Angesichts eines Films wie "Die Abenteurer" von 1967 könnte man regelrecht melancholisch werden. Keineswegs nur vordergründig wegen der Story, sondern weil es dieser Film so offensichtlich macht, was in den letzten 4 Jahrzehnten an filmischen Inhalten verloren gegangen ist.
Dabei handelt es dich bei Robert Enricos Werk um einen klassischen Unterhaltungsfilm, der mit zwei großen Stars einfach eine spannende Geschichte erzählen will. Betrachtet man "Die Abenteurer" mal ohne den Blick auf neueste technische Errungenschaften, so sehen wir hier einen Film mit vielen Showeinlagen. Gewagte Flugszenen, Rennmaschinen, Unterwassertauchgänge und einige Schießereien hatten auch damals keinen anderen Zweck, als das Publikum zu unterhalten, was entsprechend erfolgreich gelang.
Die Story selbst ist von einfachster Struktur und besitzt keinerlei offensichtliche gesellschaftskritische Komponente. Roland (Lino Ventura) und Manu (Alain Delon) sind Freunde, die sich gegenseitig bei ihren Unternehmungen helfen. Aus der heutigen Sicht schwer vorstellbar, so ist allein schon der Fakt, daß beide keinen normalen Job und Familie haben, sondern sich mit Kunstfliegerei und dem Entwickeln eines Rennmotors beschäftigen, für die damalige Zeit genug gewesen, um sie als Außenseiter der Gesellschaft und damit als "Abenteurer" zu kennzeichnen.
Allein in der Charakterisierung der beiden Hauptdarsteller ist schon einer der größten Unterschiede zu heutigen Gepflogenheiten zu erkennen. Bei beiden handelt es sich um erwachsene Männer und nicht um spätpubertierende Jünglinge, die sich noch in ihrer "Findungsphase" befinden. Man spürt von Beginn an - ohne das der Film daraus ein Drama macht - ,daß ihr Leben keinen doppelten Boden hat und daß sie sich immer am Rand des Abgrunds bewegen. So machen sich gleich zu Beginn vesnobte Mitglieder eines Fliegerklubs lustig über den sehr gewagt fliegenden Manu, der dort mit Flugstunden ein bißchen Kohle verdient. Sie stellen ihm eine Falle, die ihn seine Fluglizenz kostet.
Schon an dieser frühen Sequenz ist zu erkennen, daß sowohl Manu als auch Robert sehr fähige und keineswegs uncoole Typen sind, die auch entsprechend zur Identifikation des Publikums beitragen Aber das bedeutet noch lange nicht, daß sie keine Irrtümer begehen ,Situationen falsch einschätzen und sich schlichtweg auch überschätzen. An diesen Differenzierungen ist zu erkennen, daß damals das Augenmerk trotz aller "Heroisierung" deutlich stärker auf einer realistischen Darstellung lag - der stilisierte Überheld, der manchmal dreiviertel eines Films malträtiert und fertig gemacht wird, um dann überlegen zurückzuschlagen, ist eine Erfindung der jüngeren Zeit. So unterhaltend das ist, ist es auch ein Zeichen für den fortschreitenden Verlust echter Emotionen im Film - in "Die Abenteurer" gibt es bei Schießereien immer Verluste auf beiden Seiten, was aus heutiger Sicht - zumindest im Unterhaltungsfilm - kaum noch vorstellbar ist.
Seinen erwachsenen Habitus erkennt man auch an der dritten Hauptfigur, Laetitia, einer sehr jungen und hübschen Frau, die gleich zu Beginn die Szenerie betritt. Sie arbeitet als Künstlerin und schließt sich nachvollziehbarer Weise den beiden "Lebenskünstlern" an. Die hier entstehende "Menage a Trois" hat nichts problematisches, tiefschürfendes oder aufgesetzt Provokantes an sich, sondern ist von totaler Selbstverständlichkeit. Obwohl es offensichtlich ist, wie sehr sie den zwei Männern gefällt, verfallen diese keine Sekunde in irgendwelche fordernden Verhaltensweisen und da sie sich nicht entscheiden kann, leben sie eben zu Dritt beieinander.Zwar hatte zuvor schon Truffaut mit "Jules und Jim" den Weg für eine Dreierkonstellation im Film aufgezeigt, aber bei ihm handelt es sich eindeutig um ein Gesellschaftsdrama, während Enrico dieses Zusammensein von einer Frau mit zwei Männern fast beiläufig und nahezu ohne dramatische Verwicklungen erzählt.
Die hier angesprochenen Storymuster muß man sehr stark aus dem zeitlichen Kontext betrachten. Schon alleine das Leben der beiden Protagonisten, souverän von Delon und Ventura dargestellt, und dazu noch die junge Frau, die sie auch nach Afrika begleitet, hatte Mitte der 60er Jahre noch einen äußerst modernen, fast provokanten Charakter, der allein schon die Attraktivität des Films ausmachte. Für damalige Zeiten war "Die Abenteurer" , zusammen mit der actionreichen Geschichte, ein regelrechter "Blockbuster", der auch prägend blieb für die beiden Hauptdarsteller.
Das dieser Film heute oft auch mit Begriffen wie Melodrama in Verbindung gebracht wird, liegt an unserer heutigen Erwartungshaltung, daß Unterhaltungsfilme traurige Entwicklungen entweder rauslassen oder oder im Laufe des Geschehens wieder korrigieren. Dagegen schockt "Die Abenteurer" mit seiner Konsequenz, die immer wieder die Story in eine andere Richtung bringt und so seine erhebliche Spannung aufrecht erhält. Im Gegensatz zu heute, konnte man sich damals auch in einem Unterhaltungsfilm nicht sicher sein, ob die Protagonisten auch überleben...
Fazit : spannender und schnell erzählter Actionfilm über zwei Freunde, die ein Leben außerhalb der "bürgerlichen Gesellschaft" leben. Als sie finanziell zu scheitern drohen, erfahren sie von einem "Schatz" vor der afrikanischen Küste. Gemeinsam mit ihrer Freundin Laetitia begeben sie sich auf die Suche nach einem abgestürzten Flugzeug, daß Kassetten mit Geld und Diamanten an Bord haben soll. Nachvollziehbarerweise sind sie nicht die Einzigen, die davon erfahren haben und werden deshalb bei ihrer Tätigkeit von einer kriminellen Bande beobachtet.
Im Gegensatz zu modernen Unterhaltungsfilmem, läßt sich "Die Abenteurer" viel Zeit für eine überzeugende Charakterisierung seiner zwei Hauptdarsteller,charismatisch von Lino Ventura und Alain Delon dargestellt. Auch die Story kann trotz ihrer geradelinigen Erzählweise und des bekannten "Schatzsucher" - Musters durch eine tiefergehende Ebene überzeugen, indem sie dem oberflächlichen Geschehen melancholische und menschlich anrührende Züge verleiht. Vielleicht ist die Qualität dieses Films erst aus heutiger Sicht wirklich erkennbar (9/10).