"Amelie" Audrey Tautou wieder in einer romantischen Komödie, die dazu noch in Paris spielt - aber Niemand sieht hin. Vielleicht liegt es an dem deutschen Titel, den irgendein Schlaukopf ersonnen hat, der etwas besonders Geistreiches fabrizieren wollte, und damit haarscharf daneben lag. Das französische "Ensemble, c'est tout" trifft dagegen den Nagel auf den Kopf, denn hier geht es darum, dass der Einzelne, auch in der Großstadt, auf Dauer vor die Hunde geht...
Camille (Audrey Tautou) lebt in einer winzigen Wohnung unter den Dächern von Paris, aber von Romantik ist da keine Spur. Sie arbeitet nachts in einer Putzkolonne und erweckt bei ihren Kolleginnen vor allem Sorgen, weil sie immer so kränklich aussieht. Eines Tages trifft sie zufällig an der Haustür Philibert (Laurent Stocker), einen etwas linkisch wirkenden jungen Mann, der dazu noch stottert. Dieser bewohnt gemeinsam mit Franck (Guillaume Canet) eine etwas heruntergekommene, aber herrschaftliche Wohnung im Erdgeschoss.
Parallel zu Camilles Leben stellt uns Regisseur Berri auch Franck genauer vor, der als Koch arbeitet, wechselnde Frauenbekanntschaften pflegt und Sorgen um seine Oma hat, die mit einem Schlüsselbeinbruch im Krankenhaus gelandet ist. An seinem einzigen freien Tag in der Woche besucht er die alte Frau, bei der er aufgewachsen ist, in dem Pflegeheim, in dem sie auf Grund ihrer Behinderung jetzt leben muss. Da treffen natürlich Frust auf Frust und Francks Laune verschlechtert sich zusehends.
Berri vermittelt durchaus schlüssig die alltäglichen Probleme, die jeden treffen können, der langsam zwischen Arbeit, unbefriedigendem Privatleben, Geldknappheit und zusätzlichen Sorgen aufgerieben wird. Dabei vermeidet er übertriebene Dramatik, sondern konfrontiert uns nur mit typischen Familienproblemen, wie etwa die Streitigkeiten zwischen Camille und ihrer Mutter.
Die Situation ändert sich ausgerechnet durch den scheinbar merkwürdigsten Charakter - Philibert. Dieser, als er bemerkt, dass seine Nachbarin Camille sich schwer erkältet hat, holt diese aus ihrer kalten Wohnung zu sich, pflegt sie und bietet ihr an, bei ihm und Franck wohnen zu können. Der übelgelaunte Franck ist wenig begeistert über den weiblichen Zuwachs, der so gar nicht in sein Beuteschema passt und von ihm mit den Worten "Wer ist denn die Schwuchtel ?" begrüsst wird.
Bis zu diesem Zeitpunkt hätte noch die Möglichkeit bestanden, den Film zu einem Großstadtdrama auszubauen. So könnte sich der schüchterne, aber nette Philibert in die zwar im ersten Moment verhuscht wirkende, aber in Wirklichkeit sehr hübsche Camille verlieben, die aber den Macho Franck - gerade wegen seiner ablehnenden Art - vorzieht, worauf dieser sie nach einigen Ficks brutal fallen lässt und alle miteinander in der Gosse landen.
Das ist zwar die wahrscheinlichste Option, aber wir haben es ja mit einer romantischen Komödie zu tun und außerdem mit zwei Hauptdarstellern, die Erfahrung haben in komplizierten Liebesgeschichten ("Amelie", "Liebe mich, wenn du dich traust"). Und so beginnt ab diesem Moment die Ensembleleistung, denn irgendwie raufen sich mit der Zeit alle zusammen. Das wird zwar nach wie vor in ein realistisch wirkendes Umfeld eingeordnet, dass sich auch nicht vor dem Tod scheut, aber diese Probleme bekommen jetzt eine beherrschbare Qualität, weil sich Menschen, die bisher immer alleine durchs Leben gingen (so hatten selbst Philibert und Franck bisher keine Berührungspunkte), zusammengetan haben - "Ensemble, c'est tout".
Unter diesem Gesichtspunkt kann man Regisseur Berri nur Konsequenz zusprechen, aber trotzdem bleibt ein uneinheitliches Bild zurück. Denn die Klarheit in der Realität, die er in der ersten Hälfte des Films an den Tag legt, die verliert er in der zweiten Hälfte zugunsten eines völligen Weichspülgangs. So vermeidet er jeglichen wirklichen Konflikt, der das Ensemble tatsächlich gefordert hätte. Philibert interessiert sich für Camille natürlich nur als wahrer Freund und lernt schon kurz danach - dank seines gestärkten Selbstbewußtseins - eine hübsche junge Frau kennen und lieben. Und Camille und Franck durchlaufen ab sofort das gesamte Programm netter RomComs durch, wie man sie immer wieder gerne sieht, aber die den Zuschauer nicht wirklich überraschen können.
So stellt sich als Fazit die Frage, ob diese zwei völlig gegensätzlichen Stilmittel die Stärke oder die Schwäche des Films sind. Betrachtet man das Ganze positiv, dann ensteht beim Zuschauer durch die anfänglichen geschilderten Probleme, das ständige Gefühl, es könnte noch etwas "Schlimmes" passieren. Berri erzeugt damit durchaus Spannung.
Negativ gesehen wirken diese Beobachtungen aus dem alltäglichen Stadtleben im Nachhinein oberflächlich, weil der Film sich nicht um weiteren Tiefgang bemüht. Im Gegenteil erfährt man nicht wirklich etwas darüber, warum zum Beispiel Camille in ihre schlechte Lage kam, da zum Schluß selbst ihre Mutter im Kreise der Lieben mitfeiert - so schlimm kann das alles nicht gewesen sein, wenn sich die Probleme so schnell im Ensemble lösen lassen.
Zugute halten kann man dem Film, dass er die gesamte Geschichte flockig und kurzweilig erzählt, so dass man durchaus gut gelaunt aus derm Film herauskommt. Aber zuviel darüber nachdenken sollte man nicht (6/10).