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Warum haben Surfer eigentlich das Image des unbändigen Freiheitsdranges ? - Schon in "Gefährliche Brandung" nutzte Kathrin Bigelow diese Ansichtsweise, um damit eine Gegenwelt zur bürgerlichen Gesellschaft aufzuzeigen, die nach ihren eigenen Regeln lebt. Doch ihr Film spielte unter der Sonne Floridas, während in "Gegen die Brandung" das Leben in einem kleinen Fischerdorf, gelegen an einer der äußersten Ecken Großbritanniens,stattfindet, dass wenig prätentiös wirkt.

Vielleicht liegt es daran, warum dieser Film so wenig Eindruck hinterliess, obwohl er über einige englische Jungmimen verfügt, denen man gerne bei ihrem Spiel zusieht. Wie so oft kommt man dem Thema schon näher, wenn man den Originaltitel "Blue Juice" betrachtet, denn mit diesem blauen Saft ist nicht nur das wässrige Element gemeint, sondern auch das Leben als solches ,dass zu einer dickflüssigen Melange wird.

In "Gegen die Brandung" geht es nicht um Action oder wilde Wasseraufnahmen - tatsächlich gibt es nur wenige Surfszenen - sondern um das Erwachsenwerden. JC arbeitet zeitweise als Surflehrer und profitiert von seinem legendären Ruf als der einzige Surfer, der die Wellen in der "Death-Zone" überwunden hat. Sean Pertwee spielt den Endzwanziger ruhig, sympathisch und ohne besserwisserischen Gestus. Im Gegenteil machen sich seine jungen Schüler des öfteren lustig über ihn, was er entspannt über sich ergehen lässt. Kritischer steht ihm Chloé gegenüber, die in einer kleinen Kneipe im Dorf arbeitet, und ihren Freund gerne etwas verantwortungsvoller und zielstrebiger hätte, während dieser noch von einer Weltreise mit ihr träumt. Catherine Zeta-Jones wirkt dabei als Chloé so jung, locker und angenehm hübsch, wie ich sie noch nie in einer Hollywood-Produktion gesehen habe.

Doch gerade wegen des selbstverständlichen Spiels der Beiden, erschliesst sich dem Betrachter nicht die Problematik der Situation. Ganz offensichtlich funktioniert ihre Beziehung und Chloés Kritik kann man getrost als eine typische Mann-Frau-Auseinandersetzung betrachten, wie sie überall vorkommt. Natürlich ist ihr Leben nicht von üblichen gesellschaftlichen Normen geprägt, aber das wirkt in der einsamen englischen Landschaft direkt am Meer durchaus schlüssig.

Doch dann betreten JC's alte Kumpels Josh, Dean und Terry das Szenario und die Situation spitzt sich zu. Allerdings will einem diese "Dramatisierung" ebensowenig einleuchten, denn die Jungs wollen zwar ein paar Tage Fun und Surfen erleben, aber sie verbreiten weder Angst und Schrecken noch haben sie irgendwelche ideologischen Vorstellungen im Gepäck. Josh (Steven Mackintosh) ist erfolgreicher Musik-Produzent und versucht gemeinsam mit Dean (Ewan McGregor) ihren Freund Terry (Peter Gunn) vor dem Heiraten zu bewahren. Sie haben ihn "entführt", damit er vor seiner Hochzeit nochmal das freie Leben am Strand erleben kann. Ewan McGregor spielt hier noch vor "Trainspotting" einen etwas unzuverlässigen Drogendealer, der auf Kosten seiner Freunde Geschäfte macht.

Nicht nur, dass er Terry ein paar Drogen verabreicht, um ihn "locker" werden zu lassen, sondern er verspricht auch einem Sensationsreporter, dass JC noch einmal einen Ritt in der "Death-Zone" wagen wird. Doch das verbietet Chloé ihrem Freund, weil es zu riskant ist, und so kulminiert das Geschehen darin, ob JC endlich verantwortungsvoll und damit "erwachsen" wird und seine Freundin dazu noch beim Erwerb der Kneipe unterstützt oder ob er seinen Kumpels zuliebe die "Sau rauslässt".

"Gegen die Brandung" kann sich nicht zwischen Komödie und Drama entscheiden. Zwar wird das Geschehen immer recht zwanglos und kurzweilig geschildert, bleibt aber in seinen Charakterisierungen völlig ernst und verzichtet fast gänzlich auf humorvolle Szenen. Gleichzeitig bleiben die dramatischen Ereignisse immer so gedeckelt, dass man sie als Zuschauer nicht tragisch nehmen kann. Zwar verlässt Chloé ihren Freund gleich mehrfach, aber niemand zweifelt daran, dass sie bald wieder zu ihm zurückkehrt. Man fragt sich sowieso, was das Ganze denn soll, da man schon in der Ausgangssituation nichts verwerfliches erkennen konnte und auch das Ende - trotz kleiner Schritte zur Normalität - in seiner Lebensform gar nicht verändert wirkt.

Fazit : Trotz des unkonkreten Drehbuchs kann ich dem Film - neben seinen sehr guten Darstellern - durchaus positive Aspekte abgewinnen, denn er ist atmosphärisch überzeugend, verzichtet auf moralische Fingerzeige und plätschert angenehme 90 Minuten vor sich hin.

Es wird auch kein tolles "Surfer-Leben" propagiert, dass hier nur die Grundlage für eine allgemeingültige Story über Freundschaft und Verantwortung bildet. Sicherlich hat das der Reputation neben der recht Höhepunkt-armen Inszenierung geschadet, aber gleichzeitig verbreitet die relaxte, unprätentiöse Geschichte durchaus gute Laune (6/10).

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