Review

Sie sind zurück, Fred Vogel und sein Gefolge schicken den Zuschauer erneut auf eine Tour de Force und zelebrieren ihren ganz eigenen Wahnsinn erneut in Spielfilmlänge. Wie schon die Vorgänger „August Undergound“ und „Mordum“ verzichtet auch „Penance“ vollständig auf einen angemessenen filmischen Rahmen und ist erneut gestaltet wie ein unbeholfen gefilmtes Home-Video. Keine Überraschung für den Kenner von Toe Tag, auch hier zieht man wieder alle Register um einer realen Snuff-Ästhetik so nahe wie möglich zu kommen. Einen Dreck schert man sich um Story und Täterpsychogramm, lediglich die ungewöhnlich klare und hell erleuchtete Optik spricht gegen den grobkörnigen, dunklen Stil der bisherigen Reihe. Schon in den ersten Szenen fällt auf, wie gut erkennbar plötzlich die Umgebung und die Hintergründe sind. Doch einen gefallen machen sich die Psychos um Vogel damit leider nicht.

Dem ersten Teil konnte ich noch so einiges abgewinnen, schließlich erzeugte dieses nie gekannte Ausmaß drastisch dargestellter Scheußlichkeiten eine sogartige Wirkung und kreierte einen ganz eigenen Reiz. Nur noch aus dem Sub Rosa-Studio kommen vergleichbar grenzüberschreitende Filme, wobei nur der Ausnahmefilm „Scrapbook“ an die intensive Wirkung der August Undergound-Filme herankommt. Immer noch findet sich keine ironische Brechung, „Penance“ bleibt von Anfang bis Ende hart, nihilistisch und kalt. In Sachen Gore gibt sich Vogel redlich Mühe seine Vorgänger zu übertreffen, diesmal hält die Kamera voll drauf und lässt alles erkennen.

Da der geneigte Zuschauer aber schon viel gewohnt ist vom August-Team fällt es selbstverständlich schwer noch weitere Tabubrüche auf demselben kranken Niveau zu präsentieren. Die an sich geschickte Konzeption des scheinbar unmotiviert abgefilmten Materials wirkt zwar immer noch authentisch, kann aber keine neuen Akzente setzen und so tritt man seit dem ersten Teil auf der Stelle. Als letzter Film der Reihe angekündigt, schließt „Penance“ noch nicht mal ab und wirkt unter anderem deswegen überaus lieblos. Vom Zuschauer selbst fordert der Film zwar keine Reflexion, zwingt diese aber geradezu auf – sich keine Meinung zu bilden über das Gesehene ist schier unmöglich. Das unterhalb der grell provozierenden Oberfläche nicht viel Gehaltvolles steckt dürfte ebenso klar sein wie die Tatsache das sich der Unterhaltungswert doch stark in Grenzen hält.

Viele Sequenzen zeigen die Hauptdarsteller „privat“, angestrebt wird hier aber keine nähere Psychologisierung der Täter – die sind reduziert auf Gewaltgeilheit. Vogel und seine abartigen Freunde sind moralisch ganz einfach völlig verwahrlost und scheinen einen unbändigen Hass auf alle Menschen zu hegen. Genauso wie jedes einzelne ihrer Opfer bleiben die Mörder aber ohne Hintergrund, was ungemein zur Dämonisierung beiträgt. Wenn man sieht wie sich unästhetisch und schlichtweg unsympathische Menschen an Folterung und menschenverachtender Demütigung Unschuldiger erfreuen und man sich auf den humorlosen Trip einlässt, kann die volle Bandbreite eines solchen Filmes wirken.

Von Schauspielern kann man nicht reden, die Darstellung ist aber wie schon in den Vorgängern beiderseitig gelungen. Sowohl die krass zugerichteten Opfer, welche ihre Demütigung schmerzlich realistisch kenntlich machen, als auch die mittlerweile in ihren Rollen geübten Täter; Authentisch wie eh und je erzeugt die intensive Zusammenarbeit des kleinen Drehteams eine ganz eigene Atmosphäre. Unterstützt werden die Laiendarsteller durch die wirklich professionell gefertigten Effekte, nie ist zu sehen wo das Make-Up anfängt und wo es aufhört.

Kein Wunder, bedenkt man das Fred Vogel schon reichhaltige Erfahrungen als F/X-Mann sammeln konnte, schließlich lehrte Vogel an Tom Savinis angesehener Make-Up-Schule. Der Traum vom eigenen Film erfüllte sich zunächst nicht, da alle geplanten Projekte einfach viel zu teuer waren. So entschied sich Vogel für ein billiges Konzept und eine fragwürdig grenzüberschreitende Thematik, die sich in „Penance“ aber gnadenlos selbst ausbremst und lediglich eintönig und abgeschmackt wirkt. Vogels bisher einziges anderes Werk, „The Redsin Tower“ konnte ich bisher noch nicht begutachten, ganz im Stile Jörg Buttgereits sollte er aber wissen wo seine persönlichen Grenzen sind. Ein weiterer „August Underground“ wäre fatal, die Idee ist ausgereizt und wohl in diesem Rahmen nicht mehr erweiterbar.

Fazit: Für Fans der Reihe im Großen und Ganzen zufrieden stellend, mal wieder übelster Sicko-Kram der härtesten Sorte. Im direkten Vergleich zu den Vorgängern aber bei weitem nicht mehr schockierend und innovativ und durch die lose Story ein ziemlich beliebiger Abschluss. Den Oscar wird Fred Vogel wohl nie gewinnen, meine Sympathie hat er aber auf seiner Seite – so was muss man sich erst mal trauen, auch in „Penance“ werden genüsslich Tabus gebrochen und Grenzen überschritten.

3,5 / 10

Details
Ähnliche Filme