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Nur selten verfilmte Hitchcock Drehbücher die ihm nicht persönlich zusagten und zu denen er keinen rechten Zugang fand, einfache Auftragsarbeiten lagen dem legendären Regisseur nicht. Zum Ende seiner Karriere beging er den Fehler mit „Topas“ einen solchen Stoff zu verfilmen und landete einen seiner größten kommerziellen wie künstlerischen Niederlagen. Anders beim 1940 gedrehten „Mr. And Mrs. Smith“, dem wohl ungewöhnlichsten Film im reichhaltigen Gesamtwerk des Machers. Für ironische Spitzen war er bekannt und versah selbst seine dunkelsten Filme stets mit einem feinen Hauch Ironie und mit „Trouble with Harry“ inszenierte er Jahre später eine sehr schwarze Thriller-Komödie, die sich allerdings wesentlich besser in das restliche Oeuvre fügt als vorliegender Film.

„Mr. and Mrs. Smith“ ist eine reinrassige Screwball-Komödie, gänzlich im amerikanischen Stil gehalten und ohne die typischen Merkmale eines Hitchcockfilms. Bezeichnend für diesen Umstand ist die eigene Aussage Hitchcocks, dass er zum Seelenleben seiner Protagonisten keinerlei Zugang fand und das Drehbuch ohne persönliche Färbung umsetzte. Norman Krasnas Buch basiert nicht auf einem Roman oder Theaterstück und ist als solches betrachtet solide geschrieben, mit geschliffenen Dialogen und guter Figurenzeichnung versehen. Allerdings sinkt das Tempo nach dem flotten Start merklich ab und die vorhersehbare Handlung tritt ein wenig auf der Stelle. Viele Sequenzen dienen kaum der Storyentwicklung und stehen nur für sich, wobei der charmant-altmodische Humor für eine entspannte Atmosphäre und damit für leichte Unterhaltung sorgen kann. Die einfache Geschichte punktet bereits zu Anfang mit einem ungewöhnlich portraitierten Paar: Die Smiths gehen zum Beispiel nicht aus dem Schlafzimmer, ehe der gerade aktuelle Streit nicht besiegelt ist. Das kann auch schon mal ein paar Tage dauern und dann muss die Kanzlei ohne Mr. Smith auskommen…

Obwohl heute fast vergessen und besonders im deutschsprachigen Raum weitgehend unbeachtet, war der Film zur Zeit seiner Premiere ein großer Erfolg. Der romantische Ton sollte jedoch nie wieder Eingang finden in Hitchcocks Filme, der den Auftrag nur annahm, um Hauptdarstellerin Carole Lombard einen Film zu widmen. Die damalige Ehefrau von Clark Gable überzeugt vollauf als charismatische, intelligente und deutlich emanzipierte Frau, die stark auf ihrem eigenen Willen beruht und sich in ihrer stürmischen Art nicht einfach bändigen lässt. Das Drehbuch hatte sich Lombard eigens ausgesucht und war gezielt an Hitchcock heran getreten. Als Partner sollte zunächst der für solche Rollen prädestinierte Cary Grant übernehmen, dieser konnte jedoch nicht für das Projekt gewonnen werden. Robert Montgomery erreicht zwar nicht den unvergessenen Charme Grants, kann sich jedoch behaupten und liefert eine überzeugende Vorstellung, auch wenn es ihm etwas an Charisma mangelt.

Formal funktioniert „Mr. and Mrs. Smith” sehr konventionell und ist ohne filmische Experimente sehr klar und einfach strukturiert. Die wenig nuancierte Grundidee könnte gehaltvoller sein, die teilweise wirklich treffsicheren Dialoge werden den starken Darstellern dagegen aber gerecht und sorgen für ein harmloses Vergnügen. Ein unauffälliger Score untermalt den Ehe-Spaß adäquat, wobei die Musik nie eine tragende Rolle übernimmt. Unter besten Produktionsbedingungen hielt sich die Realisierung des Projektes exakt an die zeitlichen, inhaltlichen und finanziellen Vorgaben des Studios, sodass Hitchcocks guter Ruf als zuverlässiger Handwerker weiter wuchs er einen weiteren Schritt in Richtung künstlerische Unabhängigkeit machen konnte.

Nach einem zähen Mittelteil gewinnt der Film wieder an Fahrt als er seinen Handlungsort von New York in einen winterlichen Urlaubsort verlegt, wo Montgomery einen letzten Versuch unternimmt um seine Frau zurück zu gewinnen. Der Ortswechsel tut dem bis dahin etwas eingefahrenen Handlungsverlauf gut, auch wenn das Finale ein wenig überhastet und kurz angebunden erscheint. In seinen späteren Filmen sollten Hitchcock prägnantere Schlusspunkte gelingen, doch aufgrund der mangelnden Nähe zur Emotionalität des Werkes sei es dem großen Meister der Suspense verziehen.

Fazit: Hitchcocks amerikanischster Film und seine einzige reine Komödie funktioniert dank guter schauspielerischer Leistungen und profitiert von der versierten, wenn auch nicht individuell spürbaren inszenatorischen Klasse des Regisseurs. Dank einiger unkonventioneller Ideen versinkt der Film nicht im biederen Fahrwasser des Genre-Klassikers „Leoparden küsst man nicht“.

06 / 10

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