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Den "Geburtstag" feiert nicht nur Major Kottan in seinem Wochenendhaus im nahegelegenen Niederösterreich, sondern dieser Film bedeutet auch die Geburtsstunde der Fernsehserie "Kottan ermittelt". Während Peter Vogel in "Hartlgasse 16a" einen anonym bleibenden Polizisten darstellte, steht er hier nicht nur im Mittelpunkt, sondern erhält ein komplettes Privatleben.

Seine Frau Ilse (Bibiane Zeller) begleitet ihn zu seinem Geburtstagsfest, zu dem er auch seine Kollegen Schremser (Walter Davy) und Schrammel (Curt A. Tichy) eingeladen hatte, und seine Tochter Sissi (Birgit Machalissa) war schon einen Tag zuvor nach Niederösterreich gefahren. Allerdings nicht wegen ihres Vaters Geburtstag, sondern um sich heimlich mit ihrem Liebhaber Gerhard Bösmüller (Rudolf Knor), einem feschen Bundesheerflieger, zu treffen.

Während Kottan mit Frau und Freunden draußen im Schnee feiert, sitzt sie stattdessen säuerlich in der Dorfkneipe und sieht ihrem Geliebten dabei zu, wie er mit seiner Verlobten diskutiert. Diese ahnt etwas von ihres Verlobten Untreue und läuft nach einem Streit ins Freie. Bösmüller folgt ihr, kommt aber nach einiger Zeit frustriert wieder zurück. Als seine Verlobte am nächsten Morgen tot im Schnee gefunden wird, fällt der Verdacht sofort auf ihn...

Während sich "Hartlgasse 16a" auf ein Wiener Mietshaus konzentrierte, liegt das Hauptaugenmerk hier auf dem "Schmelztiegel" in der dörflichen Gaststätte. Alle die es zu Hause nicht aushalten, kommen hierher und mit ihnen persönlicher Frust, Promiskuität, Alkoholismus und die ganz alltäglichen Vorurteile. Vor allem die Wirtin (Erni Mangold) gibt hier den Takt vor und wirkt mit ihren deutlichen Nazi-Attributen ein wenig wie eine Lagerleiterin. Dazu hat sie ständig damit zu tun, auf ihren verhaltensgestörten Sohn Erich (Michael Schottenberg) aufzupassen, der im ganzen Ort als geistig minderbemittelter Spanner gilt.

Während die Geschehnisse in "Hartgasse 16a" in ihrer Absurdität völlig real waren, spürt man hier schon den satirischen Charakter der Serie, trotz des sich stark an der Realität orientierenden Szenarios. Zwar ist wieder deutlich die Intention zu spüren, die eingeschränkte und reaktionäre Geisteshaltung der handelnden Personen zu verspotten, aber das geschieht nicht mehr in der konkreten Form des ersten Teils.

Das liegt zum Einen daran, dass Peter Vogel hier in seiner komplexen Darstellung wesentlich sympathischer erscheint, auch wenn er nach wie vor überzeugend einen sperrigen und oft unfreundlichen Charakter mimt. Seine im ersten Teil offensichtliche Ausländerfeindlichkeit, wird zwar von Schremser in der Erinnerung an den Fall "Hartlgasse 16a" noch verulkt ("Das waren bestimmt die Jugos"), aber für die negativen Handlungen sind jetzt andere zuständig, wie der vor Ort agierende Polizeioffizier, der natürlich sofort den Verdächtigen Bösmüller schlagkräftig verhört. Hier sind Konzessionen an eine Fernsehserie zu erkennen, denn natürlich sollte Adolf Kottan die Identifikationsfigur werden - wenn auch eine sehr aussergewöhnliche.

Zum Anderen zitiert die Story um die Morde an zwei jungen Frauen ganz offensichtlich die Mutter/Sohn-Konstellation aus "Psycho", was zwar dem Unterhaltungswert des Films keinen Abbruch tut, aber letztendlich die kritische Sichtweise abschwächt. So ist aus heutiger Sicht der zweite Film aus der Kottan-Serie eine Art Zwitterwesen, denn er streut schon die ersten Samen für den satirisch, abgedrehten Charakter der zukünftigen Folgen, ist aber in seiner Gesamtgestaltung noch sehr ernsthaft.

Wie um das zu bestätigen, wurde auch das musikalische Konzept des ersten Films aufgeweicht. Zwar hört man noch Lieder von Georg Danzer, besonders "Das kann doch noch nicht alles gewesen sein" zum Abspann, aber die Tradition der Begleitmusik mit vielen populären Songs, für die Kottan später berühmt wurde, nimmt hier ihren Anfang.

Trotzdem hat sich "Der Geburtstag" einen singulären Charakter für die gesamte Serie bewahrt, denn es handelt sich um die einzige Folge, in der Peter Vogel umfassend den Major Kottan gestaltete. Mit seinem Abschied aus der Serie verschwand auch das tragische, melancholische Element, das einem irrer werdenden Satirecharakter wich. Peter Vogel gab dem Kottan eine Tiefe, die hinter der grantelnden, bürgerlichen Fassade eine depressiven Charakter spüren liess. Er selbst tauchte zwar noch einmal in einer Nebenrolle in der vierten Folge auf, aber er nahm sich keine zwei Jahre nach seinem Abschied als Kottan mit gerade einmal 41 Jahren das Leben - "Der Geburtstag" wirkt aus heutiger Sicht wie sein Vermächtnis und Danzers Abschiedssong erhält dadurch eine tiefere Bedeutung.(8/10).

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