Wirklich guten Buddy-Movies schaden Fortsetzungen nicht. Selbst wenn die Nachzieher ur selten das Original übertrumpfen, so wäre es doch schade gut harmonierende Figurenkonstellationen allzu schnell aufzugeben. Was bei 80er-Evergreens wie „Leathal Weapon“ und „Beverly Hills Cop“ einwandfrei funktionierte gilt nicht für jeden Vertreter des Genres. Nicht immer sind die Hauptfiguren so sympathisch und kultig, dass der Zuschauer sie unbedingt in weiteren Abenteuern erleben muss. Letzteres gilt für die Erfolgsreihe „Rush Hour“.
Seit sechs Jahren war Chris Tucker von der Bildfläche des Films verschwunden, war in keiner einzigen Kinoproduktion zu sehen, absolvierte nicht einmal obligatorische Gastauftritte in TV-Serien. Der Mann macht sich rar und tritt ausschließlich in ausgesuchten Rollen auf. Leider sind die dazugehörigen Filme meist unterdurchschnittlich, kommerziell dagegen meist schwer erfolgreich. Dennoch ist Tucker wegen mangelnden schauspielerischen Talents am besten in Nebenrollen aufgehoben („Jackie Brown“, „Das fünfte Element“, „Dead Presidents“) und natürlich im Stand-Up Bereich. Zwar präsentiert sich Tucker in bester Spiellaune und guter Form, wer aber mit dem immergleichen Humor (der stark an den frühen Eddie Murphy erinnert) nichts anfangen kann, der wird auch hier nicht mit dem eingefleischten Comedian glücklich. Körperlich entwickelte er sich sichtbar weiter, der ehemals dünne Tucker ist deutlich muskulöser geworden was in den körperbetonten Actionszenen gut zur Geltung kommt. Physisch ist Chris Tucker mehr Actiondarsteller als je zuvor, schauspielerisch hat aber keine nennenswerte Entwicklung stattgefunden.
Dasselbe gilt leider für Jackie Chan, der sich in ermüdender Kontinuität an seine bewährten Strickmuster hält. Die körperliche Form ist zwar immer noch sensationell, Chan kann verständlicherweise aber nicht mehr anknüpfen an seine größten Zeiten und so kann der Film nicht mit der ehemals einzigartigen Akrobatik des Zugpferdes glänzen. Was bleibt sind müde Selbstreferenzen und Choreographien, die längst ihren Charme und Esprit verloren haben. Für Chan bedeutete der erste „Rush Hour“ einen erneuten Karriereschub, die endgültige Etablierung als Superstar in den USA. Vorarbeit hatte da schon „Rumble in The Bronx“ geleistet, doch erst „Rush Hour“ zementierte den heutigen Ruf Chans im westlichen Mainstreamkino. Schon das Original hatte Schwächen, der zweite Teil offenbarte bereits die begrenzte Tauglichkeit des Buddy-Duos Chan und Tucker. Es gibt zwar unbestreitbar gelungene Szenen in allen drei Filmen, letztlich stimmt die Chemie aber nicht wirklich zwischen den beiden, etliche Buddy-Paarungen der Vergangenheit konnten da besser überzeugen ohne jemals auf drei Auftritte zu kommen. Als Beispiele taugen Bruce Willis und Samuel L. Jackson im dritten „Die Hard“, Nick Nolte und Eddie Murphy in den beiden „48 Hrs.“ und viele weitere.
Als Schauplatz dient die meiste Zeit über Paris, was einen originellen Besetzungscoup ermöglichte: Roman Polanski, schon lange ein Ausgestoßener in den USA und damit auch Hollywood, ist als französischer Geheimdienstler zu sehen. In der Praxis erweist sich auch dieses Detail als nichtig, seine Rolle ist schwach gezeichnet, für die Handlung völlig irrelevant und durchweg unsympathisch. Der französische Background dient nur zu oberflächlichen Witzen, bei denen sowohl die amerikanische als auch die französische Alltagskultur auf die Schippe genommen wird. Trotz einiger vergnüglicher Szenen bleibt der Humor meist zahnlos da man bloß niemandem auf die Füße treten will. Drehbuchautor Jeff Nathanson („Terminal“, „Catch me if you can“) kommt nicht über witzige Einzelszenen hinaus, versagt in der Charakterisierung der Figuren.
Was den einfältigen Plot belangt: völlig vorhersehbar gestrickt werden sämtliche Klischees des Genres abgespult, was vorhersehbar und überladen anmutet. Dasselbe gilt für den viel zu langen Showdown, der mehrmals mit naiven Wendungen aufwartet und geradezu lächerlich endet. Wie in einem Cartoon werden hier beinahe sämtliche physikalische Gesetze außer Kraft gesetzt, was dem erfahrenen Zuschauer nicht mehr als ein mildes Lächeln abringen wird. Ähnlich verhält es sich mit dem emotionalen Konflikt, in den der eindimensionale Gutmensch Lee (Jackie Chan) eingebunden wird, was zu einem pathetischen Finale fernab jeder Glaubwürdigkeit führt. Mit einem der wichtigsten Gegenspieler hat der Mann eine gemeinsame Vergangenheit.
Wo die 140 Millionen Dollar Budget geblieben sind ist fraglich angesichts der schlichten Schauwerte und der konventionell inszenierten Action. Die nach wie vor starken Stunts und rasanten Verfolgungsjagden haben früher nicht annähernd so viel verschlungen und selbst wenn man sowohl für Chan als auch für Tucker jeweils 20 Millionen Dollar Gage einrechnet, so fällt das Ergebnis überraschend simpel und flachbrüstig aus. Bei derartigen Kosten und damit gegebenen Möglichkeiten unterliegt ein Film selbstverständlich einer hohen Erwartungshaltung, welche „Rush Hour 3“ zu keiner Zeit zu befriedigen vermag. Innerhalb der Reihe glänzte man nie mit Spontaneität, die übertriebene Kalkulierung geht im dritten Teil aber nur noch auf die Nerven. Brett Ratner schafft es schlicht und ergreifend nicht seiner Reihe so etwas wie Tiefe oder Seele zu verleihen, die Inszenierung wirkt lieblos, standardisiert und vermag sich nie auf glattes Eis zu begeben. Deshalb wirkt der Film leider nicht wie eine sinnvolle Ergänzung sondern nur wie ein beliebiges Anhängsel mit aufgesetzten Bezügen zum Vorgänger.
Fazit: Ein Musterbeispiel für seelenloses Actionkino – ein schwaches Drehbuch schwimmt ganz tief unten im Fahrwasser von Klassikern des Genres, Hauptdarsteller und andere Beteiligte sind gnadenlos überbezahlt. Obwohl bodenständig inszeniert ist „Rush Hour 3“ zu überladen mit CGI-Effekten und lässt jegliche Raffinesse im Umgang mit modernen sowie klassischen Mitteln vermissen.
3,5 / 10