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John Cusack ist wieder da. Nachdem er uns ja erst vor kurzem im Horrorschocker "Zimmer 1408" das Fürchten lehrte, kommt er nun, nur wenige Monate später, mit einem völlig anderen Streifen zu uns. Zwar könnte man beim Titel "Mein Kind vom Mars" noch meinen, es mit einem Fantasystreifen zu tun zu haben und die Poster lassen zudem einen Kinderfilm vermuten, doch nach dem man sich die 106 Minuten Film gegeben hat, wird man sofort erkennen, das man es hier weder mit dem Einen noch mit dem Anderen zu tun hat. Denn "Martian Child" ist ein Außenseiterdrama, wie es schon lange keins mehr zu sehen gab. Ehrlich, rührend und vor allem unheimlich tiefgehend.

"Mein Kind vom Mars" erzählt die Geschichte von Autor David, dessen Frau vor zwei Jahren erst gestorben ist. Noch immer nicht über den Schmerz des Verlustes hinweg, wird ihm von einer Betreuerin des Jugendamtes eine Adoption angeboten. Er soll den kleinen Dennis adoptieren, der, von den Eltern verlassen, glaubt, dass er vom Mars kommt. Erst noch skeptisch, ob er diese Aufgabe bewältigen kann, schließt David schon bald Freundschaft mit dem kleinen Kerl, der ihn ganz schön auf Trab hält. Doch das Leben mit einem Jungen, der glaubt von einem anderen Planeten zu sein, ist schwer und treibt David schon bald an den Rand des Machbaren. Doch aufgeben steht für ihn nicht zur Debatte... Wer jetzt auf den ersten Blick meint, dass es sich hierbei um ein weiteres, rührseliges 08/15-Aussenseiterdrama handelt, der liegt damit minimal richtig. Denn eine gewisse Rührseligkeit kann man dem Film nicht absprechen. Aber das wars dann auch schon, denn ansonsten ist die Geschichte eher eine Vater-Sohn-Geschichte, die von Anfang an grundehrlich in seinem Aufbau ist und durchgehend glaubwürdig agierende Figuren besitzt, die mitunter eine Tiefe besitzen, wie man sie schon lange nicht mehr in einem Film dieser Art erlebt hat. Vor allem was die Hauptfiguren angeht.

Denn sie machen beide viele der Stationen durch, die auch ähnlich schwierige Vater-Sohn-Beziehungen im wirklichen Leben durchmachen. Sprich angefangen bei den Schwierigkeiten der Annäherung, über Berührungsängste, Furcht, der Erkenntnis der ersten Gemeinsamkeiten bis hin zum völligen Vertrauen zum jeweils Anderen. Alle Stationen werden mit viel Feingefühl durchleuchtet und kommen ohne größere Drehbuchdrückerreien herüber. Zu jeder Sekunde wirkt das Agieren der Figuren glaubwürdig und Verlogenheiten oder eine Vereinfachung der vorhandenen Dramatik ist nicht auszumachen. Man hat sich wirklich in jeder Hinsicht Mühe gegeben, um nicht in die sonst so üblichen Strickmuster von Hollywood-Familiendramen zu verfallen, sondern wirklich etwas Neues in altvertrauter Umgebung zu bieten.

Dabei sind es vor allem die ungemein hohen Sympathiewerte, die der Zuschauer für alle vorhanden Charaktere aufbauen kann, welche dem Film zum Gelingen beitragen. Vor allem die Figur des kleinen Dennis, der wirklich glaubt er sei vom Mars, ist bombastisch gut geschrieben worden. Schon lange konnte man einem kleinen Jungen im Film nicht mehr so viel Sympathie und Mitgefühl aufbauen, wie ihm gegenüber. Aber auch Vater David ist ein Sympathiebrocken durch und durch, genauso wie seine leicht mürrische Schwester und alle Anderen hier. Jeder Figur wurde hier der nötige Feinschliff gegeben, sowie ein Quäntchen Humor und eben genau das Glaubwürdigkeitslevel welches es braucht, um solch einen Film wirklich mit vollem Herzen genießen zu können und ihn nicht als simplen Tränendrüsendrückerfilm abzustempeln.

