Uwe Boll ist ein Phänomen. Von Kritikern gehasst, von vielen Filmfans geschmäht, bringen ihm seine grausig schlechten Filme dennoch immer wieder ne Menge Kohle in die Taschen, so dass er es sich leisten kann, selbst große Gesichter wie Ben Kingsley, Kristanna Loken oder auch Geraldine Chaplin in seinen Filmen unterzubringen. Als Proll-Regisseur verschrien, der sich aber selbst als wirklich talentierten Filmemacher ansieht, hat Boll dennoch eine eingeschworene Fan-Gemeinde um sich versammelt, die vor allem aus nimmermüden Trashfreaks besteht. Auch ich persönlich bin ein Freund von gutem Trash, doch Uwe Boll lässt mich trotzdem eher die Kloschüssel umfassen, als dreckig meine Freude an seinen Filmen haben zu können. Mit "Postal" habe ich ihm aber dennoch noch einmal eine Chance gegeben, ist das Werk doch als anarchistische Abrechnung mit der öden "Political Correctness" dieser Welt angekündigt worden, die dort weitermacht, wo alle anderen schon längst aufgehört haben. Und ja, dies macht diese, nur an der Oberfläche als solches zu erkennende, Videospielverfilmung auch wirklich. Dennoch ist auch "Postal" wieder Boll total, vor allem total langweilig.
Storymäßig hört sich das Ganze aber erst einmal total launig und abgefahren an. Es geht um den so genannten "Postal Dude", dessen Leben eigentlich höllisch öde ist, so dass er sich seinem Onkel, dem Guru einer sexbesessenen Untergangsreligion, anschließt. Zusammen wollen sie im Vergnügungspark "Little Germany" eine Ladung von gewinnbringenden Peniskuscheltieren klauen, um damit den großen Reibach machen. Doch ihn kommen Osama Bin Laden und seine Taliban dazwischen, die nach dem 11. September noch immer nicht ganz dort angelangt sind, wo sie hinwollen und in den Kuschelpenisen Biowaffen schmuggeln wollen. Da tickt der "Postal Dude" endgültig aus... Ja, in Punkto Schräg- und Tabulosigkeit macht dem Boll so schnell sicher keiner etwas vor. Alles und jeder bekommt hier sein Fett weg und die bekannten Klischees einer jeden Kultur werden hier bis zur Schmerzgrenze aufs Korn genommen. Von Sinn und Verstand will man da selbstverständlich nichts wissen, Hauptsache es wird vor allem lustig. Doch so wirklich lustig ist der Film nicht.
Denn am größten krankt "Postal" vor allem daran, dass jedes auch noch so grenzenbrechende Tabu nicht anders wirkt, als dass Boll dringend wirklich jede auch noch so kleine Faser der politischen Korrektheit durch die Scheiße ziehen möchte, ohne Rücksicht auf irgendwelche Verluste oder der Geschlossenheit des Ganzen. Ein Tabu nach dem Anderen rollt auf den Zuschauer zu und wird ohne irgendwelche Liebe zum Detail auseinander genommen. Geschmacklosigkeiten sind dabei an der Tagesordnung, die aber in ihrer Gesamtheit nur furchtbar gewollt wirken und nie den satirischen Funken sprühen lassen, den man sich eigentlich gewünscht hätte. Hier werden die Grobheiten einzig und allein deshalb aufgefahren, um zu provozieren und zu zeigen, wie weit man doch im Endeffekt gehen kann, ohne das aber eben wirklich etwas unterhaltsames dabei heraus entspringt. Zumindest mir ist bei Szenen wie die Erschießung einer Kindergruppe oder der Behauptung das die Opfer von 9/11 den Tod verdient haben, deutlich das Lachen vergangen, so sehr man diese Grenzüberschreitung im Sinne des Humors auch irgendwo bewundert. In dieser losen Aneinanderklatschung wirkt sie einfach nicht, vor allem nicht komisch. Zumal Boll zwar in Sachen Geschmacklosigkeiten keine Grenze kennt, sich dabei aber trotzdem nicht wirklich traut, die Zensoren zu ärgern. Mehr als ein Paar blanke Titten gibt es z. Bsp. auch hier nicht zu sehen und wirklich Gorig wird es irgendwie auch nicht. Außer man zählt die dämliche Sackkratzszene dazu.
