eine Vielzahl von gesellschaftlichen Verhaltensmustern, die sich gerade im Zusammenhang mit dem Sport zeigen.
Besonders schön ist das an der Figur des Charlie Brown zu erkennen, der zwar immer in der Kritik steht und ausgelacht wird, aber gleichzeitig der größte Fanatiker ist. Während die anderen "Kinder" auf Grund des ständigen Verlierens keine Lust mehr haben und konsequenterweise aus der Mannschaft austreten, bleibt sich Charlie Brown in seinem an Starrsinn grenzenden Durchhaltevermögen treu und ist damit trotz seines Loser-Status gleichzeitig die größte Verkörperung des amerikanischen Traums. Hier verbindet Schulz geschickt zwei normalerweise unvereinbare Charakteristika.
Fazit : "Charlie Brown's All Stars" ist ein etwas sperriger Beginn der Zeichentrickfilmserie zu dem schon damals berühmten Comicstrip. Er widmet sich hier ausschließlich der Baseballmannschaft und stellt damit gleichzeitig seine persönlichen "All-Stars" vor.
Insgesamt bleiben die meisten Figuren hier noch etwas blass, da vor allem Charlie Brown im Mittelpunkt steht und nur Linus, Snoopy und Lucy kurze charakteristische Momente erhalten. Diese Vorgehensweise muß im historischen Kontext gesehen werden, da Charles M.Schulz in dieser Sport-Thematik wahrscheinlich den geeigneten Einstieg für das amerikanische Publikum sah, längere Geschichten aus dem "Peanuts"-Universum zu erzählen.
Trotz dieses für den Europäer ungewohnten Inhalts, kann man auch schon hier die Zeitlosigkeit in der psychologischen Beobachtung erkennnen, die bezogen auf unsere heutigen Verhaltensweisen fast als visionär anzuerkennen ist (7/10).