Hollywood versucht in der Regel einen perfekten Schein zu hinterlassen. Da balgen sich offensichtliche Hochglanzproduktionen trotz ganz offensichtlicher Schwächen im Drehbuch um die vorderen Ränge der Kino-Charts. Robert Rodriguez geht in seinem Teil des Grindhouse-Projektes den anderen Weg: die Suche nach dem Unperfekten. „Planet Terror“ ist eine Hommage an die billigen Trashfilme, die nur eines wollten: unterhalten. Aufgrund der billigen Machart wurden diese in der Vergangenheit trotz des hehren, wie aufrichtigen Zieles in eine Schmuddelecke gestellt. Tarantino und Rodriguez haben es sich vorgenommen genau diese Ecke zu beleuchten und auf die große Leinwand zu hieven. Hervorgegangen aus den Science Fiction-Reißern der 50’er Jahre entwickelten sich B-Movies, die neben ausgiebigen Autoverfolgungsjagden (diese inspirierten Tarantino zu seinem „Death Proof“) auch Zombies in verschiedensten Formen enthielten. Ein jüngeres Beispiel, das eine ganz ähnliche Story erzählte, wie Rodriguez’ „Planet Terror“ war „Return of the Living Dead“ und seine Fortsetzung. Robert Rodriguez entwickelte also einen betont substanzlosen Film, der einfach nur Spaß machen soll. Sehr wohl natürlich einem abgehärtetem Publikum, das sich durch Gedärme und jede Menge Blut nicht angewidert fühlt. Ein Film von Fans für Fans also. Besonders, wer seine Jugend (oder auch andere kostbare Lebenszeit) in einer Videothek beziehungsweise vor dem Fernseher verbracht hat, um sich die aktuellen B- und C-Movies anzuschauen, wird sich bei „Planet Terror“ sofort zuhause fühlen.
Doch Rodriguez geht mit „Planet Terror“ noch einen Schritt weiter. Sein Anliegen einen unperfekten Film zu erschaffen, unterstreicht er durch einen extra schmuddeligen Look. Zu diesem Zweck fügte er dem Film absichtlich Verunreinigungen, Aussetzer und Kratzer ein, die den Eindruck erwecken, einen wirklich abgenudelten Film in einem Bahnhofskino zu schauen und eben nicht in einem Multiplex-/Erlebniskino. Dieses Bemühen wirkt anfangs etwas aufgesetzt, doch schon nach kurzer Zeit verschwindet beim Betrachter das Gefühl, etwas gewollt unperfektes zu sehen. Rodriguez schafft es nämlich nicht nur durch die Filmverschmutzungen und die maximal eindimensionale Story ein besonderes Flair zu erreichen, sondern auch durch Kameraeinstellungen, die zu einem Großteil aus den eben erwähnten B-Movies stammen könnten. Schon die Anfangseinstellung mit der tanzenden Rose McGowan schafft es auf wunderbare Art und Weise, Schmuddel auf eine elegante wie unaufdringliche Art zu zeigen, der dabei (im übrigen genau, wie die Protagonistin) dennoch Würde ausstrahlt. Im Zusammenspiel mit der Musik etabliert diese Szene die Heldin gleichzeitig auf eine gewollt platte aber auch starke und einfühlsame Art und Weise.
Überhaupt: Das Ensemble an Schauspielern ist wieder einmal einzigartig. Da treten B-Film-Veteranen wie Jeff Fahey, Michael Biehn und Tom Savini neben aufstrebenden Jungstars, wie der eben erwähnten McGowan und Freddy Rodriguez auf. Auch Tarantino-Buddy Bruce Willis ließ sich den Spaß nicht nehmen, an dem Kindergeburtstag namens „Planet Terror“ teilzunehmen. Abgerundet wird die sehenswerte und spielfreudige Besetzung durch den Meister himself (also Tarantino) und viele bekannte Gesichter aus dessen Werken. So freut man sich auf Michael Parks, den man aus dem unvergesslichen Anfang von „From Dusk Till Dawn“ in Erinnerung hat, wieder in einer kurzen, aber ebenfalls einprägsamen Rolle zu sehen.
Apropos „From Dusk Till Dawn”: War eben dieser Vampirreißer auch eine Hommage an John Carpenter (man denke noch an das „Precinct 13“-Shirt von dem asiatischen Jungen), so wird dem Ausnahmeregisseur nicht nur im Abspann gedankt, sondern auch gleich ein Stück seines „Escape from New York“-Soundtracks benutzt, das sich perfekt in die Handlung und in den übrigen Soundtrack einfügt. Gerade die Zitierfreude, die an so vielen Stellen aufkommt, machen diesen Film zu etwas Besonderem, gerade, weil Rodriguez und Tarantino nicht nur hervorragende Filmemacher sind, sondern selbst Fans waren und geblieben sind. Sie wissen ganz genau, wen sie zitieren wollen und tun dies mit einer enorm genauen Beobachtungsgabe, die für jeden ebenso aufrichtigen Filmfan wie köstliches Studentenfutter wirkt, das genau die richtige Mischung aus Nüssen und Rosinen darstellt und von dem man immer naschen möchte! Zudem zeichnet sich gerade Rodriguez als enorm visuell wandlungsfähiger Regisseur aus, der in seinen Filmen gerne einzigartige Stilistiken etabliert. Ist es hier der betont schmuddelige Trash-look, beeindruckte „Sin City“ mit der durchstilisierten visuellen Umsetzung eines düsteren Comics. Diese Wandlungsfähigkeit macht Rodriguez in gleichem Maße spannend, wie unberechenbar. Dass er zwischendurch auch Kinderfilme inszeniert, spricht nur ebenfalls für seine Vielseitigkeit.
„Planet Terror“ ist gleichzeitig eine Hommage an ein Filmgenre, das es im Mainstreamkino nie leicht gehabt hat und zugleich spannendes Unterhaltungskino des schlechten Geschmacks, das sich einzig und allein dem Spaß des Zuschauers verschrieben hat. Dieser wird geboten, vor allem, weil Tarantino und Rodriguez noch weiter gehen, als es sich ambitionierte Trashfilmer wohl trauen würden. Spätestens die Szenen, in denen McGowan ihre MG-Prothese hat und auch einsetzt, wirken so übertrieben, dabei aber auch hochgradig unterhaltsam und wiederum beinahe grazil choreographiert, dass man selbst als B-Film-Fan, der meint alles gesehen zu haben, gern mit der Zunge schnalzt. Insofern ist „Planet Terror“ ein Fanfilm, wie es sie von vielen Amateuren, auch im Internet zu sehen gibt, eben nur besser. Schließlich waren trotz (oder gerade wegen) aller Unperfektheit keine Amateure am Werk.
Fazit:
8 / 10