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Filme die in eisiger Umgebung, mit viel Eis und Schnee, spielen haben meist schon einmal einen Pluspunkt verdient. Denn vor allem Horror- und Thrillerfilme können mit der weißen Pracht, die nur allzubald in blanken Terror umschwängt, oft für eine erstaunliche Atmosphäre sorgen. Es ist nun einmal eine unumstößliche Sache, dass Schnee und nochmals Schnee, am besten verbunden mit endloser Dunkelheit, für eine gewisse Hilflosigkeit bei den Charakteren, noch mit am besten geeignet ist, da man dies durchaus selbst am eigenen Leibe erfahren kann, wie es ist in eisiger Umgebung festzustecken. Hier sind es nun die beiden Protagonisten in "Der eisige Tod", welcher bei den US-Kritikern leider stark verrissen wurde. Dabei ist "Der eisige Tod" vielleicht sogar eines der innovativsten, wenn auch nicht unbedingt besten, Genreprodukte, der letzten Zeit.

Auf den ersten Blick sieht "Der eisige Tod" aber erst einmal nach einem handelsüblichen Teeniehorrorfilm aus. Es geht um ein junges Mädchen, das über die Weihnachtsfeiertage gerne nach Hause möchte und sich deshalb eine Mitfahrgelegenheit sucht. Diese findet sie in einem netten jungen Mann, der gerne bereit ist sie mit zu nehmen. Unterwegs werden sie allerdings von einem entgegen kommenden Fahrzeug von der Straße gedrängt und bleiben im tiefsten Schnee stecken. Auf Hilfe wartend, erscheinen plötzlich merkwürdige Gestalten und die beiden wissen, dass sie nicht alleine sind... Und das weiss auch der Zuschauer und denkt sich im ersten Moment vielleicht "Och nööö, nicht schon wieder...", doch schon bald zeigt sich ihm, dass er es hier bei weitem nicht mit einem Standardprodukt des Genres zu tun hat. Auch wenn an mancher Stelle unnötige(!) Logiklücken nicht zu übersehen sind und die Figuren auch leider insgesamt nur Abziehbilder bleiben, wozu ich später noch komme, so darf man sich trotzdem auf Überraschungen gefasst machen.

Denn "Der eisige Tod" ist eigentlich sogar ein recht mutiger Film. Mutig in der Hinsicht, weil er alle Genre-Regeln und Vorschriften nur allzugern über den Haufen wirft. Immer wieder gibt es Stellen und Momente die im ersten Moment als Vorhersehbar wirken, nur um den Zuschauer dann an der Nase herumzuführen. Dabei werden nicht wenige Versatzstücke des Genres, wie z. Bsp. eine verschlossene Klotür, undurchsichtige Partner und mysteriöse Gestalten genommen, die dann aber meist nie so dem Zuschauer gezeigt werden, wie er es eigentlich erwartet hat. Immer wieder wendet sich das Blatt und wenn man schon hofft, dass sich endlich alles zum Guten für die Protagonisten wendet, heißt es Pustekuchen. Auch wenn das Verhalten der Figuren selbst vielleicht wirklich nicht überraschend ist, das Endergebnis ihrer Handlung, bzw. die Fießheit der Drehbuchschreiber, kann so schnell keiner erahnen. Und als wäre das nicht schon genug, geht man als "normaler" Zuschauer auch nicht wirklich befriedigend aus dem Treiben heraus, denn wer wirklich immer eine Erklärung für alles braucht, ist hier falsch am Platz. Auf jeden Fall ist für Spannung bis zum (bitteren?) Schluss garantiert.

Doch nicht nur die undurchsichtige Handlung macht dem Zuschauer, im positiven Sinne, zu schaffen, auch die Atmosphäre tut ihr übriges. Ja, nach "Zimmer 1408", kriegen wir es hier bereits mit der zweiten Atmosphärenbombe in kurzer Zeit zu tun. Kälte und Eis überall, der Schnee fällt nahezu unaufhörlich und die dunkle Nacht, in der der Schnee auf der einen Seite zwar beruhigend, auf der anderen Seite auch unglaublich bedrohlich wirkt, tun ihr übriges. Ja, die Kälte, unter der die Figuren hier leiden müssen, kann sich locker auf das Publikum übertragen. Und wie es sich gehört, verschlingt der Schnee auch nahezu alle Geräusche, so das die Schocksequenzen, mit denen Regisseur Gregory Jacobs nicht gerade geizt, selbst bei eingestandenen Genre-Fans ihre Wirkung nicht verfehlen. So muss dass sein!

Schade halt nur, dass "Der eisige Tod" es trotzdem nicht so ganz lassen kann, sich dem Mainstream zu beugen und trotz aller Innovation, bisweilen, ein wenig konstruiert wirkt. So bleiben die Charaktere denn auch hier nur schlaffe Abziehbilder und die seichte Lovestory zwischen den Beiden verläuft extakt so, wie man es schon aus dutzend anderen Filmen kennt. Erst wird gestritten, dann wird geknutscht, erst kann man sich nicht riechen, dann kümmert man sich umeinander. Hier hätte man alles in allem dann vielleicht doch ein wenig konsequenter sein können, auch wenn die Idee zum Schluss wieder einiges gut macht. Genauso sind auch die Dialoge meist nicht wirklich zu gebrauchen und straucheln in den üblichen Bahnen umher. Schade!

Aber nun gut, an den Darstellern selbst liegt dieses Klischeeverhalten nicht, denn Emily Blunt und Ashton Holmes legen eine erstaunliche Leistung ab. Fast durchgehend auf sich alleine gestellt, legen die Beiden eine mehr als gelungene Performance dar. Die Nebendarsteller sind da kaum der Rede wert, aber auch nur, weil sie allesamt nur wenige Minuten Screentime haben und somit nicht wirklich bewertet werden können. Der Alleingang von Blunt und Holmes ist jedenfalls über jeden Zweifel erhaben.

Fazit: Das Überraschungspaket der aktuellen Genre-Saison. Sieht "Der eisige Tod" zu Beginn noch wie ein Allerweltsschocker aus, entpuppt sich das Filmchen schon bald als eine wendungreiche Geschichte, die auf unnötige Erklärungen verzichtet und die Genre-Konventionen nicht nur einmal über den Haufen wirft. Spannend bis zum Schluss und zudem mit einer Atmosphäre versehen, die dichter kaum sein könnte, dürfen Freunde von überraschungsstarken Filme gerne eine Kinokarte lösen. Auch wenn bei den Charakteren die Innovationen leider aufhören und in diesem Punkt nur Standardware geboten wird und das Ganze nicht immer ganz konsequent und konstruierfrei bleibt, so ist es dennoch schön zu sehen, dass ein Film dieser Art doch noch überraschen kann! Mehr davon!

Wertung: 7/10 Punkte

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