Fortsetzungen sind ein ungeschriebenes Gesetz im Horror-Genre. Es gibt kaum einen erfolgreichen Horror-Film, der nicht zumindest eine Fortsetzung nach sich gezogen hat. Man erinnere sich in diesem Bereich einfach mal an die zahlreichen Fortsetzungen von „Freitag, der 13.“ oder „Halloween“. Meist können diese Fortsetzungen nicht mit dem Original mithalten. So gibt es des Öfteren billige Aufgüsse, die nicht selten versuchen den Mangel an Originalität mit einem Mehr an Brutalität auszugleichen.
Bei „Hostel 2“ waren die Voraussetzungen nicht schlecht, um mit diesem ungeschrieben Genre-Gesetz zu brechen. Mit Eli Roth war wieder der kreative Kopf hinter dem ersten Teil beteiligt. Auch Quentin Tarantino fungierte wieder als Produzent. Zudem zeichnete sich der erste Teil durch ein enorm hohes Ausmaß an Brutalität aus, so dass man sich eine Steigerung nur schwer vorstellen konnte. „Hostel“ aus dem Jahre 2005 war zudem ein höchst polarisierender Film, der mindestens genauso viele leidenschaftliche Gegner, wie Fans hatte. So warteten die Filmfreunde gespannt auf die zweite Schlachtplatte, die uns der junge Regisseur Eli Roth servieren wollte. Im Vorfeld ließ er verlauten, dass „Hostel 2“ wesentlich subtiler daherkommen sollte, als sein Vorgänger und im Vergleich der wesentlich bessere Film sein sollte. Nun gut, eine andere Aussage wäre sicherlich schlechtes Marketing gewesen, dennoch gilt es, sie zu überprüfen.
Auf der Habenseite steht, dass die meisten Schauspieler wieder an Bord sind (sofern sie den ersten Teil überlebt haben). SPOILER Es ist schon ein ziemlicher Schlag ins Gesicht des Zuschauers, dass der Held des ersten Teils, der sich nur unter größten Mühen und Verletzungen aus den Fängen der „Elite Hunting“-Gruppe befreit hat, in den ersten Minuten der Fortsetzung geköpft wird. Letztlich wird so sein Überlebenskampf, den der Zuschauer im ersten Teil mitverfolgt hat, ad absurdum geführt. SPOILER ENDE Es ist klar, dass sich Eli Roth mit diesem Mittel eine totale Unberechenbarket erkauft, allerdings schließt er auch so das Kapitel des ersten Teiles. Dabei war der Schauspeler Jay Fernandez ein starker Charakter und es wären interessante Handlungsstränge mit ihm im zweiten Teil denkbar gewesen. Eli Roth verschenkt so einiges an Potenzial.
„Hostel 2“ rückt nun eine neue Reisegruppe (diesmal sind es Mädchen) in den Vordergrund und erzählt die Geschichte einfach nochmal neu. Er verschiebt allerdings die Perspektive. War der Zuschauer im ersten ein Teil der Reisegruppe, der selbst in die Fänge gemeiner Entführer gerät, so erfährt er im zweiten Teil mehr über die Organisation und sieht, welch perfide und perverse Vorbereitung nötig ist, um den reichen Kunden ihr unbarmherziges Vergnügen zu bereiten. Dieser Perspektivwechsel hat natürlich einige Vorteile. So ist eine besonders bemerkenswerte Szene hervorzuheben, die ganz klar die Werbung des bekannten Online-Auktionshauses ebay persifliert. Die neuesten Opfer werden per Online-Auktion an reiche Perverse weltweit angeboten. In einer an die ebay-Werbespots angelehnten Montage, sieht man die Kunden auf die Mädchen bieten, bis sich ein Gewinner herausstellt, der sich auf einem Golfplatz mit einer geballten Faust freut. Dass nicht noch der bekannte Werbeslogan „3..., 2..., 1..., meins!“ zitiert wird, ist auch alles. Dies ist eine der stärksten Szenen des Filmes, denn schließlich werden darin nicht Modelleisenbahnen oder Bücher versteigert, sondern das „Recht“ eine junge Frau zu ermorden. Diese Montage verbindet die nicht so unwahrscheinliche Horrorvision der High-Society-Mörder mit der Banalität unseres täglichen Lebens. Wie sicherlich jeder der Zuschauer, der sich „Hostel 2“ im Kino anschaut, schon einmal irgendetwas bei ebay geschossen hat, wird hier mit der gleichen Selbstverständlichkeit um ein Menschenleben geschachert.
