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Das Mondo-Genre ist eine Unterform der Dokumentation bei der exploitative Ausschlachtung von kontroversem Bildmaterial üblich ist. Der Zuschauer wird mit nackten Tatsachen, Kuriositäten und fremden Riten konfrontiert – die Schockwirkung klassischer Mondos ist aus heutiger Sicht aber längst verflogen, filmhistorisch sowie inszenatorisch haben die Großväter von Machwerken wie „Faces of Death“ oder „Faces of Gore“ aber durchaus ihren ganz speziellen Reiz. Als Urvater des Genres gilt Gualtiero Jacopetti, der so bedeutende Werke schuf wie „Mondo Cane“ oder „Africa Addio“.

Als wichtige Vorreiter sind aber die Filme „World by Night“ und „Europe by Night“ zu nennen, beide entstanden im Jahr 1959, Jacopetti fungierte sowohl als Drehbuchautor als auch als Sprecher dieser Filme, welche früh die Funktionsweisen des Mondo-Genres vorweg nahmen. Mit der Veröffentlichung seiner ersten Regie-Arbeit, „Mondo Cane“ hatte sich Jacopetti viele Feinde gemacht, genoss aber auch den Ruf eines ernst zu nehmenden Künstlers. Der Filmemacher blieb seiner Richtung treu und nach dem Genrefilm „Alle Frauen dieser Welt“ folgte dann die Fortsetzung zum Erstling, schlicht betitelt mit „Mondo Cane 2“.

Wieder präsentiert man dem Zuschauer unterschiedliche Szenen aus aller Welt welche kein klares, lineares Konzept verfolgen und angesichts ihrer hohen Banalität auch schnell langweilen können. Deutlich zu spüren, dass es sich größtenteils um ausgemustertes Material zum Erstling handelt, war dieser schon moderat, so bietet „Mondo Cane 2“ fast keine kontroverse Szene. Unnötig expliziter Tier-Snuff und die berühmt-berüchtigte, gestellte Szene in der eine Selbstverbrennung dargestellt wird sorgten für Diskussionsstoff, dessen Pulver aber schon lange verschossen ist – schön allerdings die offensichtlich aggressiven Anspielungen an Zensurbehörden, mit denen die Macher schon Bekanntschaft gemacht hatten. Die Zensur wird regelrecht provoziert indem man in einigen Szenen einer fast schon selbstzweckhaften Drastizität frönt.

Jacopetti und sein kreativer Partner Franco Prosperi suggerieren wirklich geschickt die Authentizität der vorliegenden Aufnahmen und arbeiteten wirklich sauber. Handwerklich ist die Montage der einzelnen Sequenz wieder sehr stark und auch der Kommentar wartet wieder mit zynischen Spitzen sowie Gesellschaftskritik auf. Leider ist in der deutschen Synchronisation davon nicht viel zu hören, lustlos und einschläfernd wirkt der Kommentar in dieser Fassung. Das italienische Original verbreitet mit englischen Untertiteln sicherlich am meisten Charme und sei an dieser Stelle empfohlen. Wie schon beim ersten Teil wertet das langweilige zusätzliche Bildmaterial der X-Rated Langfassung ungemein, als geschnittene Szenen hätten diese Sequenzen separat auf die DVD gehört. Trotzdem schön zu sehen mit welcher Akribie Bethmanns Label dem deutschen Zuschauer italienische Sleaze-Klassiker nahe zu bringen versucht.

Leider wirken viele der kleinen Episoden überflüssig und schlichtweg uninteressant, die albernen Szenen aus einer Travestie-Bar zum Beispiel hätten ebenso wenig in den Film gehört wie die als Frauen getarnten Polizisten, welche auf Triebtäter-Jagd gehen. Thematisch hätten sie eher in „Alle Frauen dieser Welt“ gepasst und hier nehmen sie – wie zahlreiche weitere Beispiele auch – viel vom Tempo und darunter leidet selbstverständlich der Unterhaltungswert. Da die hier dargestellten Kuriositäten heute alltäglich sind und keinen mehr überraschen (zum Beispiel die verwöhnten High Society Hunde) muss man den Film ausschließlich unter historischen Aspekten betrachten um den kommerziellen Erfolg nachvollziehen zu können. Mit Sicherheit war die Polemik für die Entstehungszeit immer noch gewagt, schließlich setzt man den Weg des ersten Teils konsequent fort, ohne sich in klassischem Überbietungswahn unbedingt selbst übertreffen zu wollen.

Kamera, Schnitt und äußerliche Gestaltung halten sich strikt an die ästhetischen Vorgaben aus Teil eins, dasselbe gilt für den eingängigen Score von Nino Oliviero. Riz Ortolanis oscarnominierte Musikuntermalung des Vorgängers wird nicht erreicht, obwohl Ortolani selbst am Soundtrack mitarbeitete und auch nicht verwendete Stücke hier verwenden konnte.

Fazit: Verzichtbare Fortsetzung, innerhalb des Genres ist „Mondo Cane 2“ aber immer noch absolute Spitzenklasse. Nichtsdestotrotz Jacopettis schlechtester, weil am wenigsten individueller Film. Die mangelnde Motivation ist jeder Szene, auch dem exklusiv neu gedrehten Material für Teil 2, überdeutlich anzumerken – also nur für Genre-Fans zu empfehlen…

5,5 / 10

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