Wenn man von der Titel gebenden „Elbe" spricht, dann spricht man von dem zwölftlängsten Fluss Europas, wovon ein großer Teil schiffbar ist. Die Elbe, welche durch Tschechien und Deutschland fließt, bis sie schließlich bei Cuxhaven in die Nordsee mündet, ist somit nichts Besonderes. Ein Fluss unter vielen. Genauso durchschnittlich wie die Protagonisten in diesem Film: Im mittleren Alter, mit Arbeits-, Finanz- und Familienproblemen auf der Suche nach ein bisschen Glück.
Gero (Thomas Jahn) und Kowsky (Henning Peker) sind Binnenschiffer, die sich schon seit Jahren kennen und miteinander arbeiten. Als sie eines Tages entlassen werden, schippern sie mit ihrem Boot die Elbe entlang, wobei der bodenständige Gero versucht, wieder einen regulären Job zu finden, er sich dabei in die Verkäuferin Ulrike (Steffi Kühnert) verliebt und seine erwachsene Tochter das erste Mal sieht. Der Spieler Kowsky hingegen, der sich mit seiner Familie zerstritten hat, macht mit einigen Kartentricks sein Geld. Doch als die beiden Männer in Magdeburg in ein Glücksspiel mit zwielichtigen Gestalten geraten, soll ihre Freundschaft auf eine harte Probe gestellt werden, da Geld nicht alles im Leben ist...
Regisseur Marco Mittelstaedt erzählt nach „Jena Paradies" wieder eine Alltagsgeschichte. Nah an den authentisch wirkenden Figuren und ihren Problemen gelingt es ihm dabei, eine Loserballade par excellence zu entwickeln. Die Figuren haben mit Geldsorgen und Familienproblemen zu kämpfen, verlieren aber nie ihre Träume. So will Gero ebenso wie seine Tochter nach Australien, um den Ayers Rock mit eigenen Augen bestaunen zu können. Doch ebenso wie in der Realität, sind solche Träume leider nur allzu oft zum Scheitern verurteilt. An Stelle von Hoffnung tritt dann wieder die allgegenwärtige Tristesse. Das Segelschiff der beiden Männer wird gepfändet, ein altes, langsam verfallendes Ruderboot muss als Ersatz herhalten. Man kann schon erkennen, dass Marco Mittelstaedt jenseits von Plattenbauten und Imbissbuden Assoziationen zu den Filmen von Andreas Dresen („Halbe Treppe") weckt, ja, diesen Stil zu absorbieren scheint. Die (bis auf eine Ausnahme nach der Begegnung zwischen Vater und Tochter) improvisiert wirkende Musikuntermalung verstärkt diesen Eindruck noch. Dazu die elegische Inszenierung, welche wieder und wieder die tristen Panoramen vergangener, besserer Zeiten anhand von (Industrie-)Ruinen illustriert. Diese Melancholie kann man dem Film ebenso wie seine offene, aber ehrliche Hoffnungslosigkeit und einem Mangel an Tempo ankreiden. Einzig bei der aufgeladenen „17 und 4"-Partie kommt nahezu hypnotische Spannung auf. Doch genau in diesem Punkt ist „Elbe" (wie) das Leben: Ein langer manchmal ruhiger, manchmal rauer Fluss.
Fazit: Melancholische und manchmal etwas dahinplätschernde, aber authentische und gut gespielte Losergeschichte, welche teils anstrengend ist und der es leider etwas an Tempo fehlt. Ein harter, realistischer Stoff, der den Status des Kinos als „Traumfabrik" mehr als in Frage stellt. „Elbe" erreicht mit seinem rauen Charme nicht ganz die Klasse von vergleichbaren Werken wie „Halbe Treppe", ist aber durch seine finale Botschaft, dass es mehr im Leben gibt als Geld, sehr sympathisch und nicht ganz hoffnungslos.