Die kurze Blütezeit des Italowesterns war Mitte der 70er eigentlich schon wieder vorbei und der Klamauk regierte große Teile des Genres bevor es gänzlich verschwand. Lucio Fulci, vor allem in Horrorfilmkreisen legendär für seine Zombie-Schlachtplatten, kreierte hier mit „I Quattro dell'apocalisse“ noch einmal einen beinharten desillusionierenden Kontrapunkt, der es streckenweise in sich hat, im Ganzen jedoch leider oftmals in sich ziemlich unpassend wirkt.
Vier Häftlinge büchsen aus dem Knast und wollen ein neues Leben beginnen. Gemeinsam entert man einen Karren und setzt sich in Bewegung, wobei die Reisegruppe doch recht bunt zusammengewürfelt anmutet. Da ist zunächst der ‚professionelle’ Kartenspieler, der durch Fabio Testi verkörpert wird und die Identifikationsfigur darstellt. Weiterhin sind mit von der Partie eine Hure, ein Säufer und ein geistig Verwirrter, der zwar gutmütig aber hoffnungslos unterbelichtet dargestellt wird und zudem mit den Toten redet. Dass jener farbig ist, kann als Zufall hingestellt werden, könnte aber auch Anlass zu Bedenken geben. Eine rassistische Tendenz sollte man den Machern zwar nicht unbedingt vorwerfen, aber einen faden Beigeschmack kann man nicht verleugnen. Nachdem sich der Trupp hilflos in der kargen Landschaft verirrt, trifft man auf einen dubiosen Outlaw, wunderbar diabolisch verkörpert vom Genre-Star Tomas Milian. Nach anfänglich vermeintlicher Hilfsbereitschaft beginnt selbiger dann auch schnell seine dämonische Seite zu zeigen…
Wie eingangs erwähnt, beginnt der Film ab diesem Zeitpunkt sehr zwiespältig zu verlaufen. Einerseits schafft er surreal-gruselige Momente, die optisch überzeugen, musikalisch bedrohlich unterlegt sind (was eine willkommene Abwechslung der etwas seichten und elegisch-misslungenen Trällermusik des Hauptthemas während der Reise darstellt) und verbindet die Horror-Aspekte gefällig mit den Western-Mechanismen. Andererseits scheint Fulci hinsichtlich brutaler Szenen wenig differenziert vorzugehen. So treten neben sehr passend inszenierten Schießereien einerseits passende Foltermethoden des psychopathischen Einzelgängers, andererseits im Zuge dessen auch sehr selbstzweckhafte unnötige Perversitäten auf, die teilweise völlig aus dem Kontext ausgeklammert scheinen und von den Figuren nichtmal sonderlich negativ quittiert werden.
Auch im dramaturgischen Aufbau stimmt leider so einiges nicht. Da legen die ‚Jungs und Mädels der Apokalypse’ eine wahre Odyssee hinter sich, landen - allen netten Schauwerten zum Trotz: unnötigerweise - plötzlich in einer verschneiten Stadt und ähnliches mehr; jedoch scheint dies dann mit der eigentlichen Geschichte nicht mehr viel zu tun zu haben und und nur ein vermeidbarer Umweg zu sein. Denn am Ende, nach reichlich Blutzoll, führt der Film doch wieder in die gängige Spur des Rache-Motivs zurück. Das ist zwar für sich genommen völlig in Ordnung, lässt aber die Frage im Raum stehen, wozu weite Passagen des Mittelteils gut sein sollten, die in keiner erkennbaren Verbindung zum eigentlichen Feind, dem Outlaw Chaco, stehen. Offensichtlich wollte man zwanghaft eine apokalyptisch-poetische Tiefe in ein Werk bringen, das dadurch leider insgesamt alles andere als homogen wirkt und seine guten Ansätze nicht richtig zu verknüpfen weiß.
Insgesamt bleibt daher ein storytechnisch oftmals diffuser, aber immerhin atmosphärisch schön düsterer und optisch stilsicherer schmutziger Italo-Western, der zum damaligen Zeitpunkt jedoch nicht mehr ist, als ein bedeutungsloses Glied einer langen Genre-Verwertungskette, die längst Auflösungserscheinungen zeigte – in dieser Hinsicht zumindest steht der Film also in „bester“ Tradition. (5,5/10)