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Der amerikanische Monsterfilm der Fünfziger Jahre hatte bekanntlich nie ein anderes Ziel, als die Bedrohung durch die Atombombe zu metaphorisieren. Der Gigantismus in allen erdenklichen Formen hatte dieses eine gemeinsame Ziel, eine unkontrollierbare, alles verschlingende Gewalt nachzuzeichnen. Denn wo die Abwürfe über Nagasaki und Hiroshima den Krieg eigentlich beenden sollten, wurde letztendlich doch eine Postperiode der Angst losgetreten. Hollywood galt schon damals als Reaktionär und verband postwendend Kinospektakel mit aktuellen Themen - der Monsterfilm der Fünfziger Jahre war geboren. “Formicula” gilt als einer der besten Beiträge, diverse andere Tierhorror-, Invasions- oder Katastrophenfilme erreichten entweder einen annähernd ähnlichen Status oder zumindest seinerzeit hohes Erfolgspotenzial.

1957 erschien “Der Koloß”, ideell nur ein weiterer der unzähligen Reaktionen auf die Atombombenbedrohung, sich aber vom Rest der Gilde durch den Grad der Konkretheit unterscheidend. Der Gigantismus blieb erhalten, der Metaphernaspekt hingegen wurde eingedämmt. Denn hier muss man keine Riesenameisen auf die Atombombenthematik transferieren, keine Bilder umwandeln in die Thematik, die seinerzeit aktuell war. Das Monstrum dieses Filmes ist ein Mensch, ein Soldat, der per se mit Strahlung in Berührung kam. Es wurden - freilich mit einer Übertreibung, die deutlich ins Fantastische geht - mehr oder minder reale Folgen aufzuzeigen versucht, die direkten Auswirkungen von Strahlung an sich. Der Metaphernaspekt beschränkt sich lediglich auf jene Übertreibung, die so in der realen Welt natürlich nicht stattzufinden vermag und dem kommerziellen, cineastischen Unterhaltungswert zugeschrieben werden muss. Rein thematisch jedoch wird in “Der Koloß” die Realität direkt aufgegriffen, anstatt sie auf abenteuerliche Riesenameisen, Riesenspinnen oder galaktische Invasoren zu übertragen.

Ein Jahr später folgte mit “Gigant des Grauens” nun eine Fortsetzung, die wohl eigentlich nur rein kommerziell erklärbar ist, denn was die Atombombe betrifft, so wird diese höchstens noch durch die Restbezüge zum ersten Teil angesprochen. Die Filmhandlung des Sequels an sich nähert sich eher schon wieder alten Universal-Monsterfilmen an, denn es geht um das persönliche Verhältnis zwischen dem Koloß und seiner Schwester und zuletzt um den Identitätsverlust des Riesen, der mit seiner Größe offenbar auch seine Persönlichkeit verloren hat.

Aus Sicht der Monsterwelle kann man nun so argumentieren, dass der Versuch, einen Menschen zur Bedrohung zu machen nur darin resultiert, dass jener Mensch mit anwachsender Größe seinerseits doch wieder zum stumpfsinnigen Tier gemacht wird. Hauptdarsteller Duncan Parkin stapft jedenfalls die ganze Zeit über dunkel dreinschauend und wie ein Tier grunzend durch den Film und lässt jeglichen Anflug von Intelligenz vermissen. Das nette Make-Up, das uns suggeriert, die rechte Hälfte seines Gesichts sei bis zum Schädel freigelegt (wobei auch der rechte Augapfel fehlt), verstärkt noch den Eindruck, dass wir es hier nicht mit einem Menschen zu tun haben. Indem jedoch die Schwester des Kolosses stets versucht, mit Hilfe des Militärs und der Wissenschaft an die Menschlichkeit zu appellieren, bekommt der Film diesbezüglich einen Mehrwert gegenüber den Tierhorrorfilmen der Zeit. Eine zumindest streckenweise Abwendung vom eigentlichen Thema hin zu dem der 30er/40er Jahre - besonders zu “Frankenstein” lassen sich viele Parallelen ziehen, zumal der Mensch selbst für die Mutation von Glen Manning (Duncan Parking) verantwortlich ist und damit die Kreatur selbst erschaffen hat - wird ganz offensichtlich; im Finale lässt sich eine Szene sogar als Hommage an “King Kong und die weiße Frau” (1933) interpretieren.

