Deutschland in den 60ern. Während überall auf der Welt große Filme von hoher Qualität die Leute in die Kinos lockten, passierte etwas in Deutschland, was man sich heutzutage kaum noch vorstellen kann oder auch will. Kleine, billig produzierte, Schundsexfilme zogen Millionen und Abermillionen von Leute in die Säle. Die Schulmädchen-Report-Reihe gehört immer noch zu den ertragreichsten deutschen Filmreihen aller Zeiten und auch die daraufhin, wie Unkraut, aus den Boden gesprossenen Report-Filmchen jeglicher Art, von Frühreifen, Hausfrauen, oder Vertreterinnen, ein jedes hatte mächtigen Erfolg und schockte mitunter auch das Publikum. Heutzutage haben diese Filmchen aber nur noch eine äußerst geringe Fangruppe, doch diese kann sich immer noch an den unfreiwillig komischen Scheissfilmen ergötzen, wenn auch aus völlig anderen Gründen als damals. Regisseur Marc Rothemund muss einer von ihnen sein, denn aus seiner Hand stammt "Pornorama", der sich als tiefe Verbeugung vor dem Schmuddelkino von damals versteht, wenn er auch nicht immer den richtigen Ton trifft.
Die Story an sich hört sich aber schon einmal schön nach der Sexfilm-Hommage an, die man bei dem bumsgeilen Titel erwarten kann. Es geht um den werdenden Polizisten Bennie, der u.a. auch als Polizei-Kameramann eingesetzt wird. Das Talent des Filmemachens liegt ihm im Blut, was auch sein Bruder Freddie weiss, der ihn zu einem etwas gewagten Projekt verleitet, nämlich zu einem Sexfilm, der sich bei den "besten" Reportfilmen bedienen soll, damit richtig viel Geld ins Haus kommt und Freddie seine Schulden bezahlen kann. Eine Crew ist schnell gefunden und so wird der Getränkeladen um die Ecke zum Filmstudio, in dem das Sexfilmchen gedreht werden soll. Doch so leicht wie erwartet ist das Ganze natürlich nicht, zumal sich Bennie auch noch in eine Revoluzzerin verliebt... Ja, eigentlich besitzt die Geschichte wirklich alles, was man für eine schöne Verbeugung vor dem damaligen "Schmuddelfilm" so braucht. Es gibt skurrile Figuren, die Idee vom Film im Film und die überzogene Zitatfreudigkeit, an den bekannten Reportfilmen von damals. Schön überzogen wird der Werdegang eines solches Films auf die Spitze getrieben, auch wenn dabei so etwas wie Logik auf der Strecke bleibt. Aber das muss hier auch nicht unbedingt sein.
Hauptsächlich ist es wirklich der Spaß und vor allem der Wille, die übertriebenen, heutzutage megalustig wirkenden Peinlichkeiten, der Sexfilme von damals, aufzuzeigen und dem Zuschauer noch einmal, mit einer zusätzlichen Übertriebenheitsstufe versehen, vor Augen zu führen. Und das klappt auch einwandfrei. Wenn die Filmcrew sich bei den "echten" Filmen von damals Inspirationen sucht, wenn die Hauptdarstellerin weder Deutsch spricht, noch sich ausziehen will und auch sonst all der ganze Quatsch dieser Filmgattung wunderbar zum tragen kommt, dann lacht das Publikum. Vor allem lacht es dann, wenn es diese dreckigen kleinen Schmutzfilme auch sonst gerne sieht und somit jede Anekdote, von denen der Film wirklich erstaunlich viele besitzt, erkennt und sie beurteilen kann. Man(n) kommt einfach nicht umhin, über die gezeigten Jokes mitunter auf zwei Ebenen zu lachen, zum einen über den Joke an sich, zum anderen über das, was diese oder jene Szene gerade durch den Kakao ziehen will und man sich nostalgisch daran erinnert. Unfreiwillig komischer Trash meets gewollte Comedy, aus unfreiwilligen Lachern werden hier gekonnt gewollte Lacher gezaubert, die aber zudem noch einmal über die unfreiwilligen Kicherszenen von damals lachen lassen.
Schade nur, dass der Film dies nicht ständig durchzieht und immer wieder auf die ernste Schiene rutscht, welche dann aber nicht so ganz funktionieren mag. So wird in das Treiben nicht nur eine relativ unpassende Liebesgeschichte eingebastelt, sie wird auch noch so derart klischeehaft beliebig abgespult, dass sie regelrecht als störend empfunden werden muss. Oder auch die Sache mit dem verarmten Bruder, für den die Hauptfigur letztendlich den Film dreht, passt nicht so ganz in das eigentliche Bild. Außerdem hat man leider auch nie das Gefühl, wirklich in einem Film zu sitzen, der in den 60ern spielt, dafür sind leider an viel zu vielen Ecken Ungereimtheiten auszumachen und das Lebensgefühl der Menschen von damals wird auch kaum rüber gebracht. Und das gelackte Ende ist auch nicht schön. Da hätte es dann doch an so mancher Stelle ein Quäntchen mehr Recherche und Mut zum Ungewöhnlichen gebraucht.
Dennoch der Gesamteindruck bleibt alles in allem positiv, vor allem wenn man sich halt für die schmuddeligen Trashfilme von damals begeistern kann. Denn nie versucht der Film einen Moralischen in dieser Hinsicht zu bringen, er wirkt nie verlogen und kann einfach die Begeisterung für solche Streifen, die so mancher Cineast sicherlich nie begreifen wird, wieder in den Herzen der Liebhaber aufflammen lassen. Dafür hat man sich dann doch noch ausreichend bemüht, das Ganze schön kosequent durchzuziehen. Von mir als Fan dieses Schmuddelkrams kann es dafür nur ein "Danke" geben.
Danke vor allem auch an die Darsteller, die durchweg gute Leistungen abliefern. Tom Schilling ist hier definitiv in einer seiner besten Performances zu sehen, aber auch Benno Fürmann müht sich redlich, einen halbwegs glaubwürdigen, armen Schlucker (der aber komischerweise einen teuren Wagen fährt) wiederzugeben. Großartig auch Michael Gwisdek, der hier als sächselnder Kinobetreiber noch mit die größten Lacher einfährt. Auch wenn sein übertriebener Akzent am Anfang ein wenig auf die Nerven geht, schon bald kann man sich daran gewöhnen und (selbst als Sachse) über diese mächtige Überzogenheit lachen. Na und Karoline Herfurth kann sich natürlich auch sehen lassen. Gut so!
Fazit: Gelungene Verbeugung vor einem Genre, welches heutzutage nur noch eine kleine Gruppe von Filmfans wirklich zu schätzen weiß, wenn auch nicht aus dem Grund, für das es eigentlich geschaffen wurde: Dem Sexfilm der späten 60er Jahre. Die Geschichte passt soweit und die Gags kitzeln wunderbar am Zwerchfell, vor allem wenn man weiß, was einem in dem Moment gerade vorgeführt wird. Auch wenn gewisse Eckpunkte der Rahmenstory nicht sonderlich interessant sind, ja mitunter sogar störend wirken, und auch das Lebensgefühl der 60er nicht wirklich zu spüren ist, der Sexfilm von damals wird so schnell nicht wieder eine Liebeserklärung dieser Art erfahren dürfen. Freunde des Genres lassen sich dieses Ding hier jedenfalls nicht entgehen, auch wenn sie sich mit gelegentlichen Aussetzern zufriedengeben müssen. Darauf ein "Schulmädchen-Report"!
Wertung: 6,5+/10 Punkte