Review

Unser allseits beliebter Aikido-Zauberer im Michelin-Männchen-Format hat 2006 einen Gang zurückgeschaltet. Gerade einmal magere drei Filme beglückte das Schwergewicht mit seiner Anwesenheit und blieb damit im Vergleich zum Vorjahr (4 Filme) hinter seiner Ausschussrate zurück. Muss man verstehen. Jünger wird der Gute schließlich auch nicht...
„Attack Force“, der früher einmal „Harvester“ hieß, war von Stamm-Autor Joe Halpin („Into the Sun“, „Shadow Man“) und Steven Seagal („Under Siege“, „Exit Wounds“) ursprünglich als exotisches Seagal-Vehikel angedacht, in dem der übergewichtige Ex-Actionstar sich mit einer Horde Aliens anlegen sollte. Im nachhinein hielten die Produzenten dies aber weniger für eine gute Idee, beorderten den eigentlich Stunt-Koordinator Tom Delmar zurück, ordneten Reshoots an und strickten die ursprüngliche Geschichte komplett neu, ohne dass Seagal irgendwie daran involviert war.
Das Endprodukt wurde nun ein Heidenspaß, indem Seagal (im O-Ton) mit zwei ganz unterschiedlichen Stimmen spricht, hinten und vorn nicht mehr viel zusammenpasst und der gepeinigte Zuschauer wieder einmal mit einem belanglosen Szenario genervt wird, wo zuviel geredet, zu wenig gehandelt und der übliche, ausgelutschte Bockmist-Plot vom Stapel gelassen wird: Seagal irrt durch ausladende Ostblock-Kulissen (angeblich sollen es Frankreich und die USA sein *hüstel*), schlägt ab und zu ein paar Leute tot und bekommt es mal wieder mit Drogenhändlern und verschwörerischen Militärs zu tun, für die er eigentlich arbeitet, die ihn dann mundtot machen wollen und dann doch wieder mit ihm kämpfen. Ganz herrlich, der Plot macht ähnlich viel Sinn wie die letzten Seagal-Märchen und glänzt mal wieder mit komplett innovationslosen Elementen. Ich persönlich habe diese Masche langsam wirklich satt und es erscheint angesichts dieser schwachen Vorstellung doch sehr fraglich, ob die ursprüngliche Fassung besser wäre.

Kommen wir zunächst einmal zu den positiven Dingen, denn die kann man an einer Hand abzählen. Seagal schlumpft zwar wie eh und je gut beleibt in langem schwarzen Gewand durch die Botanik, sitzt meistens herum oder walkt gemütlichen Schrittes durch das Geschehen, hat sich aber zumindest seine „Shadow Man“ – Pausbäckchen weggehungert.
Der zweite Grund sieht wesentlich besser aus, heißt Ileana Lazariuc, ist dem Einvernehmen nach Sängerin, Model und Playmate des rumänischen Playboys, hat aber leider viel zu wenig Screentime. Das war es dann auch schon.

Michael Keusch hat nach „Shadow Man“ leider überhaupt nichts dazu gelernt. Dieses Mal halten sich die schwachen CGI-Tricks zwar in Grenzen und der dicke Knobelbecher braucht auch keine Doubles, aber dafür lässt die Choreographie der Actionszenen den Genrefan Reißaus nehmen. Es schaut einfach zum Gruseln aus. Jeder halbwegs begabte B-Action-Regisseur wusste in den Neunzigern, wie er mit blutigen Shootouts, fleißiger Slowmotion und ein bisschen Auge für Details ansprechende Actionszenen abliefern konnte, aber Keusch scheint darauf bestehen zu wollen, das unbegabte Anti-Beispiel abzugeben. Dagegen sieht sogar unser aller Uwe Boll glatt wie ein Ästhet aus.
Gute Ansätze bietet der Film am Anfang sogar noch, als in einem blutigen Shootout ein paar Männer dahinsiechen, aber die Szenen sind so wild und unästhetisch geschnitten, dass die Ballerei schon wieder vorbei ist, bevor er begonnen hat. Die Explosion eines Fahrzeugs taugt dabei leider auch nicht die Bohne. Als Action-Freund fragt man sich da einfach, warum hier nicht einmal etwas länger und ausführlicher draufgehalten wird, um es sich mit den Zuschauern nicht gleich zu verscherzen. Auch die zwei weiteren Schießereien kranken an genau diesem Problem. Zwar wird sekundenlang auf die Gesichter der Toten gehalten, bis mindestens noch 10 Liter Kunstblut aus der Visage geflossen sind (Mit Kunstblut ist „Attack Force" nämlich ganz großzügig), aber eine schicke Schießerei bekommt Keusch nicht gebacken. Dabei dürften inzwischen doch nur noch eingefleischte Genrefans über Seagals Altervorsorgen stolpern, für die man zumindest einen Appetithappen servieren sollte. Doch Pustekuchen.
Wirkliches Martial Arts gibt es übrigens nicht zu sehen. Seagal fuchtelt im extrem armseligen Finale zwar mal wieder flott mit seinen Armen herum, dass man Angst bekommt, er könnte sich gleich selbst verknoten, aber mehr ist da leider nicht.