Auch wenn der Druck auf die Tränendrüse durchaus gewollt ist. Denn auch wenn zum Ende hin natürlich alles gut ausgeht, so ist der Weg dahin doch mit vielen Steinen belegt worden, die dem Zuschauer schon einmal eine Träne aus dem Knopfloch drücken. Und selbst bei den eingefleischtesten Cineasten ist diese Wirkung durchaus möglich, wirken doch die Rührseligkeiten und Tränenmomente zu keinem Moment aufgedrückt. Alles was hier zum Weinen und Mitleiden animiert ist echt und ohne großartiges Aufbauschen von bestimmten Situationen geschehen, so dass man wirklich mitfühlt, wirklich mitleidet und sich zum Ende hin natürlich auch wirklich mitfreut, wenn endlich alles in trockenen Tüchern ist. Und das so etwas ein Film heutzutage noch bringen kann, ist schon einmal ein dickes Lob wert. Denn das das Kino unter anderem dafür geschaffen wurde, um beim Zuschauer glaubwürdige Emotionen zu entwickeln, dürfte sicherlich niemand bestreiten.

Aber auch die Humornote ist fein veredelt worden. So sind die Ideen und Begründungen von Dennis, warum und weshalb er vom Mars kommen soll, nicht selten urkomisch. Sowieso ist die ganze Interaktion zu Beginn im Kinderheim, das Herumalbern zwischen Vater und Sohn oder, als Highlight, der galaktische Marsianertanz der Beiden, für einige wirkliche Lacher gut. Dazu kommt auch noch Davids Schwester, die, mit ihrer übertriebenen Fürsorglichkeit, auch nicht gerade selten für einige wirkliche Brüller sorgt. Und trotzdem sind auch diese Szenen durchgehend von einer hohen Glaubwürdigkeit geprägt, so dass man sich über die ausgewogene Mischung aus Drama auf der einen Seite und Comedy auf der anderen Seite, welche sich gegenseitig nie ausbremsen, wirklich freuen.

Dazu kommen dann auch noch Darstellerleistungen, welche ebenfalls wie von einem anderen Stern wirken. John Cusack selbst ist ja als guter Schauspieler hinlänglich bekannt und schafft es auch hier wieder, seinem unheimlich hohen Facettenreichtum gerecht zu werden. Mit absoluter Bravour stellt er den Familienvater auf Probe dar und in jedem Moment nimmt man ihm diese Rolle ab. Genauso klasse und vielleicht DIE Entdeckung des Jahres stellt aber ohne Zweifel der kleine Bobby Coleman dar, der hier mit einer derart hohen Präzesion ans Werk geht, dass man sich jede Minute wie weggeblasen fühlt, wenn man ihm beim Schauspielern zusieht. Freddie Highmore, den man u.a. aus Filmen wie "Charlie und die Schokoladenfabrik" kennt, könnte in ihm eine echte Konkurrenz für die Zukunft sehen, so toll ist Coleman hier in seiner ersten großen Hauptrolle zu sehen. Aber auch Joan Cusack, die hier nicht nur an der Seite ihres Bruder spielt, sondern sogar die Schwester von David mimt, ist, wie immer, fabelhaft. So muss das sein!

Fazit: Zu tiefst menschliches Vater-Sohn-Drama, was zwar von Storywegen her erst einmal relativ konventionell wirkt, aber schon nach wenigen Minuten zu einem der besten Genre-Zeiten der letzten Jahre aufläuft. Wunderbar durchdachte Figuren, eine packende Dramatik, sowie eine, in nahezu jeder Hinsicht, glaubwürdige Handlung, geben dem Film die richtige Würze und dadurch das die Komödien- noch Dramaelemente hier wunderbar in Einklang gebracht wurden, wirken die Szenen für den Druck auf die Tränendrüse nie aufgesetzt und bewirken beim Publikum somit den gewünschten Effekt. Grandiose Schauspieler runden das, an der Kinokasse wohl kaum gewürdigte, Geschehen dann ab und man hat es hier defintiv mit einem der besten Filme des Jahres 2007 zu tun. Schön, dass es so etwas auch noch gibt!

Wertung: 8,5+/10 Punkte

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