Und auch inszenatorisch ist, wie zu erwarten, nur Dilettantismus zu sehen. Da kann man nehmen was man will, irgendwie hat es Boll, auch nach sonst wie vielen Filmen, noch nicht wirklich für nötig gehalten, wenigstens ein bisschen Mühe in sein Schaffen zu setzen, selbst wenn man "Postal" noch als gewollten Trash wertet. Die Aufnahmen wirken hässlich, die Spezialeffekte billig und die ganze aktustische Untermalung ist, bis auf einzelne Songs, ein Grauen. Zudem merkt Boll auch nicht, wann es am besten ist aufzuhören und zieht sein Machwerk auf unglaubliche 107 Minuten in die Länge, selbst wenn der Inhalt nicht einmal für eine Stunde wirklich ausreicht. Eben ein Boll, wie er leibt und lebt.
Einzig und allein ein paar gelungene Gags außerhalb der schnarchigen Tabubrecherrei, sowie der gelungene Showdown, retten "Postal" vor der absoluten Bedeutungslosigkeit. So ist z. Bsp. Bolls Auftritt und seine grandiose Selbstverarsche das wirkliche Highlight des Films, die man ihm so gar nicht zugetraut hätte. Zwar hatte ich bei der Sichtung dieser Szenen auch irgendwie das Gefühl, als hätte Boll dies nicht wirklich aus eigenen Stücken gemacht, sondern eher als gezwungen wirkende "Ich bin mal nicht so"-Szene eingefügt, trotzdem ist diese Stelle wirklich beissend komisch. Genauso wie die Vorführung Osamas und George W. Bush oder wenn der deutsche, verunglückte Arnold Schwarzenegger-Klon Raf Möller einen vertrottelten Hilfssheriff mimt. Und wenn der Dude dann zum Abschied eine Friedensrede an seine Gegner hält und diese dann darauf nur mit einem kühlen "Knallt ihn ab" reagieren, kann man auch schon einmal schön dreckig grinsen, genauso wie beim gelungenen Showdown. Aber diese Szenen bilden nun einmal die Ausnahmen, im Strudel der langweilligen und peinlich misslungenen Tabubrüche.
Soweit ganz annehmbar entpuppen sich auch die Schauspieler, die dieses mal nicht aus irgendwelchen großen Gesichtern bestehen, sondern eher aus bekannten B- und C-Promis, welche allerdings, zugegeben, allesamt ganz passend ausgewählt wurden. Zack Ward als "The Dude" zieht soweit eine gute Show ab und auch Ralle und der Kleinwüchsige Verne Troyer ziehen sich gekonnt und ohne Wahrung der Selbstachtung durch den Kakao. Wirklich viel retten können sie aber leider auch nicht.
Fazit: Auch Bolls erster Versuch, mal nicht unfreiwillig sondern freiwillig komisch zu wirken, (abgesehen von seinen Frühwerken) schlägt unaufhaltsam fehl. "Postal", Bolls politisch völlig unkorrekte, geschmacklose und grenzüberschreitende Abrechnung mit allem, was dem braven Bürger so heilig ist, besitzt so viele Anzeichen für ein wirklich abartig-dreckiges Filmvergnügen, die er aber durch seine platten, gedrückt (sprich nicht gekonnt) auf Tabubruch gebürsteten und nie wirklich überzeugenden Brachialo-Gags, wieder vollends gegen die Wand fährt. Wie man die Scheinheiligkeit unserer Welt gekonnt und böse seinem Publikum vorführt, haben uns z. Bsp. Tray Parker und Matt Stone mit "South Park" schon lange bewiesen, doch bei Bolls gewollten Dünnschiss schläft man eher ein, als das man sich wirklich belustigt fühlt.
Wertung: 3,5/10 Punkte