Keuschs Dilettantismus setzt sich in der Optik des Films fort. Ich mag gar nicht groß über die billigen Kulissen lästern, an die man sich inzwischen (leider) gewöhnt hat, aber der Film schaut so ultradüster aus, dass man meinen könnte, der Produktion wären die Beleuchter weggelaufen. Ich weiß nicht, was man mit dem Streifen in der Post-Production angestellt hat, aber viel zu viel passiert im Dunkeln. Besonders bei Seagal fällt dies immer wieder auf, weil eine Gesichtshälfte grundsätzlich im schwarzen Schatten versinkt. Vielleicht will man seine Altersfältchen kaschieren, aber so penetrant, wie die Bilder mit Schwarz zugekleistert werden, bekommt man fast Augenschmerzen.

Mit seiner Story hat „Attack Force“ darüber hinaus auch sein Kreuz zu schleppen. Seagal führt als Marshall Lawson eine Spezialeinheit des Militärs an. Die besteht allerdings auch aus drei vorlauten Jungspunden, die aus einer Strip-Bar eine Frau abschleppen. Zuhause zieht sie ihnen aber fix das Fell über die Ohren (Wow, was für Elitesoldaten...). Zurück bleiben drei Leichen, viel Blut und ein Fläschchen der neuen Modedroge CTX. Lawson dämmert gleich, dass da etwas im Busch ist und er legt los. Im Hintergrund will das in die Drogenherstellung involvierte Militär, für das er auch noch arbeitet, etwas vertuschen und verweigert ihm darauf dem Zutritt zum Hauptquartier. Darüber hinaus will ein Terrorist die Droge im Trinkwasser freisetzen. Im übrigen macht das CTX Menschen zu Bestien mit übermenschlichen Kräften. Schon klar... Seagal marschiert auf seine unnachahmliche Art natürlich los und prügelt Antworten heraus. Als Gag nutzt er übrigens später Klingen, die er an seinem Handgelenk befestigen kann. Wohl ein übriggebliebener Gag aus dem alten Alien-Plot.

Da sich der Film maßgeblich aus Dialogen und lediglich minimal aus Action zusammensetzt, muss der Zuschauer enorm viel Geschwafel über sich ergehen lassen. Das Militär tuschelt alle paar Minuten darüber, wie man das Problem Lawson löst, der Terrorist plant vor sich hin und Seagal fistelt seinen üblichen Schmarren zurecht, erhält hier allerdings nicht einmal coole Oneliner, die in der Vergangenheit noch mal die ein oder andere Situation retteten. Jede Szene spielt natürlich auch in schlecht ausgeleuchteten, langweiligen Kulissen gefilmt, damit auch ja keine Schauwerte auftreten.
Das Finale wird dann übrigens in Katakomben unter einer Kirche verlegt und erinnert kläglich an „Blade“, „Underworld“ und Co. Dort unten gibt es noch ein wenig Hauen und Stechen, aber aus den Socken haut das auch keinen mehr.


Fazit:
Ich sehe da echt schwarz, was Seagals weitere Filme angeht. Momentan nimmt er wohl auch deswegen von Osteuropa eine Auszeit und dreht in Mexiko„One Upon a Time in the Hood” . „Enemy of the Unseen“ dürfte als Remake einer Royal Oaks – Produktion (!!!) seiner Karriere demnächst sicherlich keinen Auftrieb verleihen. Ich freue mich schon auf die selben Stock – Footage – Szenen...
Den kalorienreichen „Attack Force“ mag ich nur noch als sehr anstrengend bezeichnen. Man kann die soweit professionelle Inszenierung ja noch schön reden und ordentlich Blut spritzt ja auch durch die Gegend, aber als Action-Fan wüsste ich jetzt wirklich keinen ernsthaften Grund sich diesen Murks noch einmal anzuschauen. Die wieder einmal konfuse Story (Immer wenn Seagal mit anderer Stimme spricht, hat man wohl die Ursprungsstory verändert) geht mir dabei gar nicht so sehr auf den Keks, es ist Michael Keuschs akzentfreie, düstere Inszenierung. Im Dunkeln ist gut Munkeln, oder wie?!
Man findet zwar noch kurze Ansätze vernünftiger Actionszenen, aber der Mann sollte doch zumindest einmal in der Lage sein mit einer anständigen Action-Choreographie einen schicken Shootout oder solide Martial – Arts – Knüppeleien zu Zelluloid zu bringen. So bleibt „Attack Force“ leider ein höchst überflüssiges B-Movie, dem ich nichts, aber auch gar nichts abgewinnen kann. Aber da ist der Film ja in sehr guter Gesellschaft. Es mangelt an Abwechslung und vor allem Tempo. Die lahmen Dialoge ziehen sich, der Plot kleckert ohne Überraschungen vor sich hin und Boogie-Steven hat zudem eine Beziehung zu einer deutlich jüngeren und auch noch attraktiven Frau. Die Knutscherei ist so ein Witz, den er sich bestimmt wieder selbst ins Drehbuch geschrieben hat.
Am Ende bin ich doch ziemlich sauer, obwohl ich genau so eine filmische Katastrophe erwartet hatte. Belanglos, schlecht inszeniert und langweilig.

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