Der eben erwähnte Perspektivwechsel hat allerdings auch negative Auswirkungen: Lebte der erste Teil von der Ungläubigkeit über die Hintergründe der brutalen (und explizit dargestellten) Folterungen, wird in „Hostel 2“ der Vorhang gleich gelüftet. Es gibt eigentlich gar keinen Vorhang. Während „Hostel“ den Zuschauer in die enorm beängstigende Perspektive des Opfers versetzt (auch durch mehrfache Kameraeinstellungen aus der Sicht eines Opfers), begleitet man in „Hostel 2“ zwar auch eine Reisegruppe auf dem Weg ins Verderben, ist aber mindestens genauso oft bei den Hintermännern der Organisation und den potenziellen Tätern. Dies schmälert die Spannung ganz ungemein. Man ertappt sich als Zuschauer des Öfteren dabei, nur darauf zu warten, bis die Folterungen losgehen. Dies war im ersten Teil ganz anders. Eingelullt durch die unterhaltsame „Teenie-Sex-und-Drogen-Klamotte“, die sich im ersten Teil von „Hostel“ abspielte, brachen die wirklich heftigen Folterungen wie eine Welle über den Zuschauer hinein. Roth erzeugte so beim Zuschauer eine enorme Wirkung. Dadurch, dass Roth den „Höhepunkt“ im Laufe der ersten Filmhälfte organisatorisch vorbereitet, wartet man ganz unweigerlich auf ihn. Folglich ist die Stimmung eine ganz andere, wie im ersten Teil.
Hinzu kommt, dass „Hostel 2“ wesentlich zahmer ist, als Teil 1. Insofern ist natürlich das „Hinarbeiten auf explizite Szenen“ fragwürdig, das Roth hier betreibt, doch es gibt auch wesentlich weniger zu sehen. Man hat also auch als geneigter Genrefan nicht nur mit einem deutlichen Minus an Spannung zu leben, sondern auch an Gore. Dies ist auch für Freunde des ersten Teils nur schwer verdaulich. Fairerweise muß man an dieser Stelle erwähnen, dass die deutsche Kinofassung leider nur geschnitten zu sehen war. Insofern ist anzunehmen, dass die Kritik an dem Mangel an expliziten Szenen zumindest zum Teil durch die Zensur bedingt, unberechtigt ist, doch die generellen Kritikpunkte bleiben nichtsdestotrotz bestehen.
Auch schauspielerisch kann „Hostel 2“ nicht ganz mithalten. Zwar sind mit Heather Materazzo und Richard Burgi zwei halbwegs bekannte Gesichter an Bord und auch einige Nebenrollen (z.B. der Leiter des Hostels) sind mit den gleichen Schauspielern besetzt, wie in Teil 1, doch wirkten die Darsteller aus „Hostel“ wesentlich lebendiger (zumindest bis zum jeweiligen Ableben). Heather Materazzo wird insofern verschenkt, als dass sie die eindimensionale Version eines leicht verträumten und spleenigen Mädchens spielt. Zudem ist sie das erste Opfer. Die weiteren weiblichen Hauptdarsteller können eher mit ihren süßen Hintern, als mit einer memorablen Leistungen überzeugen. Auch die Hintermänner bleiben blaß. Burgi gibt den harten Geschäftsmann mit einem Hang zum Sadismus eher eindimensional. Die abrupte Wandlung, die er in einer Szene durchmacht wirkt dabei unglaubwürdig. Auch da konnte der erste Teil mehr punkten, vor allem, wenn man z.B. an die Intensität der Begegnung Paxtons mit seinem deutschsprachigen potenziellen Möder denkt. „Hostel 2“ erreicht solche Momente leider nie. Auch der Komplex, in dem die Opfer gefangengehalten werden, wirkte in Teil 1 bedrohlicher, vor allem als Paxton aus der Einrichtung flieht und immer mehr grausame Details sichtbar werden.
Zwar gibt es auch inszenatorisch einige schöne Szenen zu sehen, wie z.B. das Volksfest, auf dem sich die Mädchen ein letztes Mal unbeschwert amüsieren. Roth schafft es dort, untermalt von traditionellen Musikstücken, innerhalb der ausgelassenen Szenerie eine bedrohliche Stimmung aufzubauen, vor allem mit Hilfe von absurd kostümierten Fabelwesen, die in Zeitlupe mit dem passenden Sound unterlagt gar nicht mehr so heiter aussehen. Rein handwerklich wirkt sein Film vielleicht sogar noch ein wenig geschliffener, als der erste Teil, der wiederum eine Steigerung seiner handwerklichen Fähigkeiten gegenüber seinem Erstlingswerk „Cabin Fever“ bedeutete, doch die Rezeptur stimmt nicht. Ein Film dieses Genres (für Filme wie „Hostel“ oder „The Hills have Eyes“ wurde auch das Subgenre des Terror-Films geschaffen) lebt nun einmal von seiner Spannung und den Effekten. Bei beiden Punkten, kann sich Roth selbst nicht das Wasser reichen. Dass Fortsetzungen immer am Original gemessen werden, versteht sich ja von selbst, insofern muß sich Roth diesen Vorwurf gefallen lassen, vor allem, da er, wie eingangs beschrieben, die besten Voraussetzungen hatte, eine mindestens ebenbürtige Fortsetzung zu inszenieren.
Insofern muß man „Hostel 2“ leider in die Reihe der eher mißlungenen Horrorfortsetzungen einreihen. Zwar bietet die Geschichte noch Möglichkeiten für einen dritten oder sogar vierten Teil, doch es bleibt zu hoffen, dass sich Roth wieder eines originären Stoffes annimmt (nichts anderes war „Hostel“ bei Erscheinen) und wieder einen kleinen Genreklassiker erschafft. Mit „Hostel 2“ ist ihm dies definitiv nicht gelungen.
Fazit:
5 / 10