Wer 67 Millionen für einen Film investiert, der hat auch eine Intention, vielleicht sogar eine Vision ! - Er will das Publikum begeistern und es in Scharen in die Videotheken locken, denn nur so wirft seine Investition auch eine ordentliche Rendite ab. Selbstverständlich wird zuvor der Markt sondiert, neuen Trends nachgeforscht und eine Menge Vorschläge gemacht, aus denen der Vielversprechendste ausgewählt wird. Bei einer so großen Geldsumme werden viele Rädchen gedreht und viel Brainstorming abgehalten, um für ein solches Vorhaben möglichst alle Risiken zu minimieren, wenn nicht gar auszuschließen.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen. "Die letzte Legion" ist ein klassisches Beispiel für gutes Marketing und genaue Beobachtung der Publikumserwartung. Und die erfüllt man am besten, wenn man möglichst alles ausschliesst, was bei der breiten Masse auf Kritik stossen könnte und das ist selten so gut gelungen wie in diesem Film.
Machen wir uns nichts vor - egal ob man Fan von Gewalt und Gore-Effekten ist, von Sex oder zumindest erotischen Szenen, von einer künstlerisch anspruchsvollen Inszenierung, von einer intelligenten und tiefgründigen Story, von schönen Bildern und tollen Ausstattungsdetails, von historisch wahrheitsgemäßen Stoffen, von guter Schnitt - und rasanter Kameratechnik, von beeindruckenden Locations und atemberaubenden Blickwinkeln, von aktueller Gesellschaftskritik oder satirisch-ironischen Seitenhieben oder auch nur begeisterter Kinogänger ist - man gehört nicht zur breiten Masse des Publikums und wird in "Die letzte Legion" zurecht nicht berücksichtigt.
Dazu kommt die Kombination aus Action und historischem Stoff immer gut, denn zum Einen lassen sich hier viele Scharmützel vom Zaun brechen, die den Zuschauer mit genug Prügeleien noch ohne die "bösen" modernen Waffen versorgen und zum Anderen vermeidet man damit jegliche Ähnlichkeiten zu realen Bezügen. Als Bösewichter müssen die Goten herhalten und ein merkwürdiger Warlord mit Maske, so dass es kaum ein Volk auf der Welt geben wird, dass sich hier auf die Füsse getreten fühlt. Schon gar nicht bei der Internationalität der Helden, die zwar offiziell als Römer firmieren, aber quotengerecht aufgeteilt sind. Alleine Aishwarya Rai , die ehemalige Miss World, die hier als Kämpferin allererster Güte vorgestellt wird, garantiert schon bei ihren indischen Landsleuten für ordentliche Umsätze auf dem DVD-Markt.
Und selbst der größte Religionsfanatiker wird angesichts der kuscheligen Annäherung zwischen Mira und Aurelius (Colin Firth) keine Einwände äußern, genausowenig wie der Jugendbeauftragte, angesichts des völlig auf Blut verzichtenden Dauergemetzels und der kindlichen Identifikationsfigur Thomas Sangster, der den jungen Cäsar Romulus Augustus spielt. Hier können sich auch Mama und Papa mit ihren heranwachsenden Sprösslingen einen munteren Kinonachmittag vornehmen oder später im sonntäglichen Nachmittagsprogramm die spannende Geschichte am neuen Flach-Breit-Bildschirm geniessen.
Gut gelungen ist dabei auch der ständige Wechsel der Locations, die ein wenig darüber hinwegtäuschen können, dass an allen Orten immer dasselbe passiert (nämlich irgendwelche Kämpfe). Schon in Rom hält man sich nicht lange mit den Krönungsfeierlichkeiten auf und lässt die Goten gleich in der ersten Nacht angreifen. Das dabei Mama und Papa des jungen Kaisers getötet werden ,ist zwar mäßig traurig, hat aber den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass Klein-Romulus später mit unser aller Unterstützung Selbstjustiz üben darf. Das ist sowieso nicht so schlimm, denn in den damaligen Zeiten war das ja noch ganz normal, oder ?
Doch der grösste Verdienst der Inszenierung, die immer wieder geschickt emotionale Höhepunkte schafft, indem sie irgendeinen Helden irgendeinen Gegenstand in die Höhe halten lässt und ihn dazu irgendwelche getragenen Worte zu einer noch getrageneren Musik sagen lässt (eine Handlungsweise, bei der sich Sir Ben Kingsley als weiser Ambrosinus besonders hervortut), ist ihre fast völlige Spannungslosigkeit. Dadurch das die wilden Goten schon so aussehen wie die Altrocker um die Ecke, wollte man nicht auch noch zusätzlich Spannung aufbauen und so taucht immer in der Sekunde, wenn gerade etwas Schlimmes passieren könnte, irgendein Retter auf. Man will ja sein jugendliches Publikum und die junggebliebenen Senioren nicht erschrecken.
Fazit : "Die letzte Legion" wird ihren Weg gehen, denn es handelt sich hier genau um die Art Film, die den kleinsten gemeinsamen Nenner eines weltweiten Publikums in sich vereinen kann - eine anspruchslose Story, bei der immer etwas passiert, völliger Verzicht auf charakterliche Tiefe und gut gewählte Identifikationsfiguren für ein internationales Publikum. Dazu keinerlei Realitätsbezug zu politischen oder religiösen Streitthemen und das Fehlen jeglichen Humors, der ja auch kulturell missverstanden werden könnte.
Historisch bleibt der Film bewusst ungenau und auch die Personen müssen sich keinerlei Gedanken über Haarschnitte oder Bartmoden machen, da diese über Jahre hinweg immer gleich adrett aussehen. Igittigitt-Bilder wie in sogenannten realen historischen Filmen, die auch immer Dreck und Krankheit unter der Bevölkerung zeigen, kommen hier natürlich nicht vor. Vielleicht gewinnt "Die letzte Legion" keine Preise, aber es wird viel Lob dafür erhalten, dass man noch Filme machen kann, die auch ohne Gewalt und extreme Ideen unterhalten können.
Wer sich also zu der beschriebenen Zielgruppe hinzugehörig fühlt, dem sei der Film wärmstens empfohlen - den wenigen Anderen kann ich nur raten, schreiend davon zu laufen (1,5/10).