"Stomp the Yard" endet mit einem Zitat Martin Luther Kings, dessen Konterfei auch in der "Hall of Fame" der fiktiven Truth University von Atlanta hängt. Nicht erstaunlich, denn King ist in Atlanta geboren und die Stadt stellt schon seit über 30 Jahren ausschließlich afro-amerikanische Bürgermeister oder - gerade aktuell - eine Bürgermeisterin.
Das ist sicherlich im Sinn des Kämpfers für die Gleichberechtigung aller Menschen und gegen den alltäglichen Rassismus. Aber der Film, der sich am Ende so peinlich seiner Worte bedient, spiegelt aus meiner Sicht nicht seine Vorstellungen wider. Natürlich gibt es nach wie vor Universitäten, die vor allem für afro-amerikanische Studenten gedacht sind, aber sie sind alle längst so souverän, daß sie jeden Studenten zulassen, auch wenn das Verhältnis noch deutlich zugunsten der Afro-Amerikaner ist. "In Stomp the Yard" gibt es aber ausschließlich farbige Menschen, so daß man fast geschockt ist, als man in einer Sequenz in einem Restaurant "Weiße" sieht.
Ausschließlichkeit ist aber niemals ein Zeichen von Selbstbewußtsein und auch wenn die Ausgrenzung vor mehreren Jahrzehnten gezwungenermaßen eine Notwendigkeit war, so ist gerade die Überwindung dieser Grenzen ein Zeichen der Entwicklung. Nicht ohne Grund sagte Will Smith zuletzt im Zusammenhang mit seinem Film "Das Streben nach Glück" ,daß er die Rassenunterschiede gar nicht mehr erwähnen will, weil das für ihn ein Zeichen der Normalität ist. Doch "Stomp the Yard" zwingt einem das Thema geradezu auf ,angesichts der hier gezeigten sehr spezifischen Tanzform, die an Stammesrythen erinnert, da sie eine gemeinsame Meinung transportiert und dazu fast immer in einen Dialog zu einer anderen Gruppe tritt.
Genau das unterscheidet das "Stompen" oder "Steppen" von diversen anderen Tänzen. Während normalerweise die Ästhetik und damit die optische Sprache im Vordergrund steht, die sich auch meist durch besonders leichte, fast fliessende Bewegungen auszeichnet, soll hier mit dem Tanz auch immer eine konkrete Haltung einer Gruppe transportiert werden, die dazu noch vom zahlreichen Publikum honoriert wird. Im Grund sind die meist abgehackten, aggressiv wirkenden Bewegungen nur Untermalung der gemeinsam rausgeschrieenen Botschaft, also wenn man so will eine Weiterentwicklung des Rappens mit Gruppendynamik. Für den uneingeweihten Betrachter ist es deshalb angesichts der glänzenden durchtrainierten fast ausschließlich männlichen Leiber schwer zu beurteilen, wer denn nun der Sieger dieser sogenannten "Battles" wird, da vordergründig kaum Leistungsunterschiede zu erkennen sind und die Bewegungen - abgesehen von einigen Kunststückchen - in ihrer Übertreibung eher lächerlich wirken.
Oftmals wird das nur dank des unterschiedlich starken Jubels des Publikums entschieden, wie in der ersten Szene, als DJ (Columbus Short), sein Bruder Duron und ihre Kumpels ausgerechnet auf fremdem Terrain eine andere Gang von "Stompern" besiegen. Schon hier ist zu erkennen, daß die "getanzten" Bewegungen (sogenannte "moves") stark von typischen männlichen Gesten geprägt sind, die ja in der Regel Coolness und Überlegenheit demonstrieren sollen, die aber durch die Gruppendynamik noch idiotischer und unsouveräner als sonst schon rüberkommen. Nicht erstaunlich, daß die Besiegten so gekränkt sind, daß sie die Gruppe um DJ auf derem Heimweg überfallen und dabei DJ's Bruder Duron ums Leben kommt.
Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Jugendgefängnis holt ihn sein Onkel nach Atlanta, damit er aus dem Ghetto rauskommt und ein anständiger Bürger wird. Wer jetzt glaubt, es kommt zu einem Kulturschock, angesichts der Konfrontation des "Straßen-Kids" DJ mit seinen Kommilitonen, die alle aus bürgerlichen Häusern stammen, der irrt. Zwar muß DJ nebenbei arbeiten (allerdings bei seinem netten Onkel), aber er kommt sofort super zurecht.
Die hier geschilderten Probleme sind von einer solchen Oberflächlichkeit, daß sie sich immer innerhalb von Sekunden lösen. Ob das sein "Battle" Feind ist, dem er die Freundin April ausspannt oder deren Vater, der ihn von der Uni schmeißt und ihm den Umgang mit seiner Tochter verbieten will. Schwupps, ergibt sich eine Wendung, die das vorherige Problem in Wohlgefallen auflöst - tatsächlich gibt es bis auf die erste Sequenz im gesamten Film keinerlei Gewalt, größere Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen mehr. Gefühle wie Eifersucht, Angst oder Liebe werden nur schwach angedeutet und verschwinden im Nichts ,angesichts der männlichen Rituale, die den Film bestimmen.
Es fällt schwer, eine Intention auszumachen, die darüber hinausgeht, bewußt das Zielpublikum der farbigen Jugendlichen in den USA anzusprechen. Scheinbar wollte man dabei kein Risiko eingehen und verzichtete sogar auf die sonst üblichen Sidekicks mit dem einen oder anderen Loser, Fettie oder der zickigen Schreckschraube. Das könnte man sogar positiv betrachten, wenn nicht stattdessen auf ein völlig unreflektiertes, äußerst konservatives Bild gesetzt würde, daß keinerlei Anzeichen von Selbstironie oder kritischer Reflexion spüren läßt.
Alle Beteiligten sind hier aufs Äußerste durchtrainiert und nur mit ihren Battles und Verbindungen beschäftigt - Studium und Universitätsalltag existiert nicht. Beziehungen zu Frauen kommen gar nicht vor, abgesehen dem "Kampf" um April, der schönen Tochter des Dekans, die wie ein Prunkstück selbstverständlich nur dem Sieger zusteht, der dazu noch in der Lage sein muß, ihr ein angemessenes Leben zu bieten.
Fazit : Vielleicht gab die Tatsache den Ausschlag, einen solchen Film nur mit afro-amerikanischen Schauspielern zu inszenieren, daß es von dieser Art Machwerke schon haufenweise Filme nur mit weißen Darstellern gibt.
Vielleicht wollte man auch weg von Filmen wie zuletzt "Spiel auf Bewährung", indem auch größtenteils Afro-Amerikaner mitspielten ,aber - wie meist - in ihrer angestammten Rolle als jugendliche Kriminelle.
Vielleicht gibt es deshalb hier (bis auf die wenigen ersten Minuten) nur schöne und äußerst gepflegte Locations, um nicht immer ärmliche "schwarze" Ghettos oder zerfallene Stadtteile zu zeigen.
Vielleicht hat man deshalb keinerlei ausgeprägten Charakterisierungen gewagt, keine angestaute Wut, keine sexuellen Aktivitäten, keine explosiven Auseinandersetzungen und nur tüchtige junge Männer gezeigt, die sich ihrer bürgerlichen Verantwortung bewußt sind und sich deshalb nur in neckischen Tänzen auseinandersetzen - so erhält der Gewinner des "Battles" auch keinen Preis, sondern stiftet diesen für einen wohltätigen Zweck.
Vielleicht war das die wuschelige, kuschelige und saubere Intention - aber deshalb ist trotzdem ein äußerst peinlicher Film dabei herausgekommen, der in seiner Ausgrenzung und total einseitigen Umkehrung schon wieder rassistisch wirkt (2/10).