Der Blitz schlägt selten zweimal an derselben Stelle ein und selbst wenn, der Schaden wird immer verschieden sein.
Das gilt auch für Filme, die versuchen, ein Erfolgrezept zu wiederholen – formelhafte Genrebeiträge mögen es manchmal schaffen, die Katze im Sack zu kaufen, die dann auch noch Junge bekommt – kleine Independantfilme, Debuts, die auch noch zum Kult hochstilisiert werden, sind Kinder ihrer eigenen, ganz speziellen Zeit. Und die Zeit steht nicht still…
Das gilt auch für Kevin Smith, den Schöpfer des in New Jersey angesiedelten ViewAskew-Universums, der wohl wie selten jemand es geschafft hat, seinen Stil weiterzuentwickeln, aber gleichzeitig seinen Wurzeln treu zu bleiben.
Das könnte man jetzt so auslegen, dass Smith sich von dem zufällig Regie führenden Comicnerd, der er nun mal ist und so gern auf Film ablichtet, nie zum reifen Erwachsenen entwickelt hat, man es aber auch als konstant kreativ auf seinem eigenen Level ansehen – sofern es eine Gruppe von Fans gibt, die diese Ware abnehmen.
Es wurde schon reichlich gemunkelt, wann Smith endlich den Schritt zum globalen Filmemacher beschreitet, doch sein erster Versuch wurde nicht nur von den Kritikern verdammt, das Publikum zeigte sich auch eher ob der Banalität ernüchtert. Das Profane ist Smith ja sowieso zugehörig, aber „Jersey Girl“ schien genau das zu fehlen, was Smith in seiner kleinen Filmwelt schon so oft durchexerziert hatte, erzählerische Frische.
Wenn Smith jetzt zu seinen Ursprüngen zurückkehrt, zu „Clerks“, mit dem 1994 alles begann, dann ist das (zum Glück) nicht der Griff nach einem schnellen Cash-In, sondern hauptsächlich eine nostalgische Was-Wäre-Wenn-Verarbeitung des bereits Erschaffenen.
Oder doch ein Schritt ins Erwachsen-Werden: was hat sich verändert im Leben von Dante und Randal…ist die Zeit reif? Ist Smith reif?
Sieht man „Clerks 2“ unter diesem Gesichtspunkt, muß die Antwort „Nein!“ lauten.
Natürlich scheint die Weiterentwicklung bzw. die Stagnation der beiden Figuren im Fokus des Films zu stehen – Dante und Randal haben inzwischen ihre Arbeit verloren, arbeiten in einem Fast Food Restaurant, machen genau da weiter wo keine Perspektiven sind, eine Hochzeit steht an und ein Abschied ist zu befürchten – aber so ganz kann Smith einfach nicht aus seiner Haut.
Ein reifer Filmemacher hätte die Strukturen aufgebrochen, alles auf Anfang – Smith zieht seinen Figuren einfach ein neues Kleidchen an, hängt ein kontroverses Alibimäntelchen aus Coming-of-Age-Klischees darum und macht die gleichen Faxen wie bisher.
Das klingt jetzt vielleicht bitterer als es ist, tatsächlich werden Hardcore-Smith-Fans von der Fortsetzung genau das bekommen, was sie in den übrigen Filmen auch erwartet haben: Reife light, ein bisschen Message, viel wilder Schwachsinn, Beleidigungen, Sex Talk, ein paar Geschmacklosigkeiten und ein Schuß Nostalgie.
Das ist weder innovativ noch scharfsinnig, aber es ist unterhaltsam und herzerfrischend, wenn man Smith sowieso schon heiß und innig liebt, weil in seinem ganz speziellen Sandkasten all das machen kann, was er will und ihm kaum mal jemand in die Grube kackt.
Die Story – alles nur Alibis.
Dante will heiraten, glaubt es zu wollen, ist der Meinung die Zeit wäre reif. Doch die wahre Liebe wartet hinter dem Fast Food Tresen, in Gestalt seiner Chefin.
Ein Klischee – aber das Süßeste, was man liefern konnte.
Derweil hadert Randal mit dem bevorstehenden Verlust seines Freundes, organisiert eine geschmacklose Junggesellenparty, ärgert den neuen Burgerbrater, führt rassistische Dialoge, flucht und nölt und nörgelt, Verbalinjurien und Ekelgags inclusive.
Dazu als Randfiguren wie üblich die Sidekicks Jay and Silent Bob (wieder der Regisseur himself), für die noch bizarreren Sachen.
Alles gepresst in einen einzigen Tag, ein stetes Kommen und Gehen, wie das Leben an sich.
Dazu nostalgische Gefühle mit der Stalinorgel: Dante und Randal beim Cartfahren, dazu scheppert „Everybody is talking at me“, später reift bei der nächtlichen Autofahrt die Entscheidung für eine der Frauen, dazu rollt Billy Corgans „1979“ durch die Dunkelheit – man möchte heulen, es ist abgeschmackt, aber es kommt von Herzen.
Möglicherweise glaubt Smith jedes Mal, es könnte das letzte Mal sein, dass er sich so was erlauben kann und kann dann doch nicht aus seiner Haut, wechselt deswegen immer wieder zwischen lakonischem, derben und herzerwärmenden Witz und spielt seinen Fans ein- ums andere Mal in die Tasche.
Kassenerfolge sind damit nicht zu machen, DVD-Erfolge in kleinem Maße schon eher; DVDs, die ständig im Player liegen der höchste Dank.
So liefert „Clerks 2“ genau das, was man sich als „Clerks“-Fan gewünscht hat, eine Heimkehr zu den vertrauten Gesichtern; Veränderung, aber nicht zuviel, das Gleiche im Falle der Reife und so viel „Peter-Pan“-Syndrom, wie man als Mitdreißiger noch vertragen kann.
Der Film ist witzig, lustig, grob, zärtlich und geschmacklos und dazu ein wandelndes Klischee – und genau deshalb für so manchem so wichtig.
Liebt es oder haßt es, aber das ist der Film, den Smith einfach noch machen musste, für sich, für alle anderen.
Genauso wie der Nächste - und alle anderen davor. (9/10)