Hollywood hat den dreckigen Horrorfilm der 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entdeckt und überflutet die Kinos seit Jahren mit durchwachsenen Remakes bekannter Klassiker. Die Qualität schwankt zwischen uninspiriert und unnötig über anschaubar aber immer noch unnötig und sehr unterhaltsam. Wirklich gut sind nur wenige Beiträge wie es beispielsweise Rob Zombie mit seiner „Halloween“-Interpretation bewies. Bisher verließ man sich meist auf anerkannte amerikanische Streifen von Romero, Wes Craven oder eben Carpenter. Jonathan Hensleigh, erfolgreicher Drehbuchautor (Blockbuster wie „Armageddon“), reanimiert in seiner zweiten Regiearbeit ein wesentlich kontroverseres und strittigeres Feld: Den Kannibalenfilm. Das vornehmlich in Italien ansässige Subgenre war nur kurlebig und künstlerisch unergiebig, brachte aber mit „Cannibal Holocaust“ einen der wichtigsten transgressiven Splatterfilme aller Zeiten hervor.
Genau diesen Genreklassiker nimmt sich „Welcome to The Jungle“ als Vorbild, ohne aber kontroverse Aspekte aufbieten zu können. Von Hensleigh hätte man einen glatt polierten Neo-Splatter der Marke „Turistas“ oder „Hostel“ erwartet, einen inhaltlich flachen dafür flott erzählten, blutigen, optisch eventuell aufregenden Film. Nichts von all dem erfüllt der Regisseur, präsentiert dem Zuschauer furchtbar billiges DV-Material, nicht besser als Bruno Mattei’s „Mondo Cannibale“. Entgegen der eigentlichen Intention geht durch den Einsatz der wackeligen DV-Cam jeglicher Ansatz authentischer Stimmung verloren. Substanzlos bleiben auch die zaghaften Verweise auf die Vorbilder, beispielsweise die nur leicht variierte Gepfählte Frau, die in „Cannibal Holocaust“ bereits überzeugender und um einiges effektiver eingefangen wurde. Ansonsten orientiert sich der Film aber eher am Überraschungshit „Blair Witch Project“, auch wenn die Darsteller professioneller agieren. An Originalschauplätzen mit kleiner Crew gefilmt, kann „Welcome to The Jungle“ zumindest mit exotischen Schauplätzen punkten.
Zwei Pärchen suchen in Papua-Neuguinea einen verschwundenen Rockefellersprössling und finden stattdessen den Tod in Gestalt primitiver Kannibalen. Diese kurze, völlig austauschbare Inhaltsangabe steht exemplarisch für die Ideenvielfalt, die Drehbuch und Inszenierung zu bieten haben. Während der erste Teil gesäumt ist von Banalitäten, die wie subtile Alltagsbeobachtungen erscheinen sollen, überschlagen sich zum Schluss die Ereignisse, von sauberer Dramaturgie oder gar effizientem Spannungsaufbau ist hier nicht zu reden. Auch in weiteren Details verzichtet Hensleigh auf gewohnte filmische Mittel wie professionellen Schnitt oder eine musikalische Untermalung. Doch keines dieser Stilmittel ist neu, daran ändert auch die konsequent beibehaltene subjektive Kamera nichts. Die einzelnen Segmente tragen den Namen der Protagonisten und der Film verlässt diese Sichtweise nie. So bleiben auch die Wilden schemenhaft und treten nur selten wirklich sichtbar auf, auch die meisten Gewaltakte geschehen Offscreen. Ganz in der Tradition des Genres ist die Ausschlachtung blutiger Details wie zum Beispiel diverse verstümmelte Leichen, der Mut zur Grenzwertigkeit fehlt diesem Schnellschuss allerdings sichtlich. Letztendlich stellt sich die Frage für wen „Welcome to The Jungle" eigentlich gemacht wurde denn das blutarme, unterhaltungsfreie, inhaltlich flache Drehbuch schafft es an allen Fronten zu enttäuschen. Die Darsteller dagegen bleiben in ihren formlosen Figuren gefangen und können nichts gegen die Katastrophe ausrichten.
Überraschend abrupt und unversöhnlich endet der Film nach weniger als 90 Minuten, nur die Geräusche des Dschungels sind zu hören während die Credits zu sehen sind. Viele Erwartungen bleiben unerfüllt – letztlich bleibt die Kamera am Boden liegen und einer der Kannibalen hebt sie auf um unbeholfen seine Umgebung zu filmen. Aber warum sollte man diese Gelegenheit zu einer kulturpessimistischen Aussage schon nutzen? Würde überhaupt nicht zum Grundton des Films passen.
Fazit: Die größte Überraschung dieses Heulers ist tatsächlich der Name des Regisseurs, bei dem der Zuschauer eigentlich solide Unterhaltung erwarten kann. Doch nach dem kommerziell eher enttäuschenden „Punisher“ waren die Studios vielleicht misstrauischer in Bezug auf den Filmemacher. „Welcome to The Jungle“ ist jedenfalls ein kaum zu unterbietender, ekelhaft routiniert abgespulter Direct-To-Video-Müll.
02 / 10
Dann doch lieber „Cannibal Ferox“…