„Tin Toy“ war 1988 mehr als nur ein Achtungserfolg. Der Fünfminüter gewann nicht nur ein Jahr später den Oscar als bester animierter Kurzfilm sondern gab eine gänzlich neue Stilrichtung vor, den komplett am Computer entstandenen Animationsfilm. Pixar hatte zwar schon mit „Luxor Jr.“ und „Red’s Dream“ zwei Werke in derselben Machart herausgebracht doch deren relativ minimalistische Struktur wird hier überwunden und dem Zuschauer ein wesentlich detailreicherer Mikrokosmos mit mehr Figuren geboten.
Außerdem wagt sich das Studio erstmals an die Visualisierung eines richtigen Menschen, auch wenn der Hauptprotagonist immer noch ein Spielzeug ist und hauptsächlich mit dem Baby zu sehen ist. Dieses Spielzeug hat aber ebenfalls ein an den Menschen angelehntes Äußeres und schneidet wesentlich besser ab als das statisch animierte Menschenkind.
Während das Menschenkind wenig ansprechend gestaltet wurde können die drolligen Spielzeuge mit ihren vermenschlichten Gesten überzeugen, auch wenn ihre mimische Gestaltung noch am Anfang stand. Pixar versteht sich auch heute noch bestens darauf, Gegenständen Leben einzuhauchen, und so liegen bereits hier die Sympathien auf den eigentlich leblosen Dingen.
Das Baby selbst ist in seiner Zerstörungswut und Ungeduld eher der unsympathische Charakter. In den neueren Pixar-Produktionen sind Menschen ebenfalls nur Randerscheinungen, beispielsweise wird der einzige menschliche Charakter in „Lifted“ (2006) zum bloßen Spielball für die außerirdischen Protagonisten, denen sämtliche Identifikationsmuster zufallen und die eben jene Emotion übernehmen, für die Pixar menschliche Wesen anscheinend einfach nicht braucht. Ganz in der Tradition eines Tex Avery setzt John Lasseter auf vollendete Künstlichkeit, ohne aber dessen Hochgeschwindigkeitsstil zu kopieren.
Dementsprechend langsam entfaltet sich auch der kurze „Tin Toy“, zunächst entdecken wir dezent das Leben in der Hauptfigur, der laufenden Ein-Mann-Band. Anschließend folgt der atmosphärische erste Auftritt des Babys und ein recht inhaltsloses Gerangel im Spielzimmer, welches die Narration gänzlich in den Hintergrund stellt und auch nur bedingt auf Gags baut. Vielmehr mutet der Kurzfilm wie eine Präsentation an – dessen, was im nächsten Jahrzehnt auf das Publikum zukommen sollte.
Fazit: John Lasseter beweist sein Gespür für technische Innovation und Mut zum eigenen Stil doch die Firma war noch nicht annähernd so weit, menschliche Bewegungsabläufe flüssig zu imitieren. Letztendlich bleibt also ein zwiespältiger Eindruck angesichts der antiquierten Machart, filmhistorisch sollte man „Tin Toy“ allerdings genau wie seinen direkten Vorgänger als wichtigen Vorläufer für „Toy Story“ beachten und schätzen.
5,5 / 10