Mit der Thematisierung der weiblichen Emanzipierung im Kino assoziiert man sicherlich zuletzt die 20ziger Jahre- was einerseits wesentlich auf die nostalgische Verklärung dieser Dekade, zum anderen aber auch an der zunehmenden Verdrängung des Stummfilms aus dem heutigen Kanon der filmischen Auffassungsgabe, zurückzuführen ist. Gerade aus diesem Grunde ist Per Lindbergs Milieustudie „Weibliche Junggesellen“ auf dem Jahre 1923 besonders interessant: Hier wird ans Licht gezerrt was damals sicherlich manchem nicht genehm war: Das andere Gesicht des Proletariats, das weibliche. Frauen, die ohne männliche Versorger mit harter Arbeit in Fabriken und Werkstätten ihren Lebensunterhalt verdienen und darauf auch sichtlich stolz sind, ihre Souveränität auch unter keinen Umständen an liebestolle Burschen verlieren möchten.
Exemplarisch dargestellt wird diese Lebensart an einer reinen Frauen-WG. Von den Wänden predigen aufgestickte Parolen Genügsam- , Enthaltsam-, und Tüchtigkeit; Männern ist jeder längere Aufenthalt untersagt. Der süffisant-ironische Ton, mit dem die zurückhaltend-bescheidene Protagonistin Pegg (wunderbar ungezwungen: Tora Teje) den Zuschauer durch ihre kleine Welt führt, lässt früh erahnen das hier kein sachlicher Diskurs über den Rollenwechsel der Frau sondern ein beherztes Lustspiel bevorsteht. Dementsprechend ist auch die überwiegende Zahl der in der folgenden Einleitung augenzwinkernd eingeführten Charaktere eher stereotyp und nur mit einigen wenigen Eigenschaften selektiert- so etwa die naive, 18jährige Baby (Inga Tidblad) die sich aller Warnungen ihrer Mitbewohnerinnen zum Trotz mit dem verschlagenen, lüsternen Nachbarn einlässt und bald ihren Fehler einsehen muss- oder die älteste und tüchtigste der vier Frauen, Emmy (Linnéa Hillberg), die abends stets erschöpft heimkehrt und quasi von der Arbeit ins Bett fällt. Mehr oder minder oberflächlich geführt wird die WG aber von der resoluten Eva (Renée Björling) die mit größter, teils schon fast manischer Beharrlichkeit auf ihrer Emanzipation besteht.
In dieser munteren Vereinigung der Amazonen geht es dann auch kaum anders zu wie in einem Junggesellen-Haushalt: Das Geschirr wird zu selten gespült, das Essen brennt an, das Waschen der Kleider wird unwillig hinausgezögert und oft von Resten gegessen. Indirekt wird damit darauf hingewiesen das auch allein stehende Frauen aufgrund ihrer begrenzten Freizeit mit diesen „typischen“ Männerproblemen zu kämpfen haben, diese hier jedoch anderen Ursprungs sind. Die wenigen männlichen Figuren des Films- die beinahe ausschließlich weibliche Besetzung sorgte bei der Veröffentlichung des Films für Aufsehen- sind allesamt Störenfriede der übelsten Sorte, aufdringlich, lüstern, prahlerisch und untreu. Gerade aus diesem Grunde verärgert der Ausgang der banalen Geschichte, die Lindberg an sich mit viel Feingefühl für die kleinen, entscheidenden Momente eines solchen „Frauenlebens“ zu einer ironischen Komödie mit manch satirischem Farbtupfer verarbeitet. Peggs Chef (Egil Eide), der dämonische Schürzenjäger der sie anfangs beinahe sexuell belästigte wandelt sich in den letzten Minuten des Films ganz unversehens zum liebevollen Retter der Pegg Liebe und ein gesichertes Leben offeriert und auf dessen Heiratsantrag sie letztlich- auch zugunsten ihres kleinen Bruders Putte dessen Charakter leider kaum die Bedeutsamkeit erhält die er eigentlich besitzt- auch eingeht. Damit wird der Zuschauer- insbesondere der weibliche- geohrfeigt, denn von Konsequenz oder Loyalität kann hier keine Rede sein; der Film widerspricht im Finale seiner gesamten Grundethik. Zur Entstehungszeit von „Weibliche Junggesellen“ 1923 war an eine subversive Frauenpower-Schlusspointe wohl noch nicht zu denken und so löst sich der rebellische Grundton des Films in der schwer kitschverdächtigen Schlusssequenz in Wohlgefallen auf- sehr bedauerlich denn so wurde gerade den höhnischen Stimmen der Chauvinisten Rechnung getragen: Frauenarbeit ist zwar schön und gut, so ganz ohne männliche Hilfe können sich die Weibsbilder dann aber doch nicht aus dem emotionalen und ökonomischen Sumpf ziehen.
„Weibliche Junggesellen“ gefällt somit vor allem als amüsantes, von den herzlichen Darstellern charmant umgesetztes Lustspiel für „die Frau von Welt“, bleibt aber aufgrund seiner extremen Inkonsequenz und Wankelmütigkeit lediglich als Dokument seiner Zeit, nicht aber als Dokument eines gesellschaftlichen Umbruchs im Gedächtnis. Denn trotz vermeintlich ernster Absichten deklassiert Per Lindberg das Aufbegehren seiner Protagonistinnen im letzten Akt seines Films als merkwürdigen, neumodischen Spleen der letztlich einem glücklichen (Familien-)Leben nur im Wege steht und lediglich als vorübergehende Alternative akzeptabel ist. Das ist insbesondere im Blick auf die erfrischenden, authentischen Momente in denen das Leben in der munteren Frauenarbeiter-WG glaubwürdig dargestellt wird schade- denn hier hätte Lindberg Pionierarbeit leisten können. Als Erläuterung der Thematik für seine Zeit also durchaus frisch und modern, im Endeffekt aber doch zu zaghaft um seinen Weg ohne Kompromisse bis zum Ende zu gehen. Zurück bleibt viel ungenutztes Potenzial aber leider kein Werk von nachhaltiger Wirkung.