Review

Sie war wohl eine der umstrittensten deutschen Filmschaffenden überhaupt: Leni Riefenstahl. Stets aufgrund ihrer unkritischen Nähe zu Hitler und dem Nationalsozialismus in Filmen wie „Triumph des Willens" heftig kritisiert, lässt sich doch abgesehen von ihrer politischen, ja propagandistischen Funktionalität - obwohl sie diese zeitlebens bestritt - festhalten, dass sie mit ihrer eigenen Ästhetik um Körperkult - ihre beiden „Olympia"-Filme über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin („Fest der Völker" und „Fest der Schönheit") sind hierfür evident -, Macht und beeindruckenden, überwältigenden Landschaftsaufnahmen Filmgeschichte schrieb.

Mit „Tiefland", der Verfilmung einer Oper von Eugen d´Albert, führte Riefenstahl diese Tradition fort, auch wenn dieser Spielfilm eher missglückt ist. Es fällt auf, dass Riefenstahl als Dokumentaristin, als die sie zeitlebens arbeitete, zu den besten ihrer Zunft gehörte, jedoch als Regisseurin und Schauspielerin (sie übernahm in „Tiefland" auch die Hauptrolle) von Spielfilmen eher verschenkt war. Der Film wurde bereits in den 40er Jahren gedreht, jedoch verschob sich die Fertigstellung aufgrund des 2. Weltkriegs und Krankheiten Riefenstahls, sodass er erst 1954 uraufgeführt werden konnte. Dass die 68 zwangsrekrutierten Zigeuner, die im Film als Statisten fungierten, später in Auschwitz zum Großteil den Tod fanden, gibt „Tiefland" einen äußerst zwiespältigen und bitteren Beigeschmack.

Story:
Der Film handelt von dem störrischen Großgrundbesitzer Don Sebastian (Bernhard Minetti), der den Menschen in seinem Herrschaftsgebiet Spaniens die Wasserversorgung abschneidet und mit Donna Amelia (Maria Koppenhöfer), der Tochter des vermögenden Bürgermeisters, anbändeln will, um seine hohen Schulden bei verschiedenen Gläubigern zu tilgen. Doch dann erregt die attraktive Tänzerin Martha (Leni Riefenstahl) seine Aufmerksamkeit und er verliebt sich in sie. Pedro (Franz Eichberger), ein in den Bergen lebender Schafhirte und Ergebener Don Sebastians, soll deshalb Martha zum Schein ehelichen, damit ihr Don Sebastian dennoch nahe sein kann. Doch als Pedro den Schwindel durchschaut - auch er liebt Martha - kommt es zum Kampf auf Leben und Tod...

Kritik:
In der Umsetzung des Opernstoffes, bestehend aus zwei Akten, nimmt sich Regisseurin Riefenstahl einige Freiheiten: Sie hält sich lange mit dem Aufbegehren des Volkes gegen ihren Herren wegen des Wassers auf, um erst nach einer Stunde Filmlaufzeit die eigentliche Handlung um Liebe und Rache zu entfalten. Bis dahin schleppt sich die Handlung doch arg und langweilt mit einer biederen Inszenierung, die zwar - wie immer bei Riefenstahls Filmen - visuell äußerst reizvoll geraten ist, aber ansonsten eine Substanzarmut höchsten Grades aufweist. Nach einem äußerst reizvollen, in ihrer visuellen und kompositorischen Kraft brillanten Einstieg (eindrucksvoll fotografierte Natur- und in der Lichtsetzung expressionistisch anmutende Nahaufnahmen) um Schafhirte Pedro, der mit einem seine Schafe angreifenden Wolf kämpft und diesen erwürgt, verflacht der Film zusehends um am Ende mit analogisierenden Elementen um den Argwohn des Pöbels (der „bedrohten Schafsherde") und der gleichsamen Tötung des Antagonisten eine narrative Rahmung zu schaffen, die ebenfalls bemerkenswert inszeniert ist. Hierbei kann man wieder Riefenstahls häufiges Thema der mobilen Massen als ästhetisches Element kritisieren, was ich allerdings nicht tun möchte.

Der ungleich schwerwiegendere Schwachpunkt des Films ist das magere Schauspiel der nahezu emotionslos agierenden Darsteller um einen permanent grimmig dreinschauenden Bernhard Minetti, einem permanent grinsenden Franz Eichberger und einer permanent verängstigten Leni Riefenstahl, welches als hölzern zu bezeichnen noch Beleidigung für jeden Ast eines Baumes darstellen würde. Die unpassend monotone Sprache ebensolcher Figuren (wurden selbige neu synchronisiert?) haben daran noch zusätzlichen Anteil. Und auch wenn es einige musikalische Themen der Oper in den Film schafften, so ist „Tiefland" doch eine recht freie Interpretation selbiger geworden. Und das macht den Film auch nicht besser.

Fazit:
Ideologisch äußerst zwiespältig zu betrachtender und unter (spiel-)filmischen Gesichtspunkten eher mediokre Opernadaption. „Tiefland" ist behäbig inszeniert und weißt sowohl in Schauspiel als auch Dramaturgie deutliche Mängel auf; einzig Beginn und Ende sind ästhetisch äußerst anspruchsvoll geraten. Im Gesamtwerk von Leni Riefenstahl sicherlich nur als interessante Fußnote zu betrachten.

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