Seit knapp einem halben Jahrhundert gehören die Chipmunks zur amerikanischen Popkultur und verdanken ihren Erfolg vor allem einem hinlänglich bekannten Weihnachtslied. Als ihr Erfinder Ross Bagdasarian 1958 auf die Idee kam eine fiktionale Musikgruppe zu gründen deren Mitglieder singende Streifenhörnchen sind entwickelte sich der „Chipmunk Song“ zum Überraschungshit und stürmte die Hitparaden. Eine erste TV-Serie folgte schnell, Merchandising-Produkte verkaufen sich bis heute wie geschnittenes Brot doch erst in den 80er Jahren konnten sich die Chipmunks auch international etablieren. 1983 erhielten sie eine eigene Zeichentrickserie, die auch außerhalb der USA großen Anklang fand und die Nagetiere auf ihren Karrierehöhepunkt brachte. Mit einer Realverfilmung begibt man sich auf glattes Eis obwohl es schon bei ebenfalls schwer zu verfilmenden Stoffen wie der „Familie Feuerstein“ und „Scooby Doo“ ordentlich funktioniert hat. Überdies nährt ein solches Projekt jene Stimmen, die den Hollywoodproduzenten Einfallslosigkeit vorwerfen und in diesem Fall kann man sich das Ergebnis kaum mehr schönreden denn Tim Hill liefert uns ein biederes Auftragswerk ab ohne jegliche Nostalgie.
Im Kernpunkt war die Erfolgsserie der 80er pädagogisch wertvolle Unterhaltung mit intelligenten Seitenhieben gegen das Show-Business, enthielt darüber hinaus viele clevere Parodien und Anspielungen auf bekannte Kinoerfolge. Trotz lauter Action-Momente dominierten die fein geschliffenen Charaktere und die originelle Situationskomik. Der Kinofilm dagegen schlägt eine gänzlich andere Richtung ein und verlässt sich auf plattesten Humor der sich wirklich nur an die allerjüngste Zielgruppe richtet. Da ist ein Furz ins Gesicht schon die Höhe der Kreativität. Überdies erzählt der Film die Vorgeschichte nur äußerst unzureichend, artet nach dem schwachen Beginn aber noch aus zur vorhersehbaren Moralpredigt mit obligatorisch seichter Liebesgeschichte am Rande. Da ist der lustlos vor sich hin grimassierende Jason Lee in der Hauptrolle noch das kleinere Übel – dennoch war Lee nie dermaßen unengagiert zu sehen wie hier.
Den größten Fauxpas leistet sich „Alvin und die Chipmunks“ aber bereits im Charakterdesign der drei Hauptfiguren. Während diese in der Serie Kindergröße hatten, aufrecht gingen und klar definierte Charaktereigenschaften besaßen verlässt sich das Animationsteam auf eine naturalistische Darstellung und zeigt dem Zuschauer drei realistisch nachempfundene Tiere, die eben sprechen können. Detail am Rande: Der tumben Hauptfigur Dave reicht dieser sensationelle Umstand nicht aus um auf den Gedanken zu kommen, Kapital aus den Tieren zu schlagen. Erst als er ihr Gesangstalent entdeckt wird es für ihn als Songschreiber interessant, aber sprechende Streifenhörnchen trifft man ja mal so eben an. Und solch logische Schnitzer unterlaufen dem überaus schwachen Skript im Minutentakt. Da greift sich Dave einfach mal die Brille eines Stofftieres und setzt sie dem kurzsichtigen Simon auf. Später in der Handlung wird die Brille ersetzt weil sie nicht cool genug ist und der dafür zuständige Produzent ist nicht in der Lage eine Brille aufzutreiben mit der Simon ebenso gut sehen kann – obwohl er sie ansonsten mit Reichtümern überhäuft. Trotz sauberer Animationen kann der Film so nie ein homogenes Verhältnis aufbauen zwischen den animierten Figuren und der realen Welt, auch wenn sich die eigentlich wild lebenden Tiere völlig problemlos an die menschliche Umgebung anschmiegen, Dave wird nach kürzester Zeit als Familienvater angesehen, eine Position, die er im unvermeidlich klebrigen Finale natürlich dankend annimmt. Vorher muss er sich natürlich sträuben sonst würden die drei Chipmunks sich ja nicht vorübergehend in die Arme des gierigen Produzenten Ian (endlos peinlich: David Cross) verirren und es gäbe keinen Film.
Weiterhin lässt sich sowohl optisch als auch charakterlich kaum ein Unterschied ausmachen da alle drei Chipmunks als chaotisch und hyperaktiv präsentiert werden, ihre jeweiligen Merkmale wirken aufgesetzt und so wirken sie viel eher wie eine filmische Entsprechung der Disney-Figuren Chip’n’Dale, in Deutschland bekannt als Ahörnchen und Bhörnchen oder auch Chip & Chap. Als ebenso deplatziert erweisen sich die hohlen Hommagen an das Leben von Ross Bagdasarian, beispielsweise die peinlich mit dem Holzhammer servierte ‚Entstehungsgeschichte’ des Chipmunk-Songs. Nicht zuletzt das moderne Setting und die krampfhafte Verbindung zur zeitgenössischen Popmusik machen diesem Ansatz einen Strich durch die Rechnung. Wäre der Film in den 50er Jahren angesiedelt und würde entsprechend nostalgisches Flair versprühen, so wäre die Szene leicht glaubhaft gewesen. Doch dieses zuckersüße Lied, welches klar hörbar aus einer ganz anderen musikalischen Epoche stammt, wird interpretiert von drei Streifenhörnchen denen die hippen Kids von heute scharenweise hinterher kreischen und von einem Alvin, der beim duschen „Don’t Cha“ von den Pussycat Dolls singt? Nein danke, dann sollten die Chipmunks doch lieber in Frieden ruhen.
1,5 / 10