Alles, was darüber hinausgeht, leidet doch merklich an Ideenlosigkeit. Der gerade mal 68-minütige Film verwendet einige Szenen aus dem Original, lässt diverse Dialoge ebenfalls auf das Original referieren und entzieht sich damit der Verantwortung, einen eigenständigen Film zu kreieren. Auch deshalb mischen sich immer wieder Ansätze des Vorgängers ein, ohne dass dies vielleicht gewollt gewesen wäre. Es wäre vermutlich sinnvoller gewesen, sich noch stärker auf den Identitätsfindungsprozess des Kolosses zu konzentrieren und diesen noch weiter auszubauen. Statt dessen ist “Gigant des Grauens” ein einziges “Hasch mich”-Spiel zwischen Militär und Monster - mal läuft das Monster frei herum und plündert Lastwagen mit Nahrungsmitteln an Bord, mal liegt es angekettet im Lager des Militärs und grummelt vor sich hin.

Das Intro ist sehr geschickt inszeniert; ein Mann braust mit seinem Wagen durch die Landschaft und schaut stets verängstigt nach hinten. Das Auto passiert die starrende Kamera, die an der Stelle verweilt, wo noch ein paar Credits eingeblendet werden, während wir darauf warten, dass von links jeden Moment das Ungetüm auftaucht, vor dem der Autofahrer so verzweifelt flüchtet. Kurz, bevor dies passiert wäre, gibt es den nächsten Schnitt.
Als der Koloß dann erstmalig wirklich ins Bild tritt, frohlocken die Trashfans und erstarrten die Zeitgenossen wohl beeindruckt. Riesige Beine stampfen durch die Wüste, wenn auch deutlich ins Bild einkopiert für den heutigen Betrachter. Nach diesem Schema wird der Koloß immer mal wieder in die Landschaft integriert, meistens weiter weg in den Hintergund, wobei der direkte Kontakt mit den normalgroßen Menschen die Tricktechniker wohl vor Probleme stellte. Wenn der koloß nach den Menschlein greift, sieht die Szene jedenfalls immer sehr nach Aufwand und mühsamer Bearbeitung aus. Kameratechnisch wird vor allem in den Lagern des Militärs der Größenunterschied eindrucksvoll impliziert, indem die normalen Menschen oft in der Totalen gezeigt werden und der Koloß mit Nahaufnahmen gefilmt wird. Das Sounddesign unterstützt den Eindruck, indem seine Ketten schwer rasseln und die Geräusche aus seiner Kehle Anwesende in Mark und Bein erschüttern müsste.
Manche Szenen haben wahrhaftig ikonischen Wert; das betrifft etwa das Auftauchen des Riesen vor dem Flughafentower, das (recht brutale, wenn auch blutlose) Aufspießen eines Menschen mit einer riesigen Spritze oder das Finale vor den Hochspannungsleitungen, das übrigens des Höhepunktes der Szenerie wegen in Farbe gezeigt wird, womit Technicolor hier noch in ihrer Rarität zum Zwecke der stilistischen Betonung eingesetzt wurde.

Es ist ein unterhaltsamer Film, das kann man nicht leugnen. Kurzweil ist ganz klar gegeben, der Koloß ist mehr als nur ein- oder zweimal in Aktion zu erleben; er hätte höchstens einige etwas spektakulärere Aktionen veranstalten können, denn Vieles beschränkt sich doch darauf, dass er blöd in der gegend herumsteht. Da Duncan Parking zudem nicht gerade ein begnadeter Schauspieler ist, hätte man sich da doch noch eine etwas differenziertere Ausarbeitung gewünscht. Auch ist diese Fortsetzung eigentlich recht überflüssig, obwohl versucht wird, andere Wege zu gehen und sich wieder etwas zu den 30ern zu reorientieren. Nichtsdestotrotz ein zweifelloses Vergnügen für Fans von Monsterfilmen.

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